Der Nüdlinger Arno Wielgoss ist Unternehmer aus Überzeugung. Der tropische Agrar-Ökologe und Geschäftsführer der Perú Puro GmbH (Frankfurt) importiert, zusammen mit seiner Kollegin Frauke Fischer (Würzburg), seit 2017 Edel-Kakao aus dem peruanischen Urubamba-Tal (auch als Heiliges Tal der Inka bekannt). Jetzt wurde er mit seinem Schokoladen-Start-Up für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis (DNP) 2020 nominiert. "Das ist wahnsinnig toll", freut sich der 36-Jährige, der mit seiner Familie heute in Würzburg lebt. Denn schließlich handle es sich beim DNP um einen "hochrenommierten Preis", der all denen, die ihn bekommen, Glaubwürdigkeit vermittle.
Engagement sehr persönlich motiviert
Dass Arno Wielgoss heute Kakao-Bauern in den peruanischen Anden darin unterstützt, ökologische Landwirtschaft zu betreiben und für ihre zertifizierten Fairtrade-Produkte angemessene Preise zu erzielen, kommt nicht von ungefähr. Sein Engagement in einem Tal des Departements Cusco basiert auf einem Erlebnis, das seinerzeit tief ins Persönliche hinein wirkte. Im Jahr 2000 kam nämlich sein zwei Jahre älterer Bruder Frederic Wielgoss dort beim Schwimmen im Urubamba-Fluss ums Leben. Die Familie in Nüdlingen startete seinerzeit, mit Hilfe von Verwandten und Freunden, einen Spendenaufruf, um die groß angelegte Suche nach dem toten Sohn und Bruder in Peru finanzieren zu können. Doch Frederic wurde nie gefunden.
Die Menschen nahmen damals sehr großen Anteil am Schicksal der Familie. Es kam schließlich mehr Geld zusammen, als die Suchaktion gekostet hatte. Da entschied die Familie, den Verein "Frederic – Hilfe für Peru" zu gründen und mit den Spenden in Peru Entwicklungsarbeit zu leisten. Zunächst investierte der Verein in Gesundheitsprojekte, in die Bildung der Menschen oder schlichtweg in die Infrastruktur der einfachen Bergregion im Regenwald.
Ökologische Pionierarbeit geleistet
Bald kamen auch ökologische Landwirtschaftsprojekte hinzu. Arno Wielgoss sagt heute ganz offen: Ohne das schwerwiegende Unglück seines Bruders wäre er wohl nie zum Studium der tropischen Biologie gekommen. Sein Lebensweg wäre ganz anders verlaufen, glaubt er. Gut ein Jahrzehnt lang leistete er damals mit den Kakao-Bauern in den Anden ökologische Pionierarbeit. Er erreichte immerhin, dass sie Teile des Regenwalds nicht mehr abbrennen, dass sie auf die Böden achten und Mischkulturen anlegen. Aber was nützt das alles, habe er sich damals gesagt, wenn die Bauern für ihr hochwertiges Kakao-Produkt nur einen relativ schlechten Preis erzielen und dann kaum Geld haben, von dem sie leben können.
Um für "seine" Kakao-Bauern gute Preise zu erzielen, gründete Wielgoss dann im Jahr 2015, gemeinsam mit Frauke Fischer, die Perú Puro GmbH als sogenanntes Start-Up der Uni Würzburg. Nach einer überaus erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne im Internet 2017 hatten die Jungunternehmer schließlich soviel Geld zur Verfügung, dass in einer Schweizer Schokoladen-Manufaktur erstmals die Produktion von einer Tonne 70-prozentiger dunkler Schokolade aus peruanischem Chuncho-Kakao angekurbelt werden konnte, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion.
Schon der zweite Jahrgang im Handel
2018 wurde bereits ein "neuer Jahrgang" der dunklen Schokolade in der Schweiz hergestellt. Zusätzlich machte man sich in der Manufaktur an die Produktion einer neuen Milchschokolade mit 52-prozentigen Kakao-Gehalt. "Das müssen wir jetzt erst mal alles verkaufen", sagt Wielgoss, denn schließlich wirft ein Produktionsdurchgang (eine Tonne) 13 000 Tafeln aus. Momentan kann man die "Chuncho Gold"-Tafeln sowie die Bio-Kakao-Bohnen und Kakao-Nibs bei der Firma online bestellen und in verschiedenen Weltläden kaufen. Der Verkauf soll aber noch auf andere Geschäfte ausgedehnt werden.
Eins kann Wielgoss jedenfalls jedem Kunden garantieren: Der Kakao wird direkt, ohne Zwischenhändler, aus dem peruanischen Urubamba-Tal nach Deutschland importiert. "Ich kenne jede Farm dort persönlich, gehe mit den Bauern auf ihre Felder und mache die Biozertifizierung", versichert er. Vier Tage dauert der Transport des Kakaos bis zum Hafen in Lima.
Direkter Import ohne Zwischenhändler
"Dort kümmere ich mich selbst ums Einschiffen des Produkts auf ein deutsches Reedereischiff", erklärt Wielgoss den Transportweg. Von Hamburg aus geht der peruanische Kakao mit der Bahn auf die Reise nach Würzburg. "Was zu Schokolade verarbeitet wird, fahre ich dann selbst in die Schweiz." Die Kakao-Nibs kommen nach Nüdlingen und werden in der Werkstatt der Lebenshilfe verpackt.
Wenn man all das weiß, versteht man die Kurzbegründung der DNP-Jury zur Nominierung natürlich sofort: Perú Puro setze auf "Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette", heißt es da. Die GmbH beziehe den Kakao direkt von 45 Kleinbauern in Peru und lasse ihn zu "hochwertigen Produkten" verarbeiten. "Bei Perú Puro sind die Kleinbauern von Beginn an Partner auf Augenhöhe", schreibt die Kommission eindrucksvoll.
Das Jungunternehmen ist jetzt, unter insgesamt 800 Bewerbern, zu einem der 30 nachhaltigsten Unternehmen Deutschlands ausgewählt worden. Zeitgleich sind die Schokoladen von Perú Puro übrigens auch bei den "International Chocolate Awards" (der Weltmeisterschaft der Schokoladen) in die Finalrunde gekommen.