Es gibt einen Grund zur Freude beim Haßfurter Stadtwerk und bei den Bürgern, die in den Windpark im Sailershäuser Wald investiert haben: Derzeit läuft es richtig gut bei der Stromerzeugung mit Windkraft. 2019 war ein gutes Jahr mit überdurchschnittlichen Erträgen. Und bisher sieht es so aus, als könnte 2020 ein noch besseres Geschäftsjahr werden.
Denen, die dem Windpark Unwirtschaftlichkeit vorwerfen, dürften damit immer mehr die Argumente ausgehen. Noch vor einigen Jahren hatte eine Bürgerinitiative massiv Stimmung gegen den Windpark gemacht. Mittlerweile sind die Windkraftgegner mit mehreren Versuchen, gegen die Anlagen zu klagen, vor Gericht gescheitert. Schließlich kam es es zu einer außergerichtlichen Einigung. Bei der anfänglichen Kritik an der Wirtschaftlichkeit des Windparks spielte es den Gegnern der Anlagen im Sailershäuser Wald in die Karten, dass ausgerechnet 2016, das erste durchgehende Betriebsjahr, ein eher schwaches Windjahr war.
Sturm- und Orkanböen bringen hohe Erträge
Nun bestätigt sich hingegen immer mehr, was Stadtwerksleiter Norbert Zösch bereits damals gesagt hatte: Die Menge an Wind, die in einem Jahr zusammenkommt, schwankt so stark, dass es nichts bringt, sich die Erträge eines Windparks in einem einzelnen Jahr anzuschauen, um die Wirtschaftlichkeit der Anlagen zu beurteilen. Denn der erwartete Jahresertrag ist ein mehrjähriger Durchschnittswert, von dem die Ausbeute eines Jahres stark abweichen kann – sowohl nach oben als auch nach unten.
Dass 2019 in ganz Deutschland ein gutes Jahr für die Windkraft war, liegt vor allem an einer sehr stürmischen Übergangszeit zwischen Winter und Frühling. Besonders im März war es sehr windig bis hin zu Sturm- und Orkanböen, wie Gudrun Mühlbacher vom Deutschen Wetterdienst erzählt. Das lag an mehreren Sturmtiefs, die in dieser Zeit über Europa zogen.
Sturmtiefs im Norden lassen auch im Süden den Wind wehen
"Die sind zwar vor allem über Nordeuropa gezogen, aber die Auswirkungen waren auch weiter im Süden spürbar", berichtet sie. Sieben Tiefs über Europa, die auch in Deutschland für teils heftige Stürme sorgten, listet der Deutsche Wetterdienst für März 2019 auf. Die meisten davon zogen über Skandinavien und die Britischen Inseln. Den südlichsten Weg nahm Tief "Eberhard", das über Deutschland und die Niederlande zog.
Zwar war der Sommer dann eher windarm, doch mit den Orkanböen im März und einem ebenfalls leicht überdurchschnittlich windigen Herbst war 2019 insgesamt ein überdurchschnittliches Jahr für die deutschen Windkraftanlagen. Das zeigt sich auch in den Zahlen des Bürgerwindparks Sailershäuser Wald: Statt des Sollwerts von 50,8 Millionen Kilowattstunden kamen im vergangenen Jahr knapp 55,9 Millionen Kilowattstunden zusammen. Im Sommer lag der Ertrag zwar unter dem Soll-Ergebnis, im Frühjahr und Herbst allerdings darüber. Den stärksten Ausschlag gab es im März, in dem die Windräder gut 45 Prozent mehr Strom erzeugten, als in diesem Monat üblich wäre.
Wind und Sonne ergänzen sich gut
Die Energieversorger setzen bei einem Windpark nicht für alle zwölf Monate den gleichen Soll-Ertrag an. Vielmehr rechnen sie damit, dass der Winter wesentlich windiger ist als der Sommer. So geht beispielsweise das Stadtwerk Haßfurt für den Sailershäuser Windpark von einer Ausbeute von gut sechs Millionen Kilowattstunden in einem durchschnittlichen Januar aus, aber nur von knapp drei Millionen in einem normalen August.
"Deswegen ergänzt sich die Windkraft sehr gut mit der Photovoltaik", spricht Stadtwerksleiter Norbert Zösch die andere große Form der erneuerbaren Energie an: Gerade in den windschwächeren Monaten scheint häufiger und länger die Sonne. Der Rest der Schwankungen könnte sich durch Möglichkeiten zur Energiespeicherung auffangen lassen, an denen momentan noch geforscht wird.
Nur Wartungsarbeiten, keine Ausfälle
Gut für das Jahresergebnis des Windparks im Sailershäuser Wald sei auch die hohe Verfügbarkeit der Anlagen gewesen: Insgesamt 98 Prozent der Zeit konnten die Windräder betrieben werden. Während der übrigen zwei Prozent mussten sie wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet bleiben. Ausfälle der Windräder gab es nicht, berichet Zösch.
So konnte der Stadtwerksleiter vor zwei Wochen bei der Gesellschafterversammlung des Windparks sehr positive Zahlen präsentieren – auch wenn die Veranstaltung, bedingt durch die Corona-Pandemie, nicht in Form eines persönlichen Treffens abgehalten werden konnte. Stattdessen trafen sich die Gesellschafter zu einer Online-Konferenz. Die Beschlüsse, die alle Beteiligten unterzeichnen müssen, sollen nun im Umlaufverfahren gefasst werden.
Insgesamt kam der Windpark im Jahr 2019 auf einen Umsatzerlös von gut 4,9 Millionen Euro. Nach Abzug von Wartungskosten, Pacht und Abschreibung bleibt ein Jahresüberschuss von 516 000 Euro.
2020: Die Herbststürme kommen erst noch
Noch besser hört es sich an, wenn Zösch über das aktuelle Jahr spricht: "2019 war ein gutes Jahr, wir erwarten ein sehr gutes Jahr 2020." Deutschlandweit lag der Anteil der erneuerbaren Energie im Schnitt bereits bei 55 Prozent. Zösch räumt allerdings ein, dass dieser hohe Anteil auch zu einem Teil dem insgesamt gesunkenen Stromverbrauch geschuldet ist, zu dem der wirtschaftliche Einbruch infolge der Corona-Krise geführt hat.
Dennoch: Beim Windpark Sailershäuser Wald lag der Ertrag in den ersten sieben Monaten des Jahres weit über dem Soll-Wert. Schon von Januar bis Juli hat der Windpark im Sailershäuser Wald 37 Millionen Kilowattstunden Strom produziert, und dabei stehen die windreichen Herbstmonate noch aus. In diesem Jahr war es bisher vor allem der Februar, der einen massiven Ausschlag nach oben brachte: Mit fast 9,5 Millionen Kilowattstunden lag der Monat ganze 76 Prozent über dem erwarteten Ergebnis.
Norbert Zösch freut sich auch, dass es dem Windpark offenbar gelingt, schon 2020, also in seinem fünften Betriebsjahr, die Eigenkapitalquote zu überschreiten. "Nächstes Jahr sind wir in der Gewinnzone", freut sich der Stadtwerksleiter.