Malerisch am Fuß der Haßberge liegt der Ort Birnfeld. Er gehört seit 1978 zum Markt Stadtlauringen. Da der Altlandkreis Hofheim aufgelöst wurde, wechselte man schon 1972 – damals noch als selbständige Gemeinde – im Rahmen der Gebietsreform in den Landkreis Schweinfurt. Birnfeld war bereits bei den Würzburger Fürstbischöfen sehr beliebt, bot es doch einen idealen Startpunkt für verschieden Jagdtouren in die dichten Wälder der Haßberge.
Die heutige Sage aus dem Mittelalter dreht sich um ein sehr angesehenes Ehrenamt, das bis zum heutigen Tag in Bayern hochgehalten wird: der Feldgeschworene, in Franken auch "Siebener" genannt, früher auch "Feldschieder".
Longin Mößlein aus Gerolzhofen war über 40 Jahre lang (1973-2014) Kreisheimatpfleger für den südlichen Landkreis Schweinfurt. Sein Buch "Die Siebener im Landkreis Schweinfurt", eine historische Kärrnerarbeit aus dem Jahr 1994, gilt bis heute als Standardwerk über das Ehrenamt der Feldgeschworenen, weit über Unterfranken hinaus.
Birnfelder Burschen machen nach Kirchweih schaurige Entdeckung
Neben Ursprung, Geschichte und Tradition dieses Ehrenamts, überliefert er auch einige Sagen. Sie beschreiben recht gruselig die Strafen und Folgen von falschen Grenzsetzungen oder vom Bruch des Siebenergeheimnisses, das bis heute auf Lebenszeit gewahrt werden muss. Eine recht bekannte Geschichte ist die vom "ungetreuen Feldschieder von Birnfeld".
Sie wird bis heute in folgender Weise erzählt: Es begann mit dem Besuch einiger Birnfelder Burschen auf der Nassacher Kirchweih. Nassach – heute ein Ortsteil der Gemeinde Aidhausen im Landkreis Haßberge – liegt nur gut zwei Kilometer südöstlich von Birnfeld. Drei der jungen Männer machten sich nach ausgelassenem Kirchweihtanz mitten in der Nacht betrunken auf den Heimweg.
Auf der Anhöhe des Hahnsberges, schon fast auf Birnfelder Gemarkung, gerann ihnen plötzlich das Blut in den Adern: Sie erblickten eine weiße Gestalt, die einen großen Stein hinter sich her schleppte und dabei ständig vor sich hin seufzte: "Wenn ich nur wüsste, wo ich ihn hintun soll!" War das ein Gespenst? Den Burschen wurde es unheimlich und sie hatten große Angst.
Wie Birnfelder den Feldschieder erlösen können
Keinen Schritt trauten sie sich weiter, sie schienen wie gelähmt beim Anblick des schaurigen Wesens. Doch einer machte den ersten Schritt und sie rannten so schnell sie konnten hinunter nach Birnfeld. Die weiße Gestalt war ein untreuer Siebener. Lange vor diesem unheilvollen Abend habe er als Feldschieder ein falsches Urteil über eine Grenze gesprochen und einen Markstein falsch gesetzt.
Nach seinem Ableben muss er fortan in jeder Nacht mit dem Grenzstein auf den Schultern die Grenze zwischen Birnfeld und Nassach ablaufen. Alle einhundert Jahre darf er sich einem Birnfelder zu erkennen geben. Wenn ihm ein Birnfelder antwortet: "Tu ihn dahin, wo du ihn hergenommen hast", sei er vom jahrhundertealten Fluch erlöst. Kommt jedoch keine Antwort, so muss der ruhelose Feldschieder weitere hundert Jahre warten, bis wieder ein Birnfelder seine Wege kreuzt.
Diese Sage diente in früheren Zeiten nachdrücklich als Warnung gegen falsches Abmarken von Feldgeschworenen, auch beim Bruch ihres Siebenereides. Ob der Birnfelder Feldschieder bereits erlöst wurde, ist nicht überliefert. Übrigens: Birnfeld gilt auch heute noch als Ausgangspunkt für schöne Wandertouren in die angrenzenden Haßberge. Kurioserweise kann man auf kurzem Weg zwischen Birnfeld und Nassach drei Landkreisgrenzen überqueren: Schweinfurt, Haßberge und Rhön-Grabfeld. Und sollte man dem ungetreuen Feldschieder begegnen, weiß man jetzt, was es mit ihm auf sich hat.
In Teil 6 unserer kleinen Serie geht es um die drei Wasserjungfrauen vom Schwarzen Loch bei Sennfeld.