Das Osterfeld gehört zu den feineren Wohngegenden von Haßfurt. Wer hier ein Einfamilienhaus sein Eigen nennt, hat es meist "geschafft". Ein sozialer Brennpunkt ist das Osterfeld sicher nicht. Bei der Landtagswahl im Herbst hat ebendort, im Wahllokal Kinderkrippe, die AfD die meisten und damit mehr Stimmen erhalten als die CSU.
Am Dienstag findet in Haßfurt eine "Mahnwache für Demokratie" statt, getragen von einem breiten Bündnis aus nahezu allen Bereichen des Miteinanders und Füreinanders im Landkreis Haßberge, ob Sozialverbände und Kirchen, Sportvereine, Lokalpolitik oder Firmen. Die Initiatorinnen und Initiatoren wollen ein Zeichen setzen gegen Gewalt und Hetze, Hass und Extremismus.
Aus aktuellem Anlass geht es vor allem um Rechtsextremismus
Im Fokus freilich sind die AfD und der Rechtsextremismus. Es ist ja gerade das Bekanntwerden jenes Potsdamer Treffens vor allem von AfD-Politikern mit der rechtsradikalen Szene, das nun so viele Menschen im Lande zu Mahnwachen und Demonstrationen auf die Straße treibt.
Was ist der Kundgebung in Haßfurt zu wünschen? In jedem Fall, dass sie zu dem klaren Bekenntnis zu Menschenwürde, Toleranz, Freiheit und Grundgesetz wird, das die für die Versammlung Verantwortlichen, der Hofheimer Freundeskreis Asyl und die Stolpersteine Haßberge, abgeben wollen.
Ein Bekenntnis, das wenig nutzen würde, wäre es nur aus einer Ecke zu hören: Es muss von der breiten demokratischen Mitte, der Mehrheit der Gesellschaft, kommen. Diesbezüglich darf man zuversichtlich sein.
Wann liefe etwas schief bei der Kundgebung? Wenn Demonstrierende ihrerseits mit Hass und Hetze reagieren, Drohungen und Schmähungen gegen die Andersdenkenden richten würden. Vor der Bundestagswahl 2021 hat "Die Partei" Plakate aufgehängt mit der Parole: "Nazis töten". Was Gerichte erlaubt haben, muss noch lange keine kluge Aktion sein.
Wer aussteigen will, hat oft kein soziales Netz mehr
In der vergangenen Woche hat die ARD die Reportage "Wir waren in der AfD – Aussteiger berichten" ausgestrahlt. Es geht um Personen, die der Partei wegen deren Radikalisierung den Rücken gekehrt haben. Viele Ehemalige scheinen die Erfahrung zu teilen: Das einstige Bekenntnis zur AfD hat sie so stigmatisiert, dass beim Ausstieg kein soziales Netz mehr da war, um sie aufzufangen. Nicht wenige scheint dieses Bewusstsein am Austritt zu hindern.
Deshalb sollte von allen Mahnwachen auch die Botschaft ausgehen: Lasst euch nicht mitreißen! Wir bauen euch, deren politische Vorbilder immer mehr ins Radikale abdriften, Brücken zurück in die gesellschaftliche Mitte.
Es hat seinen Grund, dass AfD-Mann Björn Höcke als "Faschist" und "Nazi" bezeichnet werden darf. Er will keine Brücke zurück. Doch unser Land kann es sich nicht leisten, all jene, die mit dem Gedankengut weit rechts der Mitte sympathisieren, einfach nur auszugrenzen. Es muss die, bei denen es noch geht, zurückholen. Zum Beispiel im Haßfurter Osterfeld.