
Der Österreicherin Birgit Brunner gehörte jene Hündin, die im Sommer 2022 bei Knetzgau im Landkreis Haßberge von einem Jäger erschossen wurde. Nach dem Verlust von Mara musste sich der Schütze im Prozess verantworten - erst am Amtsgericht Haßfurt, dann am Landgericht Bamberg. Seit Februar 2025 ist der Jäger rechtskräftig verurteilt. In den Augen von Birgit Brunners ein Erfolg für das Allgemeinwohl.
Im Gespräch erzählt die 54-Jährige nun, wie sehr der Tod des Tieres sie beschäftigt hat, weshalb sie für den Jäger auch Mitleid empfindet - und wie sie ihre neue Hündin Laika kennengelernt hat.
Birgit Brunner: Über eine Nachricht auf Whatsapp. Am Freitag waren wir noch in der Gerichtsverhandlung, das Urteil hat der Richter aber erst am Montag verkündet. Zu dem Zeitpunkt waren wir schon wieder zu Hause in Österreich.
Brunner: Es war fast anzunehmen, dass es so kommt. Bei all den Fakten, die auf dem Tisch lagen, hätte mich alles andere sehr verwundert. Gleichzeitig war ich erleichtert und froh.
Brunner: Nein, Rachegelüste hatte ich nie. Das sind nicht meine Gedankengänge. Ich wünsche dem Menschen nichts Böses. Mir ging es bei all dem um etwas anderes. Jemand, der wie in unserem Fall so schnell am Abzug ist, sollte meiner Meinung nach keine Waffe tragen dürfen.
Brunner: Das ist richtig so! Nach dem Tod von Mara haben wir viele Geschichten gehört, in denen Hundebesitzer von Einschüchterungsversuchen durch den Jäger berichtet haben. Solche Menschen sind für das Allgemeinwohl gefährlich. Mit Waffe umso mehr.
Brunner: Ich war verwundert. Die Fakten haben eindeutig gegen ihn gesprochen. Auch wenn man versucht, alle Emotionen herauszulassen und den Fall objektiv zu betrachten, sieht man: Ein Freispruch war unmöglich.
Brunner: Nein. Er hat nie versucht, zu mir irgendetwas zu sagen. Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, dass er mir bei den Gerichtsverhandlungen aus dem Weg geht. Im zweiten Prozess standen wir uns plötzlich gegenüber, da dachte ich mir: Jetzt sprichst du ihn an! Ein Mensch macht Fehler, aber wenn ich merke, dass das ein Wahnsinn war, was ich gerade gemacht habe, dann muss ich dafür geradestehen.
Brunner: Ich habe ihn gefragt, warum er nach den Schüssen nicht zu uns gekommen ist. Daraufhin hat er nur seine Geschichte wiederholt, er hätte uns nicht gesehen. Aber warum ist er dann abgehauen? Und selbst wenn es so war, macht es das nicht besser. Ein Jäger sollte sich ein genaues Bild von der Situation machen, bevor er in der Weltgeschichte herum schießt.
Brunner: Einerseits ist da Mitleid. Ich frage mich tatsächlich, was ein Mensch erlebt haben muss, dass er so handelt. Es ist auch viel auf ihn eingeprasselt, was in dem hohen Alter sicher nicht leicht ist. Andererseits ist da auch Wut. Er hat sich in diese Situation selbst hineingeritten. Dafür hat er die gerechte Strafe erhalten.
Brunner: Der Gerichtsprozess nicht, eher die unmittelbare Zeit nach dem Vorfall. Wir wollten damals unsere Kanutour auf dem Main abbrechen und nach Hause fahren. Aber das wäre der falsche Weg gewesen. Dann wären wir zu Hause gesessen und der Hund ist nicht da. Da fehlt einem das Tier noch mehr.

Brunner: Ja. Natürlich war auch das nicht leicht, weil Maras Platz im Boot plötzlich leer war. Durch die Medien hatte sich die Geschichte von ihrem Tod schon in der Region verbreitet. Auf unserer Kanutour haben uns Menschen erkannt, als sie gemerkt haben, dass wir aus Österreich sind, und gesehen, dass wir eine Hundeleine im Boot haben, aber keinen Hund. Die Gespräche, die so entstanden sind, und die Eindrücke des Urlaubs haben uns sehr geholfen.
Brunner: Sie war acht Jahre lang Teil der Familie und unsere stetige Begleiterin. Wir haben Mara bekommen, als sie neun Monate alt war. Ein Malamute ist kein einfacher Hund. Ich habe Privatstunden mit einem Hundetrainer nehmen müssen, weil ich hoffnungslos überfordert war. Es war viel Arbeit, die ich in ihre Erziehung stecken musste. Wenn man so viel investiert, ist die Bindung umso größer. Sie hat sich so positiv entwickelt, und dann war sie plötzlich weg.
Brunner: Eigentlich wollte ich keinen neuen Hund. Aber wie so oft kam alles anders: Kurz nach Maras Tod war ich mit dem Rad am Ufer des Inn unterwegs. Da lief eine Dame mit einem Malamute, der aussah wie Mara. Ich war ganz perplex und dachte mir: Ist Mara jetzt vom Himmel gefallen? (lacht) Also bin ich stehen geblieben, habe den Hund gestreichelt und er hat mich abgeschleckt. Die Besitzerin war ganz konsterniert: 'Kennt ihr euch?', hat sie gefragt. So sind wir ins Gespräch gekommen.
Brunner: Das Ende der Geschichte ist: Die Frau war überfordert mit dem Malamute. Sie war schon die vierte Besitzerin, das Tier hatte in seinem Leben viel Leid erfahren und war entsprechend schwierig. Die Frau hat mich gefragt, ob ich ab und zu mit dem Hund spazieren gehen kann. Ich habe zugestimmt. Und irgendwann hat der Hund entschieden, dass er von mir nicht mehr weg möchte. Seitdem lebt Laika bei uns. Es ist nicht immer einfach, aber es ist schön.
Brunner: Es heißt, jede schlimme Erfahrung macht einen stärker. Aber der Situation in Knetzgau kann ich nichts Positives abgewinnen, dafür hat sie mich noch zu lange beschäftigt. Ich hatte Alpträume: Ich gehe mit dem Hund spazieren, jemand lauert hinter der Hecke und schießt auf das Tier. Einmal habe ich von einem Kind geträumt, das mit einer Schussverletzung im Bauch auf mich zugerannt kam.
Brunner: Was positiv ist, sind die vielen Begegnungen, die wir im Nachgang hatten. Und dass die Leute in der Region jetzt beruhigter spazieren gehen können mit ihren Vierbeinern, weil der Jäger keinen Zugang mehr zu Waffen hat. Insofern ist Mara vielleicht doch nicht ganz umsonst gestorben.