Gut ein Jahr kämpften die Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter für den Erhalt von 80 Arbeitsplätzen beim Automobilzulieferer Valeo in Ebern. Bereits in der Vergangenheit hatte der Konzern Personal abgebaut. Nun steht fest: Es werden deutlich weniger Stellen gestrichen. Tatsächlich wollen aber sogar noch viele weitere Angestellte das Unternehmen verlassen, freiwillig und das teilweise so schnell wie möglich. Eine Wendung, zu der auch die Stimmung im Werk beitragen dürfte. Was die Gründe dafür sind.
"Wir haben in Gesprächen mit dem Arbeitgeber erreicht, dass wir die 80 Stellen auf 52 minimieren konnten", sagt Sonja Meister, Betriebsratsvorsitzende von Valeo Ebern. "Zusätzlich läuft gerade noch ein Freiwilligenprogramm. Kolleginnen und Kollegen, die vom Stellenabbau betroffen sind, können sich melden und das Unternehmen mit einer Abfindung verlassen."
109 Bewerbungen für das Freiwilligenprogramm
Es werde schwer, genügend Mitarbeitende zu finden, die das Unternehmen verlassen wollen, so die anfängliche Befürchtung. Bis die Bewerbungen für das Freiwilligenprogramm eintrafen. Statt 52 landeten 109 solcher Schreiben auf dem Tisch des Betriebsrats. Und das bisher – die Frist läuft noch bis 15. Juli. Die ursprüngliche Sorge, das Werk könnte durch den Stellenabbau ausbluten, nimmt damit eine ganz andere Wendung.
"Die 52 Stellen sind genau definiert", erklärt Thomas Werner, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender. Betroffen seien Arbeitsplätze im Bereich der Entwicklung. Aber nicht nur. "In fast allen Bereichen werden Stellen abgebaut, außer dort, wo ein Mensch an der Maschine steht. Es zieht sich durch das Unternehmen durch", berichtet Meister.
"Hätte der Arbeitgeber offen gelassen, wer gehen kann, dann hätten wir statt 109 Bewerbern sicher 250 Bewerber", ist Werner überzeugt. Schon im vergangenen Jahr habe sich ein ähnliches Bild gezeigt: Auf 67 Stellen, die abgebaut wurden, kamen knapp 95 Bewerbungen. Warum aber gibt es solch einen Andrang auf die Möglichkeit, sich abfinden zu lassen?
"Dass die Stimmung in der Firma schlecht ist, ist schon länger bekannt", sagt die Betriebsratsvorsitzende im Gespräch mit dieser Redaktion. "Aber dass sie so schlecht ist, dass die Kolleginnen und Kollegen sich hier keine Zukunft mehr vorstellen können, das ist erschreckend."
Die Gründe für die schlechte Stimmung sind vielfältig
Einen Buhmann, den man ganz klar als Schuldigen benennen könnte, den gebe es allerdings nicht. Stattdessen liegt die aktuelle Situation laut Meister an einem Sammelsurium von Gründen: Der Wandel in der Automobilbranche, Aufträge, die zurückhaltend vergeben werden sowie die Schwierigkeit, Produkte auf den Markt zu bringen. Und letztendlich auch die Übernahme von FTE Automotive im Jahr 2016 durch den französischen Automobilzulieferer Valeo, samt dessen Strukturen.
Die damalige Hoffnung: Die Übernahme soll frischen Wind ins Werk bringen, da der Konzern mit Sitz in Paris im Bereich der E-Mobilität Expertise aufweist. "Valeo ist ein Unternehmen, das die Chancen der Zeit nutzt, um die Zukunft der Mobilität mitzugestalten", heißt es auf der Internetseite des Unternehmens.
Hat Valeo in Ebern Zukunft?
So weit, so gut. Doch Chancen wurden dem Eberner Werk bisher wohl kaum gegeben. "Der Mutterkonzern ist für die E-Mobilität super aufgestellt", sagt Meister. "Aber für Ebern fällt davon nichts ab." Stattdessen konzentriere sich der Konzern hier weiterhin auf die altbewährten Produkte, die eng an den Verbrennermotor geknüpft sind – ein Auslaufmodell in Zeiten der Transformation. Eine Strategie mit Folgen. Sie schürt Zukunftsängste unter den Mitarbeitenden.
Mit der Übernahme durch Valeo sei die Zahl der Mitarbeitenden in den letzten fünf Jahren von gut 1600 auf rund 1270 gesunken. Ein Trend, der sich fortsetzt? "2023 läuft ein Produkt aus. Da hängen 20, 30 Arbeitsplätze dran", sagt Karin Beck, stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. "Diese Menschen wissen heute nicht, was dann passiert. Das zermürbt."
Die Krux: Zeitgleich benötigt das Werk in Ebern neue Mitarbeitende, beispielsweise im Bereich der Fertigung, berichtet Werner. "Wir haben Schwierigkeiten, diese Stellen zu besetzen." Auch an Bewerbungen für Ausbildungsplätze mangele es. Für Werner ist klar: Das angefressene Image und die schlechte Stimmung eilen dem Unternehmen weit voraus.
Ein Projektteam soll neue Produkte entwickeln
Doch es gibt einen möglichen Lichtblick: die sogenannte Zukunftsvereinbarung, die laut Werner durch das Drängen von Arbeitnehmervertretung, Gewerkschaften und Beratenden zustande gekommen ist. Ein Projektteam von fünf bis sechs Personen soll ab September neue Ansätze für Produkte entwickeln, die sich im Eberner Werk realisieren lassen – um dadurch auf dem Zukunftsmarkt Fuß zu fassen.
"Wir haben Kolleginnen und Kollegen hier am Standort Ebern, die super gute Ideen haben", sagt Meister. "So wollen wir auf den Weg bringen, dass das ein oder andere Produkt umgesetzt werden kann." Zeit, das Ruder auf diese Art herumzureißen, ist noch bis Ende 2023. Und das sei zwingend notwendig. "Menschen brauchen eine Perspektive", macht Meister klar. "Wenn in den nächsten Jahren nichts passiert, dann können wir einen Haken hinter die Firma setzen."
Welche weiteren Pläne es gibt, um die Zukunftsfähigkeit des Eberner Standorts zu sichern und auch, ob der Konzern in diesem Jahr noch weitere Stellen abbauen will, ist unklar. Eine Anfrage dieser Redaktion an das Unternehmen blieb bis Montagnachmittag unbeantwortet.
Genießen Sie Ihren Unruhestand.
Gut gemacht, dem Hamsterrad entkommen.
Das hat sich sehr positiv auf meine Gesundheit und Lebenszufriedenheit ausgewirkt und ich kann jedem nur raten genau zu rechnen und zu überlegen ob man wirklich die letzten fitten und gesunden Jahre für fremde Interessen sinnlos opfern oder entspannt genießen will.
Zum Glück ist die junge Generation nicht mehr so dumm wie wir Alten und reibt sich nicht mehr naiv für "die Firma" auf sondern strebt eine ausgeglichene work-life-balance an.