Sie waren Menschen, die "mitten unter uns" gelebt hatten, mitten in der Gesellschaft und buchstäblich mitten in Haßfurt: In der Hauptstraße 23. Hier wohnten vor gut 100 Jahren wie selbstverständlich die Rosenthals, eine jüdische Familie mit fünf Kindern. Doch dann löschte der Nazi-Terror die Familie so aus, als hätte sie nie existiert. Aber die Rosenthals und ihr Schicksal sollen nicht in Vergessenheit geraten: Sieben Stolpersteine vor ihrem einstigen Zuhause werden alsbald daran erinnern, dass die Eltern Jonas und Selma sowie ihre Kinder Cäcilie, Karoline und Therese 1942 in einem polnischen Vernichtungslager ermordet wurden; und nur Sohn Hermann und Tochter Friedel die Flucht beziehungsweise Emigration gelang.
Anfang der 1990-er Jahre begann der Kölner Künstler Gunter Demnig mit der Verlegung von Stolpersteinen zur Erinnerung an die von den Nationalsozialisten Verfolgten und Ermordeten, die Aktion wurde zum größten dezentralen Mahnmal der Welt. Inzwischen finden sich im öffentlichen und privaten Raum europaweit wohl mehr als 90.000 dieser in den Boden eingelassenen Steine mit ihren bronzenen Gedenktafeln an der Oberseite.
Doch im Landkreis Haßberge gibt es bislang keine Stolpersteine. Was sich am Pfingstmontag, 29. Mai, vor der Hauptstraße 23 abspielen wird, wenn die Rosenthals ihre Stolpersteine bekommen, ist also eine kreisweite Premiere. Initiator ist der Verein Stolpersteine Haßberge, der sich erst vor rund einem Jahr gegründet hat. Der Stadtrat Haßfurt hatte die Verlegung von Stolpersteinen auf öffentlichem Grund bereits im vergangenen Juni einstimmig befürwortet.
Eine "angemessene Form gegen das Vergessen"
Geht es nach dem Wahlhaßfurter Alex Klubertanz, Jahrgang 1956, ist das nur der Anfang. Dutzende weitere Stolpersteine sollen folgen, in Haßfurt und Umgebung. Der promovierte Germanist ist Vorsitzender des Vereins Stolpersteine Haßberge. Er sieht in den Gedenktafeln auf Gehsteigen oder Plätzen eine "angemessene Form gegen das Vergessen". Jeder Verfolgte oder Ermordete werde als Individuum ins Gedächtnis zurückgerufen, "genau dort, wo die Menschen auch gelebt haben, mitten unter uns, als unsere Nachbarn", sagte Klubertanz dieser Tage im Gespräch mit der Redaktion.
Stolpersteine sind nicht unumstritten, auch unter den Nachfahren der Opfer nicht. Ein Hauptkritikpunkt ist, dass Fußgängerinnen und Fußgänger, absichtlich oder unabsichtlich, das Andenken an die Leidtragenden von Ideologie und Rassenwahn quasi mit Füßen treten. Die Stadt München etwa lehnt unter dem maßgeblichen Einfluss von Charlotte Knobloch, der Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Stolpersteine auf öffentlichem Grund ab. Josef Schuster hingegen, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sieht das anders. Er erkennt in den Gedenktafeln eine hervorragende Gelegenheit, sich der Vergangenheit zu stellen. Genau diese Überzeugung teilt der Verein Stolpersteine Haßberge.
"Hier wohnte", so beginnt der Text auf den knapp 10 mal 10 Zentimeter großen Messingplatten der Stolpersteine im deutschsprachigen Raum. Es folgen in eingeschlagenen Lettern Name, Geburts- und soweit bekannt Sterbedaten, und Hinweise auf das Schicksal wie "Deportiert 1942" oder "Ermordet in Auschwitz". Rund 120 Euro kostet die Verlegung eines Steins, die Kosten für die Mahnmale der Rosenthals übernimmt der Verein Stolpersteine Haßberge; dafür und für weitere Verlegungen hofft der Verein auf Spenden.
Alex Klubertanz ist glücklich darüber, dass er beim Haßfurter Stadtrat und den beiden Kirchen offene Türen eingerannt hat mit seinem Stolperstein-Vorstoß. Er stellt heraus, dass die Aktion überparteilich und überreligiös sei, sieht sie aber dennoch auch als Fingerzeig gegen zunehmende rechtsextreme Tendenzen im Lande.
Enkel Meir Rosenthal kommt aus England, und es gibt ein Grußwort aus Israel
Wenn die ersten Haßfurter Stolpersteine am Pfingstmontag verlegt werden, dann wird eines deutlich werden: Den Nationalsozialisten hatten es zwar geschafft, die Rosenthals aus Sicht ihrer Haßfurter Mitbevölkerung völlig von der Bildfläche verschwinden zu lassen; die ganze Familie zu ermorden gelang ihnen aber nicht. So haben Nachfahren von Friedel Rosenthal, die 1936 nach Palästina emigrierte und 2012 in Israel verstarb, eine Grußbotschaft für die Zeremonie geschickt.
Und mit Meir Rosenthal, einem Sohn von Hermann Rosenthal, dem 1939 die Flucht nach England glückte, wo er bis zu seinem Tod 1988 lebte, wird sogar ein Enkel von Selma und Jonas Rosenthal bei der Stolpersteinverlegung zugegen sein. Vor jenem Haus, in dem seine Großeltern einst wie selbstverständlich gelebt hatten, "mitten unter uns", bis sich vor 90 Jahren alles für sie dramatisch änderte.
Sie sollten sich mit ihrem Kommentar zurück halten.
Und was hat Amerika damit
zu tun.
Gehe ich an Stolpersteinen vorbei, so wird mir bewusst, dass hier einmal Menschen lebten deren Freiheit und Leben ein grauenhaftes Ende fand.
Dass nun auch in Haßfurt Stolpersteine verlegt werden begrüße ich sehr und ich werde sicher bei der Zeremonie dabei sein
man könnte fast meinen sie fühlen sich von den Stolpersteinen persönlich angegriffen? Mir erschließt sich nicht was sie gegen solche Stolpersteine haben bzw. womit sie konkret ein Problem haben? Auch erschließt sich mir nicht weshalb sie bei dem Thema die USA ins Spiel bringen? Thema verfehlt in dem Fall!
Die deutsche Geschichte ist sehr vielfältig und wie die Geschichte eines jeden Landes nicht immer vorbildlich gewesen. Die Zeit des 3. Reichs war ein sehr dunkler Punkt der deutschen und der Menschheitsgeschichte.
Und trotzdem kann ich als Deutscher heute an solch einem Stein vorbeigehen ohne mich schlecht zu fühlen.
Es schadet jedoch nicht darüber nachzudenken wie die tiefsten menschlichen Abgründe auch in unserer Heimat vor nicht allzu langer Zeit zum Vorschein kamen.
Wehret den Anfängen, nicht nur in Deutschland sondern weltweit!
Das ist wohl das Mindeste für die große Schuld was die Nazis uns Deutschen hinterlassen haben!