
Die Situationen ähneln sich. Genau wie vor sechs Jahren rivalisieren auch 2020 drei Kandidaten um den Stuhl des Bürgermeisters der Kreisstadt. Haßfurt hat in den zurückliegenden Jahrzehnten unbestritten einen gewaltigen Aufschwung erlebt. Die Steuereinnahmen sind - verglichen mit anderen Kommunen - zufriedenstellend. Das heißt, der Haßfurter Bürgermeister ist nicht Vorsteher eines Armenhauses, sondern kann wirklich etwas bewegen. Auf der anderen Seite wartet eine ganze Reihe von Pflichtaufgaben darauf, erledigt und vorangetrieben zu werden. Haßfurt als Schulstadt muss automatisch jedes Jahr ein stattliches Sümmchen für den Erhalt und die Sanierung der Schulen investieren. Jetzt bewirbt sich die Kreisstadt zusätzlich noch um den Sitz des Kunststoff-Kompetenz-Zentrums. Die Flutbrücke wird gerade saniert, der Bau der neuen Mainbrücke steht voraussichtlich 2025 an. Die Haßberg-Kliniken sind immer ein Thema. Das Freizeitzentrum mit Bad und Eishalle kostet die Stadt Jahr für Jahr über eine Million Euro. Und, und, und ...
Aushängeschild Stadtwerk
Dennoch: der Job des Bürgermeisters der größten Kommune im Landkreis Haßberge ist nach wie vor sehr interessant und lukrativ. Gerade läuft die Umgestaltung des Bahnhofsvorfelds. Hier soll ein Busbahnhof entstehen. Die Pläne wurden dieser Tage erst im Stadtrat vorgestellt und auch in einer öffentlichen Ausstellung den Bürgern präsentiert. Ein Aushängeschild der Stadt ist zweifelsohne das Stadtwerk, das in Sachen Power-to-Gas, das heißt die Erzeugung von Wasserstoff aus überschüssigem Windstrom, eine Vorreiterrolle einnimmt.
Amtsinhaber Günther Werner hatte sich vor sechs Jahren gegen seine Rivalen Stephan Schneider (SPD) und Georg Hiernickel (CSU) durchsetzen können. Schneider hatte zuerst die Segel streichen müssen, aus der Stichwahl mit Georg Hiernickel war Günther Werner als Sieger hervorgegangen. Damals galt es, die Nachfolge des langjährigen Bürgermeisters Rudi Eck anzutreten, die Karten wurden also völlig neu gemischt. Diesmal will Günther Werner seinen Sitz verteidigen. Und zwar erneut gegen Stephan Schneider. Der hatte vor sechs Jahren darauf bestanden, für die SPD anzutreten, und dadurch verhindert, dass Günther Werner als langjähriger Sozialdemokrat für die Roten kandidierte. Werner fand schließlich bei der Wählergemeinschaft eine neue politische Heimat und zog so als Sieger ins Rathaus ein.
Georg Hiernickel kandidiert nicht mehr
Der in der Stichwahl 2014 unterlegene Georg Hiernickel wird 2020 nicht mehr antreten, weder als Bürgermeister- noch als Stadtratskandidat. Allerdings verzichtete die CSU dennoch nicht darauf, einen Gegenkandidaten aufzustellen. Dabei gab es allerdings auch einige Misstöne. Nach eigener Aussage sei die Partei auf den Haßfurter CSU-Stadtrat Michael Spies zugekommen, um ihm die Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters anzudienen. Spies war bereits sechs Jahre zuvor in der internen CSU-Ausscheidung Georg Hiernickel unterlegen. In der Folgezeit hatte er als Sprecher der CSU-Fraktion im Stadtrat auf sich aufmerksam gemacht.

Die Haßfurter CSU entschied sich jedoch für Volker Ortloff als Kandidat, nicht zuletzt weil der 47-jährige Ortloff als ehemaliger Bataillonskommandeur und momentaner Angehöriger des Divisionsstabes der Bundeswehr in Veitshöchheim beruflich viel Führungsstärke bewiesen habe. Das hatte zur Folge, dass Michael Spies aus der CSU austrat und nun der Fraktion der Wählergemeinschaft im Haßfurter Stadtrat angehört. Für diese wird er auch im März 2020 für den Stadtrat kandidieren - eventuell 2026 als Nachfolger von Günther Werner, aber das ist noch Zukunftsmusik.
„Ich bin bereit, meine Zeit als Oberstleutnant und damit meine Karriere bei der Bundeswehr zu beenden“, sagte Volker Ortloff bei der Nominierung im September nach inzwischen 27 Jahren im Dienste des Staates. Mit all seiner Kompetenz bewerbe er sich um den Posten des Bürgermeisters der Kreisstadt, so der Familienvater. Nach seinen bisherigen Ortsbegehungen habe sich für ihn der Eindruck bestätigt, dass Haßfurt im Moment eher auf der Stelle trete, anstatt große Sprünge zu machen.
Um Haßfurt lebenswerter zu gestalten, präsentierte Ortloff die Idee eines Altstadtringes. Der Verkehrsalltag in der Innenstadt solle flüssiger und einfacher werden, mit einer Einbahnstraßenregelung in der unteren Hauptstraße. Durch den Wegfall des zweiten Fahrstreifens und des Parkens in zweiter Reihe werde dem Einzelhandel ein Ausbau der Flächen vor den Geschäften ermöglicht. Zudem könne auch das Mainufergelände für Naherhohlung, als Bau- und Wohngelände und für saisonale Gastronomie genutzt werden. Bei der Nominierungsversammlung der CSU klangen auch mahnende Worte an, die daran erinnerten, dass sich die Partei nach der letzten Kommunalwahl selbst und dem eigenen Kandidat geschadet habe. In dem Zusammenhang drückte ein CSU-Mitglied seine Hoffnung aus, dass Volker Ortloff wieder "Zucht und Ordnung" in die Reihen der Partei bringen werde.

Für Stephan Schneider ist die Wahl 2020 bereits sein dritter Versuch als Bürgermeisterkandidat der SPD. Bereits 2008 war Schneider gegen Rudi Eck angetreten und hatte ein achtbares Ergebnis erzielt. Insider waren damals allerdings der Ansicht, das ein Gutteil der Stimmen für Schneider eher Stimmen gegen den Amtsinhaber waren. Dennoch wurde Stephan Schneider in diesem Monat mit großer Mehrheit erneut ins Rennen geschickt. Der 46-Jährige gehört dem Haßfurter Stadtrat bereits seit knapp zwölf Jahren an, war in der zu Ende gehenden Amtsperiode als Dritter Bürgermeister tätig.
„Verlässlichkeit, Zusammenhalt, Familie, Bildung und Demokratie“ nannte Stephan Schneider bei seiner Nominierung als sein Motto. Der Notfallsanitäter des Roten Kreuzes weiß, welche wichtige Bedeutung das Ehrenamt hat, erachtet es als sehr wichtig, sich intensiv um die Vereine zu kümmern. Der Vereinsförderung dürften keine starren Regeln von oben übergestülpt werden, so Schneider, vielmehr müsse sie individuell gestaltet sein.
Um Familien zu fördern, will die SPD-Stadtratsfraktion die Übernahme der Kindergartengebühren durch die Stadt forcieren, so dass ein kostenfreier Besuch möglich werde. Hierzu gebe es aber noch Redebedarf, so Schneider, der sich eine echte und offene Diskussion aller Beteiligten wünscht. In Sachen Umweltschutz müssten die Forschungen zum Wasserstoff vorangetrieben werden, der einzigen Technologie, so Schneider, die in Zukunft CO2-neutral ist. Um den Plastikmüll zumindest auf lokaler Ebene zu reduzieren, prüfe die SPD die Möglichkeit, ein einheitliches Mehrwegsystem zu schaffen. Mit diesen Verpackungen könne man dann überall sein Mittagessen holen und die Behältnisse auch in allen Läden wieder abgeben, schwebt dem Bürgermeisterkandidaten der Haßfurter SPD vor.
Aber leicht will Günther Werner es seinen Herausforderern nicht machen. Er möchte Bürgermeister der Kreisstadt bleiben, denn er hat noch einige Themen auf seiner Agenda, die er gerne vollenden will. Dazu zählt die Weiterentwicklung des Kulturamts ebenso wie die des Stadtwerks. Die Stadt könnte die Gastronomie unterstützen, ebenso das Gewerbe, hier vernetzend und unterstützend arbeiten. Das habe man mit Aktionen wie dem „Abendlicht", dem Marktplatzfest, dem Literaturfestival, aber auch der Brötchentaste bewiesen.
Fortschritte bei Barrierefreiheit
Der intensive Kontakt mit den Unternehmen trage Früchte, so Werner bei seiner Nominierung Anfang Dezember. Haßfurt werde als attraktiver Standort wahrgenommen und seit 2014 sei die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in Haßfurt um 1140 auf 8526 angewachsen, sagte der Bürgermeister nicht ohne Stolz. Der Anschluss an den Verkehrsverbund Nürnberg sei gelungen, das müsse nun auch mit dem Verkehrsverbund Mainfranken geschafft werden. Große Schritte habe die Stadt in Sachen Barrierefreiheit in der Altstadt gemacht, zuletzt mit den Aufzügen für die Tiefgarage und das Rathaus.
Als zentrale Themen für die nächste Amtsperiode nannte Günther Werner den Klimaschutz, Verkehr, Wohnen und die Gemeinschaft. Haßfurt werde sich als Smart-City weiterentwickeln, unter anderem mit einem Verkehrs- und Parkleitsystem. „Ich werde nicht müde werden, an der Godelstatt einen Kreisverkehr zu fordern“, ging Werner auf schwierige Verhandlungen mit dem Staatlichen Bauamt bezüglich einer Veränderung der bestehenden Ampelkreuzung an dem Gewerbegebiet im Osten der Stadt ein. Hier wird sich das Stadtoberhaupt aber selbst im Falle seiner Wiederwahl noch einige Jahre gedulden müssen.
Fairneß im Wahlkampf?
Man darf auch gespannt sein, wie der Wahlkampf verlaufen wird. Vor sechs Jahren hatte der in der Wahl unterlegene Stephan Schneider für die Stichwahl eine Wahlempfehlung zugunsten des CSU-Kandidaten Georg Hiernickel ausgegeben. Diese Empfehlung hatte nicht nur in seiner eigenen Partei für Irritationen gesorgt und auch nicht zum Erfolg des Begünstigten beigetragen. Diesmal verspricht Schneider einen fairen, zukunftsorientierten Wahlkampf. Er und die SPD hätten es nicht nötig, andere schlechtzureden. Aus Fehlern der Vergangenheit, vor denen auch die SPD nicht gefeit sei, wolle er lernen.