
Ein Montagmorgen Anfang April bei Neuwirtshaus, 9 Uhr: Die Sonne strahlt, es ist noch frisch. Bei einer kleinen Holzhütte am Waldweg herrscht reges Treiben. Ein Trupp von 18 älteren Herrschaften startet routiniert in einen arbeitsreichen Tag. Der eine spaltet Holz, der nächste fegt die Hütte, ein Dritter schürt schon mal den Grill an und bereitet den Spießbraten für die Mittagspause vor. Jeder weiß, was zu tun ist. Die Handgriffe und Arbeiten sind eingespielt. Das Kohlenmeiler-Team ist bereit.
Die meisten der Männer tummeln sich um einen Erdhaufen. So wirkt es zumindest auf den ersten Blick. Tatsächlich steckt im Inneren des kleinen Hügels der Grund, warum sie alle hier sind: Die Gruppe betreibt hier im Landkreis Bad Kissingen einen alten Kohlenmeiler und stellt Holzkohle her. Sie wird verkauft, die Einnahmen kommen gemeinnützigen Zwecken zugute.
Das Kohlenmeiler-Team packt dort an, wo es gebraucht wird
Das Kohlenmeiler-Team gründete sich 2016 aus einer Altherren-Wandergruppe aus Schwärzelbach, Ortsteil von Wartmannsroth. Damals restaurierten die Männer die alte Anlage bei Neuwirtshaus in 178 Arbeitsstunden. Im Mai 2017 wurde der Kohlenmeiler, der 65 Jahre lang stillgelegen hatte, erstmals wieder in Betrieb genommen. Dreimal im Jahr produziert die Truppe seitdem Holzkohle.


Doch die Männer - 22 sind es derzeit - engagieren sich auch sonst für viel rund um ihren Heimatort. Stets da, wo sie gebraucht werden – ob mit Spenden oder Arbeitseinsätzen. Seit 2016 sind rund 6250 Euro an Spendengeldern zusammengekommen. Auch an vielen Projekten haben die Männer sich beteiligt: Die Liste reicht vom Schaffen eines barrierefreien Zugangs zu Kirche und Pfarrheim über Arbeiten auf dem Schwärzelbacher Friedhof und im Neuwirtshauser Forst bis hin zum Aufrichten einer Wetterschutzhütte am Binsrain, einem beliebten Ausflugsziel mit Panoramablick auf die "Schwarzen Berge" der Rhön.
Wie Wandersleute in Neuwirtshaus zu Köhlern wurden
Aufgekommen sei die Idee, als der Kohlenmeiler hergerichtet war, blickt Theodor Busch zurück. Er ist von Tag eins an im Team dabei und sagt: "Wir haben festgestellt, dass es für uns, die Gemeinschaft und den Erhalt der Gemeinschaft eigentlich zu wenig ist, den Meiler dreimal im Jahr in Betrieb zu nehmen. Deshalb haben wir das Ganze ausgedehnt."

Aber wie wurden die Schwärzelbacher Wandersleute überhaupt zu Köhlern? "Die Gemeinde hatte angefragt, ob wir die Restaurierung übernehmen könnten", sagt Theodor Busch. "Wir wollten die Anlage dann aber auch betreiben und nicht wieder ungenutzt lassen. Also haben jemanden gesucht, der es uns zeigt und erklärt."
Der Meiler ist eine Art überdimensionaler Ofen, der zu zwei Dritteln unter der Erde liegt. Der Prozess ist aufwendig: Zunächst sammeln die Männer Buchenkronen im Wald und bereiten sie auf. Das Holz muss danach mindestens zwei Jahre trocknen. Die Scheite werden später senkrecht in den Meiler geschichtet und angezündet.
Für insgesamt 50 Stunden verkohlt das Holz. Im Innern des Meilers herrscht dann eine Temperatur zwischen 800 und 1000 Grad. Währenddessen muss rund um die Uhr, im Stundentakt, die Luftzufuhr über vier Kamine reguliert werden. Das Kohlenmeiler-Team erledigt das im Schichtbetrieb. Steigt kein Rauch mehr aus den Lüftungskaminen, ist alles verkohlt, der Prozess abgeschlossen. Die Holzkohle wird dann durch einen unterirdischen Zugang entnommen, insgesamt bis zu 340 Kilogramm.

Die meisten der Männer, die hier Holz spalten, in Schutzanzügen Kohle schaufeln und sie in Säcke packen, sind in ihren 70ern und 80ern. Viele kommen aus handwerklichen Berufen mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten. Wie Theodor Busch: Der 73-Jährige und hat 49 Jahre bei den Bayerischen Staatsforsten gearbeitet, denen die Anlage hier am Waldrand gehört.
"Ansonsten würden wir vor dem Fernseher sitzen, so sind wir für die Allgemeinheit aktiv", sagt Busch. "Wir wollen innerhalb der Ortsgemeinschaft etwas tun. Es ist Wahnsinn, was für einen Halt das gibt. Und es hält jung."