Der 36. Kissinger Sommer steht vor der Tür. Vom 17. Juni bis 17. Juli wird die Stadt wieder ganz international, wenn große Stars, aber auch kleine Sternchen sich hier ein musikalisches Stelldichein geben. Der Festival-Sommer 2022 spürt historischen Querverbindungen zwischen Böhmen, Österreich, Ungarn und Bad Kissingen nach, beschreibt der neue Intendant Alexander Steinbeis im Vorwort zum Programm die thematische Spannweite.
Das Deutsche Symphonieorchester Berlin, die Tschechische Philharmonie und die Wiener Symphoniker gehören längst wie selbstverständlich zum Kissinger Sommer dazu. Zudem kommen Stars wie der österreichische Pianist Rudolf Buchbinder, die norwegische Opernsängerin Lise Davidsen und der amerikanische Dirigent Kent Nagano nach Bad Kissingen. Und man kann bekannten Größen wie dem ungarischen Pianisten und Dirigenten Sir András Schiff, dem deutschen Violonisten Frank Peter Zimmermann oder dem 27-jährigen Jan Lisiecki am Piano lauschen.
Auf geht's zur Klassik im Freien
Was man in vergangenen Festival-Sommern bereits dezent mit Picknick -Konzerten versucht hatte, wird im Steinbeis’schen Programm jetzt durch eine ganz neue Idee zum idealen Konzept: Mit kostenlosen Prélude-Konzerten im Freien will man nämlich nicht nur Klassik-Fans anlocken, sondern auch all diejenigen, die mit der Klassik vielleicht bislang gar nicht soviel am Hut hatten.
Da geht’s dann beispielsweise am 17. Juni, dem Eröffnungstag, gleich mit dem hr-Sinfonieorchester am Marktplatz zur Sache oder mit einem Ensemble der Tschechischen Philharmonie am 8. Juli an der Spielbank. Schön ist auch, dass musikalische Gruppen aus der Region bei den Freiluft-Veranstaltungen mitmischen, wie zum Beispiel die KisSingers am 18. Juni, das Ensemble der Musikschule am 25. Juni oder der JuLifa-Chor der Herz-Jesu-Kirche am 16. Juli.
Wenn die Wiener Symphoniker am Sisi-Denkmal spielen
Also bitte nicht wundern, wenn man dann durch die Stadt läuft und plötzlich von mächtigen musikalischen Klängen in den Bann gezogen wird. Dann heißt's stehenbleiben und genießen. Das ist nämlich beabsichtigt - Nebenwirkungen sind hoffentlich nicht ausgeschlossen. Denn wenn man beispielsweise die Wiener Symphoniker (9. Juli) dann am Sisi-Denkmal in Garitz hört, könnte einem das ja so gut gefallen, dass man sich anschließend noch schnell Karten fürs Konzert der Wiener am nächsten Tag im Littmann-Saal sichert.
"Wir wollen die Leute nicht nur in den geschlossenen Konzertsaal locken, sondern sozusagen die Türen öffnen und die Menschen draußen abholen", sagt Thomas Lutz, der städtische Marketing-Chef des Festivals, im Gespräch mit dieser Redaktion. Für ihn hat der Kissinger Sommer "nur den Anschein des Elitären". Man müsse die Hemmschwelle für die Klassik aufbrechen. "Denn es ist ja unser Bad Kissinger Regentenbau." Auch die Einheimischen sollen doch mal nachschauen, was dort in dem königlichen Saal stattfindet.
Intendant Alexander Steinbeis sprühte vor Energie, als er in der jüngsten Stadtratssitzung vom programmatischen Neustart des Kissinger Sommers schwärmte. Man habe mit Optimismus am neuen Profil des großen Events gearbeitet, was "sehr positiv" aufgenommen worden sei. Was ihm Sorgen macht: "Die Kultur hat sich noch nicht vollständig von der Corona-Pandemie erholt." Die Menschen kämen nur "zögerlich zurück in die Konzerte" und wollten sich oft erst kurzfristig zu einem Besuch entscheiden, ist seine Erfahrung.
Der Ticket-Verkauf lief zunächst hervorragend an, bis dann im April der Durchhänger kam, schilderte Steinbeis die Entwicklung. Momentan ziehe der Verkauf aber wieder an. Wie zügig die Festival-Karten über den Verkaufstresen gehen, ist freilich entscheidend für die Finanzierung des Kissinger Sommers, der in den Vor-Corona-Jahren mit einem finanziellen Aufwand von rund 2,3 Millionen Euro im städtischen Etat verankert war. Gut die Hälfte davon musste aus dem Kartenverkauf erlöst werden, damit sich das Festival rechnete – und das Defizit für die Stadt am Ende nicht zu groß war. An diesem Kostenumfang hat sich, nach Angaben der Verantwortlichen, auch nach der Pandemie im Festival-Sommer 2022 nicht viel geändert.
Aber glücklicherweise hat der Kissinger Sommer zahlreiche Sponsoren. Allen voran unterstützte der Freistaat das Festival in den Vorjahren mit 200.000 Euro. Heuer gab’s einmalig noch 90.000 Euro obendrauf, berichtete Steinbeis im Stadtrat. Die Stadtwerke Bad Kissingen verringerten ihren Beitrag, laut Intendant, allerdings von einstmals 50.000 Euro auf diesmal 23.000 Euro.
Der Bezirk Unterfranken und der Landkreis Bad Kissingen steuern, nach Recherchen dieser Redaktion, jeweils 50.000 Euro bei. Der größte private Sponsor ist der Förderverein Kissinger Sommer, der jährlich rund 80.000 Euro für das Festival bereitstellt, sagte Schatzmeisterin und Stadträtin Martha Müller auf Anfrage. Apropos Förderverein: Dieser hat, laut Müller, seit seiner Gründung im Jahr 1992 inzwischen mit rund 2,4 Millionen Euro zum Gelingen des städtischen Festivals beigetragen.
Und last but not least gab kürzlich der Bund noch weitere 180.000 Euro für die digitale Ausstrahlung des Kissinger Sommers dazu. "Das ist für uns eine enorme Chance, den Kissinger Sommer in die Welt hinauszutragen", sagte Steinbeis im Stadtrat.
Live-Stream und YouTube-Video
Das Festival ist bunt, prominent und musikalisch schillernd. Erste Eindrücke von dem, was bei dem sommerlichen Event 2022 bevorsteht, konnte man bereits im Januar 2022 erhaschen, als Intendant Steinbeis, Kuratoriumsvorsitzende und Staatsministerin Dorothee Bär und Oberbürgermeister Dirk Vogel das Programm in einem digitalen Live-Stream auf facebook präsentierten. Zudem gibt es für Neugierige inzwischen ein topaktuelles YouTube-Video mit dem Intendanten zu Bad Kissingen und zu den Festival-Gästen 2022.
Auch im Stadtrat machte der Intendant klar, dass Marketing das A und O ist, um Gäste für den Kissinger Sommer anzuwerben. Erst kürzlich sei eine Plakataktion im Rhein-Main-Gebiet gestartet worden. Man sei mit dem Festival schon im Deutschlandfunk Kultur zu hören gewesen und er habe bereits Interviews in mehreren Zeitungen gegeben, so Steinbeis.
"Das Marketing läuft sehr gut", sagt auch der städtische Kissinger-Sommer-Koordinator Lutz. Intendant Steinbeis sei mit dem Kissinger Sommer in den Sozialen Medien sehr präsent und lege "Wert auf Bewegt-Bilder". Werbung spielt freilich aktuell aus mehrfachen Gründen eine enorme Rolle. Denn nicht nur das in Sachen Kultur einschneidende Intermezzo der Corona-Pandemie muss ausgebügelt werden, sondern es gilt auch andere aktuelle Unwägbarkeiten mit zu bedenken, die die Menschen umtreiben.
Lutz: "Wir kämpfen zum Beispiel gerade gegen Stimmungen wegen des Ukraine-Kriegs, wegen hoher Spritpreise und steigender Inflation." Damit meint der Festival-Organisator, dass die Menschen sich mit dem Kauf von Tickets von Zeit zu Zeit zurückhalten – je nach aktueller Lage der Dinge.
Letztendlich geht es bei allen finanziellen Berechnungen auch darum, das vom Stadtrat seit 2021 auf 750.000 Euro begrenzte Defizit für den Kissinger Sommer nicht überzustrapazieren. Denn die Stadt hat ihrerseits eine ganz andere Verpflichtung einzuhalten: Weil sie jährlich vom Freistaat Stabilisierungshilfen einstreicht, muss sie ihre freiwilligen Leistungen auf das Notwendigste beschränken.
Alles zum Programm, zu den Tickets und zur Anreise nach Bad Kissingen findet man unter www.kissingersommer.de