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Würzburg
Würzburger Jurist zum "Generalstreik"-Aufruf gegen die Ampel: Arbeitsrechtlich ist das "Blödsinn"
Ab 8. Januar drohen Bahnstreiks und Bauernproteste, im Netz wird ein "Generalstreik" gefordert. Nur: Ist das in Deutschland erlaubt? Wer darf streiken und wann?
'Zum Streik aufrufen dürfen in Deutschland nur Gewerkschaften', sagt Bernd Spengler, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Würzburg.
Foto: Silvia Gralla | "Zum Streik aufrufen dürfen in Deutschland nur Gewerkschaften", sagt Bernd Spengler, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Würzburg.
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 18:42 Uhr

Die Bahn will wieder streiken, der Bauernverband ruft ab 8. Januar zu einer Protestwoche auf und die Spediteure wollen sich anschließen. Das allein klingt bereits nach Chaos. Nun kursieren in sozialen Netzwerken Aufrufe zu einem sogenannten Generalstreik, alle Berufsgruppen sollen demnach aus Protest gegen die Ampel-Regierung am kommenden Montag ihre Arbeit niederlegen.

Arbeitsrechtlich sei das "Blödsinn", sagt Bernd Spengler, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Im Gespräch erklärt der Würzburger Jurist, wo der Unterschied zwischen Streik und Protest liegt, warum er den Aufruf zum wilden Streik für gefährlich hält und welche Konsequenzen Teilnehmern drohen.

Frage: Herr Spengler, im Internet kursieren derzeit Aufrufe zu einem sogenannten Generalstreik am 8. Januar. Ist das in Deutschland erlaubt?

Bernd Spengler: Theoretisch wäre ein Generalstreik in Deutschland möglich – aber nur, wenn es um tarifvertragliche Regelungen geht und nicht um politische Proteste. Das Wesentliche eines Streiks ist, dass er zwischen Arbeitsvertragsparteien stattfindet: Der Zweck ist das Durchsetzen von Forderungen gegenüber Arbeitgebern. Ein Generalstreik wäre somit einzig erlaubt, wenn weite Teile der Arbeitnehmerschaft durch die Gewerkschaften zur Arbeitsniederlegung aufgefordert werden.

Entscheidend ist also, wer zum Streik aufruft?

Spengler: Richtig. Zum Streik aufrufen dürfen in Deutschland nur Gewerkschaften. Und Ziel eines Streiks muss es, wie gesagt, immer sein, Arbeitsbedingungen zu verbessern – und nicht Regierungen abzulösen. Der Aufruf zum Generalstreik aus Protest gegen die Ampel ist arbeitsrechtlicher Blödsinn.

Wer darf in Deutschland überhaupt streiken?

Spengler: Grundsätzlich haben alle Arbeitnehmer das Recht zu streiken und werden dabei von Gewerkschaften vertreten. Ausnahmen gibt es beispielsweise bei Beamten, die keinen Arbeitnehmerstatus haben und Einschränkungen zum Beispiel im Rettungsdienst beziehungsweise in Krankenhäusern.

Im Gesundheitswesen sind Streiks generell schwieriger zu organisieren, denn ein Streik muss verhältnismäßig sein. Er darf nicht die Allgemeinheit schädigen, sondern soll den Arbeitgeber unter Druck setzen, das ist der Gegner. Aus diesem Grund gelten beispielsweise in Krankenhäusern Notstandsregelungen, die die Behandlung von Notfällen sichern.

Und wann können Gewerkschaften zum Streik aufrufen?

Spengler: Streiks sind möglich, wenn ein Tarifvertrag ausgelaufen ist und die zukünftigen Arbeitsbedingungen vereinbart werden. Sobald ein Tarifvertrag geschlossen ist, gilt die sogenannte Friedenspflicht. Das bedeutet, für die Laufzeit des Tarifvertrages gibt es keine Möglichkeit mehr, zu streiken. So legt es das deutsche Streikrecht fest.

Ein politischer Protest ist kein Streik, sagt der Würzburger Jurist Bernd Spengler.
Foto: Silvia Gralla | Ein politischer Protest ist kein Streik, sagt der Würzburger Jurist Bernd Spengler.
Wo liegt der Unterschied zwischen einem Streik und einem Protest?

Spengler: Beim Streik geht es eben um Arbeitsbedingungen von Beschäftigten und er richtet sich gegen Arbeitgeber. Ein Protest richtet sich gegen eine politische Entscheidung. Entgegen mancher Äußerungen vom rechten Rand darf man in diesem Land jederzeit seine Meinung sagen und dafür auf die Straße gehen. Und selbstverständlich können die Landwirte gegen Maßnahmen der Bundesregierung protestieren – aber das ist politischer Protest und hat mit einem Streik nichts zu tun.

Welche Konsequenzen zieht der Unterschied nach sich? Sprich, was heißt das arbeitsrechtlich für diejenigen, die am Montag dem Generalstreik-Aufruf folgen wollen?

Spengler: Bei einem normalen Streik, den eine Gewerkschaft durchführt, darf ich als Arbeitnehmer teilnehmen, ohne dass mir arbeitsrechtlich irgendeine Gefahr droht. Sollte etwa die GDL im Tarifstreit mit der Bahn ab Montag zu Streiks aufrufen, können Lokführer die Arbeit niederlegen.

Nur: Wenn am 8. Januar aufgrund des dubiosen Aufrufs zum Generalstreik ein Arbeitnehmer sagt, "ich streike heute mal" und das seinem Arbeitgeber mitteilt, riskiert er im schlimmsten Fall eine fristlose Kündigung. Das ist aus meiner Sicht das Gefährliche an diesem Aufruf: Es wird der Anschein erweckt, dass es ein gewerkschaftlich gesteuerter Streik sei. Aber es gibt niemanden, der berechtigtermaßen dazu aufgerufen hat, ausgenommen eben im Bereich der Lokführer.

Also ist der in den Netzwerken angekündigte Generalstreik arbeitsrechtlich schlicht kein Streik?

Spengler: Genau. Natürlich hat jeder das Recht auf Demonstrationsfreiheit. Ich kann mir Urlaub nehmen, den Protest der Landwirte unterstützen und neben den Traktoren herlaufen. Oder als Gastronom meine Kneipe auf eigenes wirtschaftliches Risiko geschlossen lassen. Aber das ist eine Privatangelegenheit. Wer unentschuldigt der Arbeit fern bleibt, riskiert sein Arbeitsverhältnis.

Wäre es möglich, dass sich Gewerkschaften und Verbände branchenübergreifend zusammenschließen und es so zu einem Massenstreik kommt?

Spengler: Es ist theoretisch denkbar, dass nicht nur die GDL zu einem Streik für die Lokführer aufruft, sondern parallel dazu Verdi oder diverse weitere Gewerkschaften. Allerdings haben Tarifverträge unterschiedliche Laufzeiten. Damit ist es unwahrscheinlich, dass alle Arbeitnehmer ihre Bedingungen zeitgleich gegenüber den Arbeitgebern durchsetzen wollen und es zu einem echten Generalstreik kommt.

 
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  • Andreas Gerner
    Sie interpretieren unzulässig hinein.
    Das ist Ihr Ding, oder?
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  • Bernd Kleinwechter
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  • Frank Pfeffermann
    Vielleicht würde mal ein Blick darauf helfen, wie gut es uns eigentlich wirklich geht. Neben Protesten und Verurteilung von politischen Entscheidungsträgern wäre es auch einmal sinnvoll, darüber nachzudenken, wie sich jeder einzelne für die Demokratie und unsere Gesellschaft persönlich einsetzt. Engagiere ich mich ehrenamtlich vor Ort? Was tue ich für die Gemeinschaft jenseits meiner Berufsarbeit? Mir fehlt bei allen Protesten die Zukunftsperspektive und der positive Blick nach vorn. Nur jammern über die Situation und ein egoistisches Weiterso ist mir zu wenig!
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  • Andreas Gerner
    Speziell bei den Landwirten ist wohl jeder Verdacht, sie sein ehrenamtlich zu wenig engagiert, fehl am Platz.

    Ich stand gestern erst in einer Gruppe von 8 Landwirten zusammen. 7 davon bei der Feuerwehr (Freiwillig ehrenamtlich also ganz ohne Bezahlung!) und sogar 4 davon (inkl mir) Atemschutzgeräteträger. Ja das sind die, die wenn es brennt und alle anderen soweit sie können aus dem Haus rennen, in den Rauch und in die Flammen kriechen, um Sie und Ihre Liebsten raus zu tragen und das Feuer zu löschen.

    Ich habe 6 Ehrenämter und werde für keines bezahlt, nicht mal aufwandsentschädigt (nicht zu vergleichen mit Bürgermeister, Stadtrat usw).

    Und bin da alles andere als ein Einzelfall unter uns Landwirten.
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  • Matthias Braun
    Der Protest der Bauern ist gerechtfertigt. Der Aufruf in den sozialen Medien von Rechten Chaoten zum Generalstreik ist völliger Blödsinn. Die rechten AfD Chaoten unterwandern den Protest der Bauern. Das ist der eigentliche Mist an der Sache.
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  • Monika Klaus
    Dieser Aufruf ist politische Hetze von Gegnern der Demokratie!
    Und die Bauern und alle Teilnehmer merken nicht das sie instrumentalisiert werden.
    Wenn unsere Demokratie erst mal zerstört ist, gibt es keine rechtliche Kontrolle mehr und dann Gnade uns Gott - siehe Russland.
    Und überhaupt KEINE Subventionen mehr liebe Bauern!
    Christine Behringer
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  • Gerhard Kreßmann
    Teil eins ihres Kommentars teile ich vollkommen. Nur - die Bauern erhalten keine Subventionen, sondern Preisausgleichszahlungen. Wenn der Verbraucher nicht immer die Billig-Lebensmittel bevorzugen würde könnten die Landwirte auch von dem leben was sie erwirtschaften. Alle streiken für höhere Löhne nur die Landwirte sollen immer weniger bekommen.
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  • Jürgen Huller
    Auch Ihr Kommentar ist nur teilweise richtig: Die Steuerrückzahlung auf Agrardiesel wurde eingeführt, um die deutsche Land- und Forstwirtschaft im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten wettbewerbsfähig zu halten. Es ging dabei vor allem um den EXPORT von LW Produkten.

    Die Leier mit dem Verbraucher hier, der nur billig-billig fressen will, ist so nicht die alleinige Wahrheit. Der Verbraucher zahlt das, was es kostet - weil er gar keine andere Wahl hat. Würde es in den Läden keine billigen Lebensmittel geben, würde man eben kaufen, was da ist. Zum Preis, der gefordert wird.

    Fragen Sie doch mal Ihren Bauernverband oder Ihre eG, warum sie Ihre Produkte so billig an die großen Handelskonzerne verramschen!
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  • Andreas Gerner
    Falsch.
    Wettbewerbsfähigkeit bezieht sich nicht auf Export.
    Da geht es darum, welche Herkunft im Supermarktregal um die Ecke liegt Und vor allem, welche in der Rezeptur der Verarbeiter vorkommt, oder eben ersetzt wird durch den billigeren Import.

    Export ist bei nur noch 80% bilanziertem Selbstversorgungsgrad Utopie.
    Nur 5 relevante Nahrungsprodukte werden in Deutschland (wegen da guter Voraussetzungen) mehr als 100% des Bedarfs erzeugt.
    Zucker,
    Milch und Milchprodukte
    Kartoffeln (heuer vielleicht nicht)
    Weichweizen (aber gesamt Getreide unter 100%)
    Schweinefleisch (noch)

    ALLES Andere (Hopfen zähle ich jetzt mal nicht als Nahrung) führt D mehr ein, als aus. Ist also der Selbstversorgungsgrad unter 100%.

    -

    Die Märkte sind offen und Zölle abgeschafft. Der Verbraucher und vor allem der Verarbeiter hat die Wahl und wird sie immer haben.

    Soll die nachhaltige Erzeugung zu unseren Standards vor Ort bleiben, muss es (leider) einen Ausgleich geben. Sonst lasst Euch Importfraß schmecken !
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  • Jürgen Huller
    Was den Verbraucher betrifft: Der Verbraucher ist der KUNDE des Landwirtes.

    Als Hersteller eines Produktes ist es sicher nicht zielführend, seinen Kunden die Schuld zu geben, wenn das Geschäft nicht so läuft, wie man will. Das ist in 99,99% der Fälle garantiert NICHT zutreffend.

    Den Preis bestimmt NICHT der Verbraucher, sondern die Lebensmittelkonzerne. Das hat die Teuerung der letzten Jahre deutlich gezeigt. Glauben Sie, der Verbraucher zahlt jetzt FREIWILLIG deutlich mehr als vor einem Jahr für Lebensmittel? Weil er den Preis bestimmt? Sicher nicht. Er hat keine Wahl!

    Hier muss angesetzt werden. Wenn alle Erzeuger Druck auf die Konzerne machen würden... hier wäre Zusammenhalt gefragt. Nur haben EURE Interessenvertreter dazu keinen Bock. Das ist euer Problem. Bei den Bauern gibt es keine Aufsichtsratspöstchen und Lustreisen zu gewinnen.

    Lieber Straßen sperren und gegen Gott und die Welt wettern. Das Problem bleibt bestehen. Auch nach einem Regierungswechsel.
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  • Arnold Friedrich
    Herrn Gerner dann fangt an Kaffee, Kakao, Zitrusfrüchte, Bananen usw usw anzubauen.
    Sie können den Leuten nicht vorschreiben Kartoffel , Wirsinggemüse , Karotten oder Grünkohl zu essen.
    Und zu dem Thema regional einkaufen ! wenn Sie Dünger oder Betriebsstoffe einkaufen und bekommen von ihrem Händler dafür ein Angebot werden sie auch nicht fragen wo er herkommt.
    Wenn der Preis passt kaufen Sie den Dünger auch aus China .
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  • Michael Zink
    Natürlich sind das Subventionen. Unabhängig davon, wie es genannt wird und wie sinnvoll es ist.
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  • Stefan Wolz
    Generalstreik? Ich denke es würde ausreichen, wenn alle Bürgergeld beantragen, das Geschlecht im Ausweis ändern lassen wollen oder sonst irgendwelche" Ideen"der Regierung in der Praxis umsetzen.
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Wer Klimaschutz bloß als "Idee" sieht, ist für mich selbst ein Ide-ologe.
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  • Stefan Wolz
    Wo habe ich mich auf Klimaschutz bezogen?
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Was meinen Sie denn sonst mit "Ideen" der Regierung?
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