
Für Überraschung, teilweise auch Bestürzung und große Verunsicherung hat der Freispruch für einen psychisch kranken Mann gesorgt, der mehrfach in Münnerstadt auffällig geworden war. Angeklagt waren neun Vorfälle, überwiegend aus den Jahren 2023 und 2024. Es ging dabei um Körperverletzung, Verleumdung, Nachstellung, Beleidigung und Sachbeschädigung.
Die Schwere der Taten erfülle nicht die rechtlichen Voraussetzungen, um den Mann dauerhaft in einer Psychiatrie unterzubringen, entschied die Große Strafkammer am Amtsgericht in Schweinfurt. Der Mann hatte die Taten aufgrund einer paranoiden Schizophrenie im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit begangen. Noch am Tag der Urteilsverkündung wurde er deshalb aus der Psychiatrie entlassen und ist seitdem zurück in Münnerstadt.
Staatsanwaltschaft will keine Revision gegen das Urteil einlegen
Wie Oberstaatsanwalt Markus Küstner, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft in Schweinfurt, am Montagabend auf Nachfrage der Redaktion mitteilt, wird die Staatsanwaltschaft keine Revision gegen das Urteil einlegen.
Die Rückkehr des Mannes bringt Sorge und Verunsicherung in die Kleinstadt. Auch in den Sozialen Medien reagiert die Bevölkerung mit Unverständnis und Bestürzung auf den Freispruch: "Er kann jetzt wieder ungehindert die Mürschter terrorisieren", heißt es beispielsweise. Oder auch: "Viel Glück allen Menschen, die mit ihm zu tun haben."
Bürgerinnen und Bürger wenden sich besorgt an Bürgermeister Kastl
Auch Bürgermeister Michael Kastl (CSU) wurde bereits von besorgten Bürgerinnen und Bürgern auf die Rückkehr des Mannes angesprochen. "Ich denke, dass kaum einer damit gerechnet hat, dass es zum Freispruch kommt. Die Verunsicherung in der Stadt ist groß", sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion.

Auch er selbst war über das Urteil "schockiert und besorgt". Der Mann stamme nicht aus Münnerstadt, sondern sei über die Unterbringung in einer sozialen Einrichtung in die Stadt gekommen, so Kastl. "Nachdem er am Freitag direkt auf freiem Fuß war und frei in der Wahl, wohin er gehen wollte, ist er wieder nach Münnerstadt."
Aufgabe der Kommune ist es, dem obdachlosen Mann eine Unterkunft bereitzustellen. Dies sei am Freitag geschehen, so Kastl. "Hierbei geht es aber um ein Dach über dem Kopf, Wärme und fließend Wasser, also nicht unbedingt das, was er gesundheitlich braucht. Für uns als Stadt Münnerstadt ist das etwas unbefriedigend."
Stadt und Polizei arbeiten eng zusammen
Die Stadt arbeite jedoch eng mit den zuständigen Stellen sowie der Polizei zusammen. "So konnten wir es auch beim letzten Mal schaffen, dass es zu einem Verfahren und einer vorübergehenden Unterbringung kam", sagt der Bürgermeister.
Die Menschen in Münnerstadt treibt vor allem die Sorge um, ob es nun so weitergehe, wie es vor seiner Unterbringung aufgehört habe. "Gerade Eltern fragen sich, wie sie ihre Kinder sicher in den Schülerhort bringen könnten, da es im dortigen Umfeld ja bereits zu einem Vorfall gekommen ist", so der Bürgermeister. Er rät den Menschen deshalb, Übergriffe anzuzeigen: "Nur Taten, die angezeigt sind, können bei einem möglichen Verfahren mit in die Waagschale gelegt werden."
Polizei hat Münnerstadt verstärkt im Blick
Der Mann war in Münnerstadt immer wieder auffällig gewesen, bestätigt Bad Kissingens Polizeichef Christian Pörtner, der auch für die Kleinstadt im Landkreis zuständig ist. "Er hat uns an manchen Tagen mehrfach beschäftigt, diese Person hat jeder im Außendienst bei uns gekannt."
Pörtner habe "insgeheim" mit dem Freispruch gerechnet. "Über die Jahre bekommt man ein Gefühl dafür", erklärt er. "In der Forensik sitzen Mörder, Totschläger oder Sexualtäter." Zähle man die Vorfälle in Münnerstadt zusammen, fallen diese in der Kleinstadt zwar massiv auf, die Schwere der Taten genüge aber nicht. "Von selbiger Person würde in einer Großstadt niemand Notiz nehmen", so der Polizeichef. "Dort wäre dieses Gebaren nicht besonders auffällig und der Rechtsstaat ist überall gleich."
Vorfälle sollen der Polizei gemeldet werden
Und dennoch: die Polizei hat die Sicherheitslage in Münnerstadt nun verstärkt im Blick. "Wir sind seit seiner Rückkehr schon mehrfach mit ihm in Kontakt getreten, zeigen sowohl uniformiert als auch in Zivil Präsenz", so Pörtner. Wie Kastl, fordert auch der Polizeichef die Bürgerinnen und Bürger auf, sich bei Vorfällen über die 110 an die Polizei zu wenden.

"Sobald er aufgrund seines Gesundheitszustandes erneut Straftaten begeht, werden wir ihn wieder in das Bezirkskrankenhaus einliefern, wenn es nur einen Hauch von Fremdgefahr gibt", sagt Pörtner. Zudem werde dann sofort die Staatsanwaltschaft eingebunden werden, um möglicherweise eine erneute Sicherheitshaft zu begründen.
Polizeichef warnt vor Selbstjustiz
"Fakt ist, dass er bislang nicht aufgefallen ist", so Pörtner am Montagvormittag gegenüber der Redaktion. "Ich hätte nicht damit gerechnet, dass es am Wochenende ruhig bleibt." Möglicherweise helfe es, dass die Polizei mit ihm gesprochen habe. "Er weiß, dass wir da sind."
Daneben habe die Polizei ihre Ressourcen zum Teil nach Münnerstadt verschoben und die benachbarten Dienststellen über den Fall informiert. "Wir nehmen das äußerst ernst und verstehen auch die Ängste, aber es darf keine Hysterie entstehen", bekräftigt Pörtner. "Wir bitten die Bevölkerung, dass sie nicht der Meinung ist, das selbst regeln zu müssen. Davor würde ich warnen."
Sicherheitsnetzwerk zwischen den Behörden
Darüber, wie man in dem konkreten Fall Hilfestellung leistet, kann das Landratsamt Bad Kissingen aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft geben, informiert Pressesprecherin Nathalie Bachmann auf Nachfrage. "Allgemein können wir jedoch mitteilen, dass ein Sicherheitsnetzwerk zwischen den zuständigen Behörden besteht", so Bachmann. In diesem Zusammenhang befindet sich das Landratsamt unter anderem mit der Polizei im engen Austausch. Zudem prüfe die Behörde, welche Maßnahmen innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs ergriffen werden können.
Hinweis der Redaktion: Bisher haben wir über den Fall berichtet, aber den Wohnort des Betroffenen nicht genannt. Wenn das Verhalten von öffentlichem Interesse ist, zum Beispiel bei Gerichtsverfahren, berichten wir in anonymisierter Weise über die Vorfälle. Da der Ausgang des Gerichtsprozesses für die Menschen vor Ort eine hohe Relevanz hat, schreiben wir nun von Münnerstadt.
Auch das sollte dem einen oder anderen zu denken geben!
Es scheint ja doch auch bei Staatsanwaltschaften hin und wieder einen Lerneffekt zu geben!
Sollte man meinen. Allein die Berichterstattung, die ja bereits Ausdruck einer gewissen "Hysterie" ist, zeigt jedoch, dass das nicht der Fall ist.
Man kann nur an die Vernunft appellieren und auch der Polizei den Rat geben, sich auch einmal mit der Perspektive dieses Mannes auseinanderzusetzen - wer hier schon wieder "Ratschläge" in Richtung Strafverfolgung gibt und schon über´s Wochenende die "Erwartung" hegte, dass etwas passiert, hat wenig verstanden....was soll das?
Druck, Einschüchterung wirken nur bedingt - wichtig ist Vertrauen und konkrete Ansprechpartner. M.W. wird doch auch versucht, "Berührungsängste" der Polizei abzubauen, durch "Fortbildungen" in der Forensik. Da sollte also etwas Erkenntnis vorhanden sein - auch was die verschiedenen Krankheitsbilder angeht!