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Landkreis Haßberge
Bauernproteste im Kreis Haßberge: Kritik an Bundesregierung und Distanzierung von rechtsradikalem Gedankengut
Bei Kundgebungen machten die Landwirte auf ihre Anliegen aufmerksam. Klaus Pieroth, Geschäftsführer des BBV Schweinfurt-Haßberge, positionierte sich deutlich.
Die Traktoren der Landwirte sind das Zeichen des Bauernprotests, hier in Steinsfeld. 
Foto: Wolfgang Aull | Die Traktoren der Landwirte sind das Zeichen des Bauernprotests, hier in Steinsfeld. 
Günther Geiling
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:17 Uhr

Bereits vor den bundesweiten Bauernprotesten am Montag hat es am vergangenen Freitag zahlreiche Mahnwachen und Feuer im Landkreis Haßberge gegeben. Ziel war es, auf die Anliegen der Landwirte aufmerksam machen. Wir haben vier Protestaktionen besucht:

Steinsfeld: Steffen Vogel spricht von "Krieg gegen Bauern"

Einen von großer Besonnenheit geprägten Abend erlebten die Teilnehmenden der Mahnwache in Steinsfeld. Gut 100 Personen waren gekommen, 26 Traktoren unterschiedlichsten Alters standen in Reihe. Das Lagerfeuer brannte.

Klaus Pieroth, Geschäftsführer des Bayerische Bauernverbands (BBV) Schweinfurt-Haßberge, sah die Zeit gekommen, Flagge zu zeigen. Stets geordnet, gesittet und selbstverständlich im Rahmen der Gesetzgebung. "Was Habeck gestern geschah, geht gar nicht, und wir wollen auch keine Unterwanderung durch rechtsradikales Gedankengut", positionierte sich der 49-jährige und fuhr fort: "Wir haben in der Gesellschaft einen guten Ruf, den wollen wir weiter ausbauen und tunlichst alles vermeiden, was dem entgegensteht."

Organisatorin Cäcilie Werner sowie Klaus Pieroth, Geschäftsführer des BBV Schweinfurt-Haßberge, und Steffen Vogel (CSU) sprechen vor rund 100 Personen in Steinsfeld.
Foto: Wolfgang Aull | Organisatorin Cäcilie Werner sowie Klaus Pieroth, Geschäftsführer des BBV Schweinfurt-Haßberge, und Steffen Vogel (CSU) sprechen vor rund 100 Personen in Steinsfeld.

Weniger versöhnlich klangen da die Worte von Steffen Vogel, dem unterfränkischen CSU-Bezirksvorsitzenden und Landtagsabgeordneten. Er sprach von einem "Krieg gegen die Landwirtschaft" und kritisierte die Politik in Berlin: "Wir gehen an die, die was schaffen, und nicht an die die nichts schaffen."

Hauptorganisatorin und Kreisbäuerin Cäcilie Werner gab in ihrer Ansprache kund, dass Besorgnis Triebfeder des Aufstands sei: weil die Bürokratie überhand nehme, es an Planungssicherheit mangele, und die Erträge zu gering seien. "Ich weiß nicht, ob wir der nächsten Generation überhaupt noch raten sollen, den Betrieb fortzuführen."

Landwirte protestieren mit Traktoren und Plakaten bei den Kundgebungen wie hier in Steinsfeld. 
Foto: Wolfgang Aull | Landwirte protestieren mit Traktoren und Plakaten bei den Kundgebungen wie hier in Steinsfeld. 

Jochen Werner, Spargelbauer aus Steinsfeld, bedauerte im Gespräch mit der Redaktion, dass "die in der Stadt nicht wissen, was falsch läuft". Man sollte verbrauchen, was man erzeuge, und nur das importieren, was man zusätzlich benötige. Mit Sorge und größter Skepsis würden auch die Gespräche der EU mit den vier Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay über eine Freihandelszone beobachtet werden.

Haßurt: Kundgebung am Fuß der Hohen Wann

Schon von weitem waren am frühen Freitagabend bei einbrechender Dunkelheit die Warnblinkleuchten der Schlepper zu sehen, die unterhalb der Hohen Wann in der Nähe des Wanderparkplatzes zur Demonstration aufgereiht waren. Der BBV hatte zur Protestkundgebung eingeladen, die friedlich verlief. Viele Landwirte waren dem Ruf gefolgt.

Unter ihnen war auch Wolfgang Klemm aus Hofstetten bei Ebern. Er beweidet die Flächen rund um die Hohe Wann mit 400 Schafen. Mit seinem Betrieb bearbeitet er rund 100 Hektar Land. Der Wolf sei plötzlich Nebensache, meint er. Stattdessen rückten Diesel und andere Steuern in den Mittelpunkt. Die nächste Generation stehe bereits in den Startlöchern. "Wir können uns das nicht weiterhin gefallen lassen", betont Klemm.

Die Versammlung unterhalb der Hohen Wann bei Haßfurt verlief friedlich.
Foto: Martin Schweiger | Die Versammlung unterhalb der Hohen Wann bei Haßfurt verlief friedlich.

Ins selbe Horn stieß Landwirt Johannes Biertempfel aus Krum. Die Landwirte in Deutschland hätten es sowieso schon schwer und müssten unter den strengsten Bedingungen innerhalb der EU arbeiten. Während in anderen Ländern der Liter Agrardiesel 90 Cent koste, müsse der deutsche Bauer 170 Cent berappen. "Wir brauchen einheimische Lebensmittel", meint Biertempfel.

Landwirt Paul Schuler aus Krum befürchtet neben dem Wegfall der Dieselrückvergütung auch eine Besteuerung von landwirtschaftlichen Maschinen, wie Schlepper und Anhänger. Dann rechnet er mit Mehrkosten von 2000 bis 3000 Euro für seinen 30-Hektar-Betrieb. "So kann das nicht weitergehen. Dann hören wir halt auf", sagt er mit resigniertem Unterton in der Stimme.

Johannes Biertempfel aus Krum war einer der Organisatoren der Kundgebung.
Foto: Martin Schweiger | Johannes Biertempfel aus Krum war einer der Organisatoren der Kundgebung.

"Wir wollen ein Zeichen setzen, dass es mit der jetzigen Politik nicht so weiter geht", sagt Markus Schmitt vom Bauernverband mit Sitz in Hofheim. Es könne nicht sein, dass die Landwirte mithelfen sollen, das Haushaltsloch zu stopfen.

Rentweinsdorf: Knapp 100 Menschen kommen zu Mahnfeuer

Rund 100 Teilnehmende und 25 Traktorfahrer fanden sich am Wochenende auf dem Parkplatz in der Nähe des Sportgeländes in Rentweinsdorf ein. Auf ihren Fahrzeugen unterstrichen sie mit Plakaten ihre Kritik an den Belastungen durch die Vorhaben der Ampelregierung. "Achtung, hier fahren Arbeitsplätze – noch!" oder "Die Regierung macht uns tot. Auf die Straße für unser Brot!"

Die Demonstration, für die sich Walter Pfeufer und Raphael Streng aus Treinfeld verantwortlich zeichneten, verlief völlig ruhig. Auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger nahmen teil, mischten sich in die Gesprächsrunden und brachten ebenfalls zum Ausdruck, "dass es so nicht mehr weitergehen kann". Am Ende werde nämlich alles auf den Verbraucher umgewälzt.

Auf ihren Plakaten machten die Landwirte ihren Unmut über die Streichungspläne für die Landwirtschaft deutlich.
Foto: Günther Geiling | Auf ihren Plakaten machten die Landwirte ihren Unmut über die Streichungspläne für die Landwirtschaft deutlich.

Walter Pfeufer, Mitglied der BBV-Kreisvorstandschaft und BBV-Obmann von Treinfeld, zeigte an seinem Betriebe auf, was die Streichung der Dieselrückerstattung bei den Landwirten ausmachen würde. "Schon allein für meinen kleineren Betrieb bedeutet dies einen Verlust von 3000 Euro im Jahr, aber bei größeren Betrieben sind da schon bis zu 10.000 Euro pro Jahr im Spiel." Bei Biogasbetrieben könne diese Belastung sogar noch höher ausfallen.

Er verwies darauf, dass für das Leben drei Dinge wichtig sind: "Luft, Wasser und ausreichend Nahrungsmittel für eine Selbstversorgung im Land." Die Pläne der Bundesregierung mit der geplanten Streichung von Steuerentlastungen führten aber zu einer weiteren Verteuerung der Lebensmittel. Die Gefahr sind dann ein weiterer Abbau der heimischen Landwirtschaft mit regionaler Erzeugung von hochwertigen Lebensmitteln und mehr Billigimporte mit niedrigeren Standards."

Oberschleichach: Gesprächsrunden bei Mahnwache mit Feuer

Kein lauter Protest, sondern eine Mahnwache war die Kundgebung in Oberschleichach. Vorwiegend aus den Gemeindeteilen Oberaurachs, aber auch aus der Nachbarschaft kamen die Landwirte. Aber auch Bürgerinnen und Bürger nahmen Teil, um ihre ihre Solidarität auszudrücken.

Haupterwerbslandwirte im ursprünglichen Sinn gibt es in Oberaurach schon länger nicht mehr. Gerade aber klassische Nebenerwerbslandwirte treffen die Erhöhungen von Kosten empfindlich. Das bestätigte sich auch in den Gesprächen, die sehr angeregt am Mahnfeuer in Oberschleichach geführt wurden.

Viele Gespräche gab es bei der BBV-Mahnwache in Oberschleichach, zu der Ortsobmann Dieter Karg eingeladen hatte.
Foto: Sabine Weinbeer | Viele Gespräche gab es bei der BBV-Mahnwache in Oberschleichach, zu der Ortsobmann Dieter Karg eingeladen hatte.

Die Nebenerwerbslandwirtschaft in der Region hatte in den vergangenen Jahren eine gewisse Renaissance erlebt. Nachfolgende Generationen haben im Zuge der größeren Wertschätzung von regional erzeugten Lebensmitteln Betriebe übernommen, von denen die Eltern eigentlich dachten, dass sie die "letzte Generation" seien. Viele investieren einen Großteil ihrer Freizeit in dieses "Hobby". Wenn aber die Kosten davon laufen, "dann verpachten wir halt auch", erklärten einige junge Landwirte bei dem Treffen in Oberschleichach.

Auf den ersten Blick sei das kein Problem, doch beim Bemühen um die Landschaftspflege und auch bei der Pflege von Brauchtum spielen die Landwirte eine wichtige Rolle. Wenn es im Dorf keinen Traktor mehr gibt, merkt man das eventuell erst, wenn wieder der Mai- oder der Kirchweihbaum aufgestellt werden soll. Hochwasserschutz und gepflegte Wege, die auch Spaziergänger und Freizeitsportler schätzen, all das hänge mit einer funktionierenden, örtlich verwurzelten Landwirtschaft zusammen.

 
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  • Mike Rösler-Fischer
    Die CSU braucht nicht jetzt den unschuldigen spielen. In Bayern schon lange an der Macht aber meistens für die großen Betriebe gehandelt. Die EU ist der Totengräber für die kleinen und mittleren Betriebe.
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