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Ebern
Die Entscheidung steht endgültig fest: Valeo streicht mehr als 280 Arbeitsplätze in Ebern
Der französische Konzern baut zum dritten Mal innerhalb weniger Jahre Arbeitsplätze ab. In Ebern sieht man derweil schwarz. Manch einer rechnet gar mit dem baldigen Aus des Standorts.
Nun steht es fest: der französische Automobilzulieferer Valeo baut am Standort Ebern mehr als 280 Stellen ab.
Foto: Lukas Reinhardt | Nun steht es fest: der französische Automobilzulieferer Valeo baut am Standort Ebern mehr als 280 Stellen ab.
Johanna Heim
 |  aktualisiert: 26.06.2024 02:54 Uhr

Es ist eine Nachricht, die die meisten Valeo-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Ebern in den letzten Wochen befürchtet haben dürften: Die Entscheidung, dass der französische Automobilzulieferer in der Türmerstadt wie bereits angekündigt 280 Stellen abbauen will, steht nun fest. Auch die Proteste der Angestellten oder die Menschenkette, die sich Ende April rund um das Werk gebildet hat, haben den Beschluss, die hohe Zahl an Arbeitsplätzen abzubauen, nicht verhindern können.

Dass es in den Gesprächen zum Stellenabbau zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretern hakt, ist spätestens zu dem Zeitpunkt klar gewesen, als Vertreter des Betriebsrates und der IG Metall Mitte April bei einer Pressekonferenz verkündeten, dass die innerbetrieblichen Verhandlungen gescheitert waren. Und der Konzern eine Einigungsstelle angerufen hatte. 

Einigung am 7. Juni erzielt

Zuletzt hätten die Verhandlungen in der Einungsstelle unter Vorsitz eines Arbeitsrichters stattgefunden, wie die IG Metall Bamberg nun in einer Pressemitteilung schreibt. Am 7. Juni sei dann ein Ergebnis erzielt worden. Im Rahmen einer Betriebsversammlung sei vor kurzem darüber informiert worden. 

"Trotz unserer intensiven Bemühungen, dem Arbeitgeber mögliche Alternativen zum Stellenabbau zu zeigen, bleibt es dabei: Mehr als 280 Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz und müssen Valeo Ebern verlassen", wird Martin Feder, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Bamberg, in der Mitteilung zitiert. 

Um den Arbeitsplatzverlust für die Betroffenen erträglicher zu machen, ist der IG Metall zufolge ein Freiwilligenprogramm und eine Transfergesellschaft vereinbart worden. In den vergangenen Monaten verhandelten Betriebsrat, IG Metall und Valeo einen Interessensausgleich und Sozialplan für den Standort. Wie Thomas Werner, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, auf Nachfrage der Redaktion am Donnerstag mitteilt, ist es gelungen, hier bessere Konditionen zu erzielen.

Hat Valeo keine Strategie für den Standort Ebern?

Vom Abbau der Arbeitsplätze habe der Arbeitgeber aber nicht abrücken wollen. "Es ist unserem Management nicht gelungen, unser Werk richtig zu erklären", ist Werner überzeugt. Valeo habe keine Strategie für den Standort und verstehe nicht, dass Ebern nicht mit anderen Standorten, an denen Teile produziert werden, vergleichbar sei. "Wir sind ein ehemaliger Mutterstandort, ein Headquarter eines Kleinunternehmens, gewesen", so das Betriebsratsmitglied. Das Werk in Ebern arbeite übergreifend, leiste weltweit Support – mache aber selbst keinen Profit am Standort.

Über 50 Stellen seien bereits gestrichen worden, so Werner. Dabei handele es sich um befristete Arbeitsverträge, die bereits ausgelaufen sind. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende hofft nun auf Solidarität. Darauf, dass sich für die übrigen 230 Stellen ältere Kolleginnen und Kollegen auf das Freiwilligenprogramm melden – um den Jüngeren im Betrieb Platz zu machen. Zeit dafür sei noch bis zum 11. Juli.

Werner hofft nun auf Solidarität

"Das kann uns annähernd gelingen, aber hier ist es wichtig, dass sich die Älteren auch vorstellen können, mit einem gewissen Verlust aus dem Betrieb zu gehen", so Werner. Doch selbst wenn alle an einem Strang ziehen, werden sich betriebsbedingte Kündigungen Werner zufolge nicht ganz vermeiden lassen.

Sowohl der Betriebsrat als auch die IG Metall bedauerten, dass mit dem Personalabbau erneut viele gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Standort verlassen werden – und dadurch weiteres Know-how verloren gehe. "Die IG Metall und der Betriebsrat haben Valeo seit 2021 immer wieder dazu aufgefordert, die Zukunft am Standort zu gestalten", heißt es in der Mitteilung der IG Metall. Es habe einen gemeinsamen Zukunftsprozess gegeben, in dem neue Produktideen für den Standort entwickelt worden waren.

Immer wieder hat die Belegschaft von Valeo in Ebern gegen den Stellenabbau protestiert, wie hier Ende Februar.
Foto: Lukas Reinhardt | Immer wieder hat die Belegschaft von Valeo in Ebern gegen den Stellenabbau protestiert, wie hier Ende Februar.

"Der Arbeitgeber hat auf all diese Bemühungen 2021, 2022 und 2024 mit Personalabbau-Programmen reagiert." Mehr als 420 Arbeitsplätze seien dadurch weggefallen. Nun sollen Werner zufolge in der Gummifertigung rund 40 Prozent der Stellen gestrichen werden. Auch im Facharbeiterbereich, im Werkzeugbereich und in der internen Instandhaltung werde stark gekürzt. 820 Arbeitsplätze bleiben dann noch übrig, so Werner. 

"Jetzt erwarten wir, dass das Management einen klaren Plan für die Zukunft in Ebern entwickelt. Es darf kein 'Weiter so' geben, es braucht endlich ein gutes Zukunftskonzept", so lautet der Appell von Feder in der Mitteilung der IG Metall. Dafür brauche es neue Ideen, frischen Wind und vor allem neue Produkte. "Wir hoffen, dass das Management die Zukunft gestalten und nicht den Niedergang verwalten will." Derselben Ansicht ist auch Werner, der auf die Unterstützung von Seiten der Kommunalpolitik hoffe, und auf Förderprogramme.

Von "internen, strukturellen Problemen" ist die Rede

Hört man sich derzeit in Ebern und Umgebung um, dann vernimmt man wenig Hoffnungsvolles zu Valeo. Von "internen, strukturellen Problemen" ist die Rede. Manch einer ist davon überzeugt, dass sich der Standort in den kommenden Jahren zu einer Ruine entwickeln wird. Viel zu lange sei nicht mehr investiert worden, die Gebäude seien alt und die Gespräche zu Zukunftsprojekten hätten für die Belegschaft am Standort nichts gebracht.

Und immer wieder werden Stellen abgebaut. "Ich gebe Valeo in Ebern keine fünf Jahre mehr", lautet eine Befürchtung, die man derzeit im Eberner Raum hört. Auch der Betriebsrat kenne solche Aussagen bereits. "Wenn Valeo nicht eingreift, wird in einigen Jahren das nächste Abbauprogramm kommen", ist er überzeugt. Auch Änderungen in der Automobilindustrie und der Politik seien notwendig. Beispielsweise ein günstigerer Strompreis, damit Konzerne die Arbeitsplätze nicht ins günstigere Ausland verlagern. 

"Das sind so viele Faktoren, die außerhalb des Betriebes eine Rolle spielen, so viele Dinge, die passieren müssen, um hier eine Investition zu rechtfertigen", so Werner. Valeo war für eine Stellungnahme bis Redaktionsschluss am Donnerstag nicht zu erreichen.

 
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