Ebern und Aidhausen sind die familienfreundlichsten Gemeinden im Landkreis Haßberge – so lautet zumindest das Ergebnis eines Wettbewerbs, den der Landkreis ausgerichtet hat. Bei diesem konnten sich die Kommunen bewerben und ihre Vorzüge herausstellen. Ebern und Aidhausen lösen damit Knetzgau und Maroldsweisach ab, die den Titel seit 2012 trugen.
Dass der Wettbewerb zwei Sieger hat, liegt daran, dass das Landratsamt einen Preis für größere und einen für kleinere Kommunen vergibt. Ebern hat somit den Titel als familienfreundlichste Gemeinde mit mehr als 3000 Einwohnern gewonnen, Aidhausen ist der Sieger unter den kleineren Kommunen.
Der Sieg stand gar nicht im Vordergrund
"Im Vordergrund stand nicht so sehr das Gewinnen, sondern das Interesse, wo wir als Kommune einzuordnen sind", sagt Aidhausens Bürgermeister Dieter Möhring (Freie Wähler), fügt dann aber an: "Wenn man dann gewinnt, freut man sich natürlich."
Pluspunkte hätte Aidhausen unter anderem durch die Unterstützung für Familien mit Wohnraumbedarf gesammelt. Da gebe es derzeit "ideale Voraussetzungen" für Menschen, die ein bestehendes Haus mit neuem Leben füllen wollen – unter anderem durch Fördermöglichkeiten. "Wir beraten auch aktiv, was möglich ist", berichtet Möhring.
Auch das Eberner Rathaus führt die Unterstützung bei der Suche nach Wohnraum an. Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) zeigt der Redaktion den Bewerbungsbogen, den er an das Landratsamt geschickt hatte. Dort heißt es: "Anfragen werden in der Kämmerei der VG bearbeitet. Hier wird zu städtischen Bauplätzen Auskunft gegeben und zu privaten vermittelt." In der Kernstadt Ebern selbst sowie in den Ortsteilen Unterpreppach und Reutersbrunn würden derzeit zudem Baugebiete erschlossen.
Schnelles Internet als Standortfaktor in Zeiten des Homeoffice
Ein weiterer großer Punkt in den Bewerbungen ist der Themenblock "Arbeit und Verkehr". Hier heben beide Siegerkommunen hervor, dass bei ihnen die Internetversorgung sehr gut sei – ein wichtiger Faktor vor allem für Menschen, die im Homeoffice arbeiten. Dieter Möhring kündigt außerdem den weiteren Ausbau an, mit Glasfaser bis in jedes Haus.
Weiter spricht der Bürgermeister von Aidhausen über Maßnahmen, um den Verkehr auch für diejenigen sicherzumachen, die nicht mit dem Auto unterwegs sind. Dazu gehöre der kontinuierliche Ausbau von Radwegen sowie die Verkehrsberuhigung. Kritik übt er in diesem Zusammenhang allerdings am Staat, der es nicht zulasse, dass Städte und Gemeinden selbst Tempo-30-Zonen einrichten, wo sie es für sinnvoll halten. "Es ist unmöglich, dass man Kommunen so wenig Spielraum lässt."
Licht und Schatten beim ÖPNV
Jürgen Hennemann hebt mit der Eberner Bewerbung unter "Arbeit und Verkehr" auch das Arbeitsplatz- und Ausbildungsangebot bei ortsansässigen Firmen hervor. Und er nennt einen besonderen Pluspunkt: "Eine sehr gute Anbindung an den überörtlichen ÖPNV gibt es durch den Bahnanschluss."
Dagegen nennt Dieter Möhring im Gespräch mit der Redaktion die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel als die größte Schwachstelle, die in Aidhausen noch besteht. Immerhin: Es gibt einen Bürgerbus, den sich die Gemeinde allerdings mit den übrigen Kommunen der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim teilen muss. Einen zweiten will die Gemeinde nun von dem Preisgeld anschaffen, das sie beim "Gütesiegel Heimatdorf 2023" gewonnen hat, ebenso wie ein Kleinfahrzeug mit Geschwindigkeitsbegrenzung, das auch Jugendliche ab 16 Jahren nutzen können.
Auch ihr Kultur- und Bildungsangebot stellen beide Kommunen heraus. "Wir haben alles, was man braucht, um Erwachsenen- und Kinderbildung vor Ort anzubieten", sagt Dieter Möhring und zählt unter anderem die Bücherei, die Mehrgenerationenwerkstatt oder Vhs-Kurse auf.
Dabei seien auch viele handwerkliche Angebote, vor allem in der alten Schmiede in Happertshausen. Möhring stellt auch heraus, dass es auch Angebote für Kinder mit Behinderung gebe. Auch die Eberner Bewerbung zählt eine Vielzahl an Einrichtungen für Kultur und Bildung auf, von der Vhs über die Stadtbibliothek bis zum Heimatmuseum.
"Unsere Stärke ist der große Umfang der Angebote in allen Bereichen für die Familien sowie das große ehrenamtliche Engagement der Bürger und der Stadt. Vielfalt, breites Angebot, Engagement", antwortet der Eberner Bürgermeister auf die Frage dieser Redaktion nach den Vorzügen, mit denen seine Stadt seiner Einschätzung nach besonders gepunktet hat.
Weltoffenheit: Inklusion und Integration spielen eine wichtige Rolle
Ein Vorzug von Ebern sei auch der Einsatz für Inklusion und Integration, so Hennemann. "Inklusion/Integration wird in Ebern gelebt. Jeder darf dabei sein und ist willkommen", heißt es dazu in den Bewerbungsunterlagen. "Wir wehren uns gegen Ausgrenzung, Menschenfeindlichkeit und überholte rechte Ideologie" – eine Aussage, die auch als Ansage an rechtsextremistische Gruppen verstanden werden kann, die in Ebern in den letzten Jahren immer wieder öffentlich in Erscheinung getreten sind. Als Beispiele für Inklusion listet er unter anderem die inklusive Grundschule sowie Wohngruppen für Menschen mit Handicap, beim Thema Integration nennt er unter anderem den Helferkreis für Asylsuchende oder die integrative Kita.
Auch Dieter Möhring spricht über die Aufnahme von Geflüchteten. Dabei betont er: "Integration heißt nicht nur Unterbringung." Und er erzählt Beispiele von Flüchtlingen, die in der Gesellschaft angekommen sind – unter anderem die Geschichte von zwei Menschen, bei denen die Integration über die Musik funktioniert. Einer von ihnen lerne gerade, Geige zu spielen, der andere lässt sich bei der Blaskapelle ausbilden. "Das Frankenlied kann er schon", berichtet Möhring lachend.
Viele Angebote für Kinder und Jugendliche
Angebote für Kinder und Jugendliche spielten in beiden Bewerbungen eine große Rolle, sei es im Bereich der politischen Teilhabe, beispielsweise in Form von Jugendbürgerversammlungen, bei Freizeitangeboten oder bei der Bildung. Jürgen Hennemann stellt hier auch die Rolle seiner Stadt als Schulstandort heraus: Unter anderem ist Ebern neben der Kreisstadt Haßfurt der einzige Ort, in dem es ein Gymnasium gibt.
Beide Siegerkommunen haben in ihren Bewerbungen noch deutlich mehr Punkte angeführt. "Das Thema ist umfassend", erklärt Jürgen Hennemann. "Die Angebote in der Stadt sehr umfangreich. Deswegen wurden wir auch ausgewählt. Wir stehen hier an der Spitze, dürfen wir selbstbewusst sagen." Etwas bescheidener gibt sich Dieter Möhring, der berichtet, auch die Mitbewerber hätten tolle Bewerbungen abgegeben.
Der Preis für die Sieger: Nicht nur ein Titel
Wie das Landratsamt Haßberge mitteilt, hatten sich neben den beiden Siegern noch Gädheim, Sand, Maroldsweisach und Eltmann beworben. Und was haben Ebern und Aidhausen nun gewonnen, außer dem Recht, bis zum Jahr 2029 den Titel als familienfreundlichste Kommune im Landkreis zu tragen? Der Preis besteht darin, dass die Spieletage des Landkreises in den nächsten Jahren einmal in Aidhausen und einmal in Ebern stattfinden. Für Aidhausen steht bereits fest, dass es das Jahr 2024 sein wird, für Ebern ist noch nichts entschieden. Dabei wird ihnen der Eigenbeitrag von 3950 Euro erlassen, den die ausrichtende Kommune normalerweise zu zahlen hätte.