Die 2,2 Millionen Aufrufe, die ein Kurzvideo seiner Faschingspredigt aus dem Vorjahr in den Sozialen Medien erzielt hat, wird Thomas Eschenbacher heuer wohl nicht ganz knacken. Der Clip mit seinem Predigt-Rap ging 2023 viral. In diesem Jahr war Eschenbacher wieder musikalisch unterwegs, diesmal griff der Geistliche zur Gitarre - und sorgte am Faschingssonntag abermals für beste Unterhaltung.
"Ich hatte vor Jahren schonmal gesungene Predigten ausprobiert", so Eschenbacher im Gespräch mit dieser Redaktion. Für den Gottesdienst am Faschingssonntag hatte er nun verschiedene Lieder mit nach Hammelburg gebracht. Im Gepäck unter anderem: Lena Meyer-Landrut, John Denver, Stefan Raab und eine gewisse Portion Selbstironie.
Der Heizungsneubau für die Hammelburger Kirche ist Thema in Eschenbachers Raab-Cover
Eschenbachers erstes Lied hatte etwas von einer Büttenrede. Es befasst sich mit dem Heizungsneubau für die Hammelburger Kirche. Hintergrund: Die Kirchenstiftung hat auf eine neue Hackschnitzel-Heizung umgestellt, mit der die Gebäude der Stiftung, unter anderem eben die Stadtpfarrkirche, beheizt werden sollen. Nur ist diese bislang nicht an die neue Heizung angeschlossen.
Eschenbacher singt auf die Melodie von Stefan Raabs "Maschendrahtzaun" unter anderem: "In der Kirche ist es hin und wieder schonmal kalt, weil in der Corona-Zeit die Heizung abgeschalt'. So ist's kein Wunder, dass die Zahl der Kirchengänger war recht mau, es braucht die Fertigstellung endlich von dem Heizungsneubau."
Hat er sich damit als Vorsitzender der Kirchenstiftung selbst unter Druck gesetzt? "Den hatte ich schon vorher", sagt er lachend. Die genaue Finanzplanung sei noch nicht vollendet und es würde noch einige Tage dauern, ehe auch die Kirche wieder beheizt wird. Da müsse man natürlich Tempo machen, so Eschenbacher. Ein solches Umweltprojekt brauche Zeit, sei aber mutig und wichtig für die Zukunft.
Thomas Eschenbacher singt vom Wunsch, als Christ nicht schief angeschaut zu werden
Weniger regional, dafür umso geistlicher, ging es in den weiteren Liedern zu. Eschenbacher befasste sich dabei mit dem Christsein. Aus "Satellite", dem Song, mit dem Lena Meyer-Landrut 2010 den Eurovision Song-Contest für Deutschland gewonnen hatte, wurde der Wunsch, als Christ im Jahr 2024 nicht schief angeschaut zu werden: "Ich will nur einfach ganz normal sein."
Kritik an der Kirche sparte Eschenbacher dabei nicht aus: "Missbrauch, Arroganz und Geld, wenn es sich dann so verhält, Manches ist in Kirche schlecht, das ist so nicht recht. Doch klingt's nach Scheinheiligkeit, will man nur sehen die Dunkelheit. Wir als Kirch' sind hell und bunt, tun Gutes auch zu jeder Stund'."
Lagerfeuerstimmung mit "You Raise Me Up" und "Take Me Home, Country Roads"
Passend zur kalten Kirche gab es zum Abschluss der musikalischen Faschingsrunde noch etwas Lagerfeuerstimmung. Auf das schon vielfach erfolgreich gecoverte "You Raise Me Up" sang Thomas Eschenbacher: "Du baust mich auf."
Und John Denvers Klassiker "Take Me Home, County Roads" wurde zu: "Kirche lebt". Dabei besang der Pfarrer auch die Aktualität dieser Tage: "Heute leben wir in Vielfalt und genießen freie Meinung. Kritisch sehen darf man alles tun, doch mit guten Taten sollen wir nicht ruh'n."
Nicht nur bei den Besucherinnen und Besuchern des Gottesdienstes, die teilweise fröhlich mitsangen und -klatschten, kamen die Coverhits des Geistlichen gut an. "Unser Livestream wurde schon deutlich besser genutzt als an den anderen Sonntagen", so Eschenbacher, auch sei das Video hernach bereits wesentlich öfter angeschaut worden, als bei "gewöhnlichen" Gottesdiensten.
Freilich auch ein Effekt der großen Aufmerksamkeit, die sein Auftritt im Vorjahr geweckt hatte, weiß Eschenbacher. Ihn freut es trotzdem: "Es gab schon Feedback aus alter Welt", spielt er schmunzelnd auf die Nachricht von Freunden aus der Schweiz an. "Es hat sowas von viel Spaß gemacht."
Den kompletten Gottesdienst gibt es auf dem Youtube-Kanal der Stadtpfarrkirche Hammelburg zu sehen.
Fasching = Fastnacht. Fastnacht ist eine hausgemachte, ausgelassene Nacht zum Feiern vor dem Aschermittwoch, darum heißt es auch Fastnacht. Zu früheren Zeiten konnten am Abend vor Aschermittwoch sich alle nochmals so richtig austoben, von der Kirche sogar empfohlen, damit man die 40tägige Fastenzeit gut übersteht. Es gibt übrigens einige Priester die ich kenne, die am Faschingssonntag mal ne Bütt halten, anstelle Predigten zum jeweiligen Sonntagsevangelium. Finde ich auch gut, dass Pfr. Eschenbacher hier mal einen neuen Weg geht, weiter so! Übrigens: am Sonntag nach der Abendmesse gab es für die Erwachsenen Sekt bzw. Sektorange, für die Kleinen OSaft und man unterhielt sich noch eine Weile über die gute Faschingspredigt unseres Pfarrers.
Es wird nicht jedem seiner Dienstherren gefallen, wie er sich weltlich gewandt und Schäfchennah präsentiert. Sicherlich maulen auch die einen oder anderen Schwarzbohrer, die sich zum Lachen in den Keller begeben.
Ich finde es sehr mutig, sehr eloquent und ich wünsche ihm für nächstes Jahr körperliche und geistige Frische, wieder etwas auf die Beine zu stellen, die denjenigen den Spiegel vorhält, die Kirche sein wollen und den Sinn des Faschings/Karnevals/Fastnachtstreiben für sich selbst in Abrede stellen.
In den Sozialen Medien gibts dafür Daumen hoch!