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Haßfurt
Die "Mitte der Gesellschaft" steht auf: Am 30. Januar findet in Haßfurt eine "Mahnwache für Demokratie" statt
Initiatoren sind der Freundeskreis Asyl Hofheim und der Verein Stolpersteine Haßberge. Doch die Aktion genießt breiten Rückhalt über Partei- und sonstige Grenzen hinweg.
Nicht nur in großen Städten wie hier in Würzburg am 16. Januar soll es Demonstrationen gegen Rechtsextremismus geben. Auch Haßfurt sagt am 30. Januar 'Nie wieder ist jetzt'. 
Foto: Patty Varasano | Nicht nur in großen Städten wie hier in Würzburg am 16. Januar soll es Demonstrationen gegen Rechtsextremismus geben. Auch Haßfurt sagt am 30. Januar "Nie wieder ist jetzt". 
Martin Sage
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:08 Uhr

Eine Kundgebung mit so breiter und tiefer Verankerung in der Bevölkerung hat es im Landkreis Haßberge zweifelsfrei noch nie gegeben: 57 Unterstützer, ob Bundespolitikerinnen, Bürgermeister oder Geistliche, Vereine, Verbände und Firmen, listet jener Flyer auf, der für den kommenden Dienstag, das ist der 30. Januar, in Haßfurt zur "Mahnwache für Demokratie" aufruft. Und es seien noch viele mehr, heißt es auf dem Papier, das für Menschenwürde, Toleranz, Freiheit und das Grundgesetz wirbt und sich gegen Hass, Extremismus, Gewalt und Hetze ausspricht. Hier die wichtigsten Informationen im Vorfeld des Ereignisses.

Wer hat die Mahnwache angemeldet?

Der "Zündfunke" für die Kundgebung kam vom Hofheimer Freundeskreis Asyl, wie dessen Vorsitzende Chris Bendig der Redaktion erklärt. Der Freundeskreis habe dann zusammen mit dem Verein "Stolpersteine Haßberge" die Veranstaltung bei den Behörden angemeldet, wie auch Stolperstein-Vorsitzender Alex Klubertanz bestätigt. Damit waren die Formalien erfüllt; tatsächlich habe man zum Zeitpunkt der Anmeldung schon viele weitere Unterstützer an Bord gehabt, betonten die Initiatoren.

Was ist, kurz gefasst, das Ziel der Veranstaltung?

Nach dem Bekanntwerden des Treffens von AfD- und CDU-Politikern mit Rechtsradikalen in Potsdam sei der Öffentlichkeit bewusst geworden, welche stark antidemokratisch orientierten Kräfte es im Lande gebe und welch "irrsinnige Gefahr" das für Deutschland bedeute, sagt Chris Bendig. Für Katharina Schmidt, die ebenfalls dem Vorstand des Freundeskreises Asyl in Hofheim angehört, ist es deshalb Zeit, dass sich die schweigende Mehrheit, die Mitte der Zivilgesellschaft innerhalb des demokratischen Spektrums, klar dazu bekennt, auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen. Und das nicht nur in München oder Berlin, sondern auch in kleinen Städten wie Haßfurt. Die Mahnwache soll keine parteipolitische Veranstaltung sein, doch die Verantwortlichen freuen sich darüber, dass das gesamte demokratische politische Spektrum hinter ihrer Sache steht. 

Die Demokratie in Lebensgefahr, wie hier auf einem Plakat bei einer Kundgebung in Regensburg, sehen gerade 'nach Potsdam' auch viele Menschen im Landkreis Haßberge.
Foto: Johanna Kastenmeier | Die Demokratie in Lebensgefahr, wie hier auf einem Plakat bei einer Kundgebung in Regensburg, sehen gerade "nach Potsdam" auch viele Menschen im Landkreis Haßberge.

Der Tag der Mahnwache ist nicht zufällig gewählt: Der 30. Januar 1933 war der Tag der sogenannten "Machtergreifung", an dem Reichspräsident von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannte, welcher in der Folge keine 100 Tage brauchte, um die Demokratie der Weimarer Republik komplett aus den Angeln zu heben. In Erinnerung an dieses Ereignis und seine katastrophalen Folgen für Millionen Menschen in aller Welt steht die Mahnwache auch unter dem Motto: "Nie wieder ist jetzt".

Wer unterstützt die Aktion?

Vom Ärzteverein Haßberge oder dem AWO-Kreisverband bis zum ver.di-Ortsverein Haßfurt hat die Mahnwache Rückhalt in vielen Bereichen des politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens. Das Linke Bündnis Haßberge bekennt sich ebenso zur Aktion wie die Kreisverbände von CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, ÖDP und Freien Wählern. Die Bundestagsabgeordneten Dorothee Bär (CSU), Sabine Dittmar (SPD) und Manuela Rottmann (Grüne) treten für die Mahnwache ein, ebenso der Landtagsabgeordnete Steffen Vogel (CSU). Hinzu kommen viele Bürgermeister, aber zum Beispiel auch Zeils Kinobetreiber Bruno Schneyer, der Kreisjugendring, das Meehäusle in Haßfurt oder die Schreinerei Kann in Zeil.

Wie soll die Mahnwache ablaufen?

Beginn der Aktion ist gegen 17 Uhr auf dem Marktplatz in Haßfurt. Ursprünglich vorgesehen war offenbar nur der Bereich südlich der Pfarrkirche. Doch wegen der zu erwartenden großen Resonanz dürfte die Kundgebung auf den gesamten Marktplatzbereich ausgedehnt werden – laut der Polizei in Haßfurt stellt das kein Problem dar.

Landrat Wilhelm Schneider (CSU) wird ein Grußwort sprechen, die Veranstalter wollen wichtige Passagen des Grundgesetzes an die Fassade des Alten Rathauses projizieren, und Katharina Schmidt vom Freundeskreis Asyl möchte in einer kurzen Rede darlegen, worum es den Initiatorinnen und Initiatoren geht. Auch junge Menschen, Schülerinnen und Studenten, sollen ihre Anliegen und Ängste schildern dürfen. 

Nach der Kundgebung auf dem Marktplatz wird sich die Versammlung auf den Weg  zur Promenade machen. Über Lucengasse, Schlesingerstraße und Spenglergasse geht es zu jenem Denkmal, das seit November 1988 an die von den Nazis deportierten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger der Stadt Haßfurt erinnert. Mit dem Gedenken an die Opfer der braunen Gewaltherrschaft wird die Mahnwache hier enden, was nach Einschätzung der Verantwortlichen spätestens gegen 17.45 Uhr der Fall sein dürfte.

Wie schätzt die Polizei Teilnehmerzahl und Lage ein?

Die Haßfurter Polizei rechnet mit mehreren Hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Mahnwache. Ab etwa 1000 Personen werde der Marktplatz in Haßfurt zu klein, um die öffentliche Sicherheit gewährleisten zu können, sagt Kurt Etzel, der stellvertretende Leiter der Haßfurter Polizeiinspektion. Unter Umständen lasse sich der Versammlungsraum in Absprache mit den Versammlungsleitern noch erweitern, etwa Richtung Promenade; doch die Haßfurter Polizei lässt keinen Zweifel daran, dass sie die Mahnwache bei einem Zustrom von deutlich über 1000 Menschen auflösen muss.

In jedem Falle betreut die Polizei die Veranstaltung mit zusätzlichen Kräften. Eine besondere Gefahrenlage sieht sie nicht: Da es sich um eine Kundgebung der "bürgerlichen Mitte" handele, sei mit Störungen aus der Versammlung heraus nicht zu rechnen. Und Hinweise auf Störungen von außen lägen aktuell auch nicht vor, sagte Kurt Etzel am Donnerstag.

 
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