Am Wind liegt es nicht: Der hat in den letzten Jahren ordentlich über dem Sailershäuser Wald geblasen. Sprich, die hier stehenden Windkraftanlagen genug Strom erzeugen lassen, um das Soll ihrer Planer und Betreiber zu erfüllen. Da hatten die Gegner des Windparks für das "Schwachwindgebiet" nordwestlich von Haßfurt einst ganz andere Befürchtungen. Nie und nimmer würden die Windenergieanlagen wirtschaftlich arbeiten, lautete die Prophezeiung der Bürgerinitiative, die sich gegen die Windkraftnutzung im Waldgebiet von Sailershausen formiert hatte.
Diese Vorhersage hat sich auch nach sechs Betriebsjahren nicht bewahrheitet. Doch nicht jeder, der Geld in die regenerative Stromerzeugung bei Sailershausen gesteckt hat, ist mit seiner Dividende zufrieden. Es haben sich enttäuschte Genossinnen und Genossen der BürgerEnergiegenossenschaft Haßberge eG (BEG) bei der Redaktion gemeldet.
Es ist diese 2012 in der Kreisstadt gegründete BEG, über die sich im Landkreis Haßberge lebende Privatpersonen am Windpark beteiligen konnten. Die Genossenschaft setzt auf erneuerbare und zugleich einheimische Energiequellen. Die Wertschöpfung daraus soll in der Region bleiben, Kommunen und Bevölkerung daran verdienen können. Die BEG ist eine von fünf Gesellschaftern der "Bürgerwindpark Sailershäuser Wald GmbH & Co KG", die den Windpark betreibt. Ihr Anteil beträgt 25 Prozent.
Windpark-Anleger: "Meilenweit von dem entfernt, was man uns in Aussicht gestellt hat"
Ende 2015 ist der Windpark in Betrieb gegangen. Das Jahr zuvor hatte die BEG Anlegerinnen und Anleger in einem Werbeschreiben wie folgt gelockt: "Wir gehen konservativ auf die Laufdauer des Projektes (20 Jahre) von einem Ertrag von 3 bis 5 Prozent aus." In Wirklichkeit waren es bisher im Mittel der zurückliegenden Betriebsjahre nur rund 1,5 Prozent. "Das ist meilenweit von dem entfernt, was man uns in Aussicht gestellt hat", klagte dieser Tage ein Genosse im Gespräch mit dieser Redaktion.
Bei der BEG ist man verwundert über die Kritik. Vorstandsvorsitzender Gunter Häckner erinnert nicht nur an die einstimmige Wiederwahl von Vorstand und Aufsichtsrat im vergangenen August - für ihn ein Ausdruck des Vertrauens und der Zufriedenheit der Mitglieder. Er erwähnt auch eine lange Liste an Bestandskunden, "die ihre Anteile sogar erhöhen möchten".
Bleibt aber doch der Unterschied zwischen der erhofften Rendite und dem tatsächlich Gewinn, selbst in Jahren mit überdurchschnittlichen Windverhältnissen. 2020 war so ein Jahr. Es lag mit einer "Ernte" von 56,3 Millionen Kilowattstunden (KWh) deutlich über dem Sollwert von 50,8 Millionen KWh. Das Geschäftsjahr hat die Betreibergesellschaft mit einem Plus von rund einer halben Million Euro abgeschlossen. Und der BEG gemäß ihrem Anteil ein Viertel vom Kuchen aufs Kapitalkonto überwiesen. Und die Dividende für die rund 450 Mitglieder? Um die 1,65 Prozent. Für Gunter Häckner stehen dahinter "vorab bekannte und einkalkulierte rein bilanzielle Anlaufverluste des Windparks."
Die BEG: In der Anfangszeit von "honorigen Lokalpolitikern" geführt
Bernd Bullnheimer aus Ebern ist Unternehmensberater. Der promovierter Betriebswirt sitzt im Aufsichtsrat der BEG. Er spricht von gewissen Missverständnissen, die in der Anfangsphase der Gesellschaft aufgetaucht seien, als vor allem "honorige Lokalpolitiker" das Zepter in der Hand hielten. Da seien manche Wissenslücken der Mitglieder in Sachen Genossenschafts-, Handels- oder Bilanzrecht nicht ausgeräumt worden. Etwa, dass die BEG in den ersten beiden Geschäftsjahren gar keine Dividende ausschütten durfte, weil es keine Gewinne gegeben habe. Beziehungsweise Erlöse in die Schaffung stiller Reserven für den späteren Rückbau der Generatoren geflossen seien. All das habe er in der letzten Hauptversammlung noch einmal erklärt, "aber da war natürlich nicht jeder dabei", sagte Bullnheimer.
Norbert Zösch, Geschäftsführer der Bürgerwindpark Sailershäuser Wald GmbH & Co KG, sieht ebenfalls keinen Grund zur Beunruhigung. Es sei völlig normal, dass auf erste Jahre mit hohen Anlaufkosten Zeiten mit ordentlichen Gewinnen folgten. Für Zösch ist das 45-Millionen-Euro-Projekt schon jetzt ein Erfolgsmodell: Bereits in drei oder vier Jahren wollen die Investoren die Nettodarlehenssumme von 13 Millionen Euro zurückgezahlt haben. Dann komme auch die Zeit der höheren Dividenden. "8 bis 10 Prozent könnten es am Ende der 20-jährigen Laufzeit sein", macht der Ingenieur Hoffnung. In jedem Fall würde das die mageren Anfangsjahre ausgleichen. "Dem Windpark geht's hervorragend, er läuft wie geschmiert und produziert Cash", betont auch Bernd Bullnheimer.
Neue Genossinnen und Genossen müssen ein Aufgeld zahlen
Fließt also schon bald das dicke Geld? Dann könnte es zu einer Neiddebatte innerhalb der BEG kommen: Der Bürgersolarpark, der voraussichtlich im Herbst in Sand am Main in Betrieb geht, dürfte die Zahl der Genossinnen und Genossen deutlich anwachsen lassen. Interessenten wird schon jetzt eine "angestrebte Dividende" von 3 Prozent in Aussicht gestellt - und zwar ab Beginn der Beteiligung.
Da sieht sich der eine oder andere Anleger der ersten Stunde benachteiligt. Doch Gunter Häckner und Bernd Bullnheimer kontern. Um den gestiegenen Wert der Anteile abzubilden, bezahlen Neulinge eine 15-prozentige "Eintrittsgebühr". Wer die Maximalinvestition von 20.000 Euro tätigt, muss also weitere 3000 Euro mitbringen, die am Ende der Laufzeit nicht zurückerstattet werden. Mit diesem Aufgeld sei ein Ausgleich für "die Genossen hergestellt, die sich von Anfang an beteiligt haben und die Anlaufphase und auch das Anfangsrisiko der Genossenschaft mitgetragen haben", findet Vorstandsvorsitzender Häckner.
Der Ingenieur stellt zudem klar, dass sich die Mitglieder nicht für einzelne Projekte entscheiden können, sondern an allen Erträgen beteiligt sind, die aus dem Anlagenbestand und den Beteiligungen erwirtschaftet werden. Einziges bestehendes BEG-Projekt ist neben dem Windpark Sailershausen die Photovoltaik auf dem Krankenhaus Haßfurt.
Es geht nicht nur ums Geld, sondern auch um Klima und Energieautarkie
Dass der Windpark seinen Investorinnen und Investoren auf Sicht der 20 Jahre gutes Geld bringen wird, daran zweifelt Norbert Zösch nicht. Im Gespräch mit der Redaktion erinnerte er aber an zwei mindestens ebenso wichtige Gesichtspunkte: Die Unmengen an Kohlenstoffdioxid, die seine Stromproduktion jedes Jahr vermeidet. Und die Energieautarkie des Landkreises, zu der er einen erheblichen Beitrag leistet. Was er sich nie habe vorstellen können, das führe nun der Krieg in der Ukraine vor Augen: Dass ganze Landstriche von der externen Energieversorgung abgeschnitten sein könnten. "Gut, dass bei uns im Landkreis da ein Inselbetrieb möglich ist."
Warum klärt man das nicht innerhalb der Gesellschaft bzw warum läuft das hier über öffentliche Textnachrichten?!
Vielleicht gibt es ja Möglichkeiten, die unzufriedenen Teilnehmer irgendwie auszutauschen und damit für beide Seiten zufriedenstellend eine Trennung vorzunehmen?!
Mit Verlaub, das klingt nach völlig entglittener Kommunikation, die dem Projekt, den Teilnehmern und dem Landkreis nicht gut tut... Und der Energiewende sicher auch nicht.
https://www.northdata.de/B%C3%BCrgerwindpark+Sailersh%C3%A4user+Wald+GmbH+%26+Co.+KG,+Ha%C3%9Ffurt/Amtsgericht+Bamberg+HRA+11803