"Wir am Main": Die gut 2,5 Millionen Menschen, die an Frankens großer Lebensader zuhause sind, sollen ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln, ob ihr Haus nun in Bad Berneck, Bergrheinfeld oder Aschaffenburg steht. Oder in der Gemeinde Knetzgau: Hier hat im Alten Rathaus am 1. Februar "geMAINsam", die Koordinierungsstelle Bayerischer Main", die Arbeit aufgenommen. Ihr Ziel ist es, zusammen mit allen Anrainern und Akteuren am Main ein starkes Netzwerk zu schaffen: Um Identität zu stiften, um gemeinsam Herausforderungen wie den Klimawandel besser zu meistern oder vereint auf verändertes Freizeitverhalten der Bürger zu reagieren. Und um als Gemeinschaft höheres politisches Gewicht in die Waagschale zu werfen.
Lob von Landrat Wilhelm Schneider
Die Idee zu "geMAINsam", die vor ein paar Jahren im Knetzgauer Rathaus geboren wurde, fanden schon damals viele Beobachter interessant; weil die Initiative aber nicht von einer der großen Städte am Main ausging, wurden dem Projekt nicht allzu große Erfolgsaussichten eingeräumt. "Wer aber die Gemeinde Knetzgau kennt weiß, dass man sich dort nicht abhalten lässt, wenn man sich etwas in den Kopf gesetzt hat", würdigte am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz Landrat Wilhelm Schneider das außergewöhnliche Engagement der Maintalkommune und ihres Bürgermeister Stefan Paulus.
Paulus selbst sprach von langjähriger Netzwerkarbeit, unzähligen Besprechungen, Konferenzen und Workshops, die nötig waren, um die elf Landkreise und fünf kreisfreien Städte am bayerischen Main sowie die hier agierenden Verbände, Organisationen und Initiativen hinter sich zu vereinen. Was wiederum Voraussetzung war, um an die nötigen Fördermittel zu kommen. Im letzten November war es dann schließlich soweit: Da überreichte das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat einen Förderbescheid über 300 000 Euro an die Gemeinde Knetzgau und das Flussparadies Franken (Bamberg), beide teilen sich die Verantwortung für "Koordinierungsstelle Bayerischer Main". Knetzgau hatte zu dem Zeitpunkt eigenen Angaben zufolge bereits 130 000 Euro an eigenen Mitteln in das Projekt gesteckt.
"Hervorragende Kontakte": Marc Heinz ist Projektleiter
Spätestens mit dem Startschuss von "geMAINsam" jetzt im Februar weiß die Öffentlichkeit auch, wer die Koordinierungsstelle besetzt: Projektleiter ist Marc Heinz, der kein Unbekannter im Haßbergkreis ist. Der 47-Jährige, der in Königsberg lebt, war zuvor drei Jahre lang Stadtmanager von Haßfurt, wo er sich in seiner Arbeit allerdings oftmals eher ausgebremst sah. Heinz hat an ganz verschiedenen Orten am Main gelebt und gearbeitet, in Mainz, Aschaffenburg, Miltenberg oder Bamberg. "Die dort lebenden Menschen wie auch die wunderschöne Flusslandschaft sind mir ans Herz gewachsen", sagte der Projektmanager am Mittwoch. Er sieht sich gut gerüstet für die kommenden Herausforderungen, weil er als Eventmanager, Journalist, Marketingleiter oder Hochschuldozent über nationale und internationale Erfahrung und "hervorragende Kontakte" verfüge.
Simone Kolb: "Die Marke Main bekannter machen"
Ab April wird Simone Kolb aus Michelau im Steigerwald die Koordinierungsstelle verstärken. Die 39-Jährige, die ein duales Studium im Bereich Handel absolviert hat, war bis vor kurzem in der Verwaltung von Prichsenstadt und dort vor allem im Bereich Tourismus tätig. Sie freue sich ganz besonders darauf, "die Marke Main mit Hilfe der vielfältigen digitalen Möglichkeiten bekannter zu machen", erklärte Kolb am Mittwoch.
Bambergs Landrat Johann Kolb, der Knetzgau am Mittwoch in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Flussparadieses Franken einen Besuch abstattete, malte sich zwar aus, "dass das Projekt in ganz Deutschland hohe Wellen schlagen wird". Aber Landratskollege Schneider, übrigens stellvertretender Vorsitzender beim Flussparadies, bemühte als Ausdauersportler einen Vergleich mit dem Marathon: "Der Startschuss ist gefallen, aber wir sind noch nicht weit von der Startlinie entfernt."
Es stehen zwei intensive Jahre bevor
Will heißen: In den zwei Jahren, in denen der Freistaat die Koordinierungsstelle erst einmal finanziert, müssen Erfolge her. Es mag zwar schwer messbar sein, inwieweit es gelingt, dass sich eine Kommune, ein Fischereiverband oder ein Motorbootclub nicht mehr nur als geografischer oder fachlicher "Teilbereich" des Mains sehen, sondern als Bestandteil der Gemeinschaft "Wir am Main". Aber ob bestimmte Projekte, für die die "geMAINsam"-Schaltzentrale Plattform sein soll, in die richtige Richtung laufen, dafür wird es Gradmesser geben. Wie kann so ein Projekt, wie könnte die geforderte Vernetzung aussehen?
Dazu nannte Bürgermeister Paulus Beispiele: Entlang des Mains gibt es die verschiedensten Strände oder Freizeitparcours, "aber deren Angebote sind überhaupt nicht aufeinander abgestimmt". Hier wäre es die Aufgabe von Marc Heinz und Simone Kolb, die vielfältigen Initiativen in Verbindung miteinander zu bringen. Im Sinne der Entwicklung des "Wir-Gefühls" könnten junge Menschen von überall am Main her in Kurzvideos erklären, wie sie sich ihr Wohnen, Leben, Arbeiten und die Freizeit am Fluss für die Zukunft vorstellen. Aber es geht auch darum, was heute schon auf lokaler Ebene gegen die zunehmende Trockenheit im Maintal getan wird - und ob sich daraus nicht gemeinsame Handlungsstrategien ableiten lassen.
Im Idealfall macht der Staat eine feste Einrichtung daraus
Im Idealfall arbeitet die Koordinierungsstelle so gut, dass die Staatsregierung sie zu einer festen Haushaltsstelle an einem Ministerium macht. Dann müsste man nicht immer wieder um eine neue Finanzierung kämpfen, blickte Anne Schmitt, die Geschäftsführerin des Flussparadieses Franken, nach vorne. Vielleicht wird die "große Mainkonferenz" dafür ausschlaggebend, die man in Knetzgau in den nächsten zwei Jahren ebenfalls vorbereiten will. Mit allen Akteuren am Main, was es auf Initiative des Bundesverkehrsministerium schon vor über zehn Jahren einmal gab. Mit vielen Ergebnissen, wie sich Paulus erinnerte, "aber danach hat sich nichts mehr getan."
Auch das Ziel "MIZ 359" wird weiterverfolgt
Und parallel zu allen anderen Anstrengungen wird die Knetzgauer Koordinierungsstelle auch noch auf ein weiteres Ziel hinarbeiten: Dass das Maininformations- und Erlebniszentrum kommt, das MIZ 359, ein Ort, in dem Laien alles Wissenswerte rund um den Main lernen und im wahrsten Sinne des Wortes begreifen sollen. Und ein Tagungsort, an dem sich Fachpublikum mit allen Facetten des Flusses befassen kann, ob Güterschifffahrt, Fischerei, Wassersport, Trinkwasserversorgung oder Gewässerökologie.
Grundsätzlich kämen für das MIZ die verschiedensten Standorte in Frage, sagte Projektmanager Heinz. Doch Landrat Schneider machte unmissverständlich klar, wo das Zentrum seiner Meinung nach hingehört: Nirgendwo anders als nach Knetzgau, wo das MIZ nicht nur erdacht wurde, sondern wo auch schon längst detaillierte Pläne für den Informations- und Erlebnisort auf dem Standort der vor dem Abriss stehenden Franz-Hofmann-Halle in der Schublade liegen.