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Hammelburg
Hammelburg: Soldaten hadern mit der Bürokratie - Was Wehrbeauftragte Eva Högl an der Infanterieschule nicht zu sehen bekam 
Eigentlich sollte zum Tag der Infanterie der Abwurf von Hilfsgütern, wie jüngst über Gaza, gezeigt werden. Warum das ausfiel und Eva Högl dazu klare Worte fand. 
Über Herausforderungen beim Abwurf von Lasten informierte sich die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) an der Infanterieschule in Hammelburg.  
Foto: Wolfgang Dünnebier | Über Herausforderungen beim Abwurf von Lasten informierte sich die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) an der Infanterieschule in Hammelburg.  
Wolfgang Dünnebier
 |  aktualisiert: 30.07.2024 02:53 Uhr

Hunderte von Militärs aus dem gesamten Bundesgebiet und befreundeter Nationen kamen zum 26. Tag der Infanterie an die Infanterieschule, um sich unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges ein Bild vom Leistungsstand der Infanterie zu machen, Erfahrungen auszutauschen und Kameradschaft zu pflegen. 

Für Kopfschütteln sorgte bei den Soldaten, dass ein markanter Programmpunkt ausfiel. Geplant war, über dem Truppenübungsplatz von der Luftwaffe Lasten abzuwerfen, um zu zeigen, wie das über Gaza funktioniert.

Noch Monate bis zur Genehmigung?

Doch die Präsentation scheiterte an der deutschen Bürokratie. Weil diese Lasten nach deutschen Recht noch  nicht zertifiziert sind, gab es keine Genehmigung dafür, informierte Brigadegeneral Michael Matz. In Gaza habe das Verfahren bereits Not gelindert, in Deutschland werde die Bürokratie wohl Wochen oder  Monate brauchen, bis es zugelassen werde, äußerte der General im Gespräch mit dieser Redaktion.

Immerhin  konnten  sich die Gäste mit der  SPD-Wehrbeauftragten Eva Högl an Informationsständen im Übungsdorf Bonnland davon überzeugen, mit welchem Einfallsreichtum und Improvisationstalent Soldaten der Lufttransportschule Altenstadt Entwicklungsarbeit zur Abpolsterung von  Frachten leisten.

Angeregte Gespräche führte Eva Högl mit Soldatinnen und Soldaten.
Foto: Wolfgang Dünnebier | Angeregte Gespräche führte Eva Högl mit Soldatinnen und Soldaten.

Eine Herausforderung ist es nämlich offenbar, dass diese nach dem Abwurf mittels Fallschirmen möglichst unbeschädigt auf den Boden krachen. Der Gaza-Einsatz ist auch in Hammelburg Thema, weil die Lufttransportschule der Infanterieschule unterstellt ist.

"Ich wäre dafür, Vorschriften zu überarbeiten und manchmal auch nicht anzuwenden."
Eva Högl, SPD-Wehrbeauftragte

Dass die geplante Vorführung ins Wasser fiel, nahm Eva Högel im Gespräch mit dieser Redaktion zum Anlass, ihre Forderung nach einem  Bürokratieabbau auf allen Ebenen in Deutschland zu bekräftigen. "Wir müssen schauen, ob das alles noch der Lage angemessen ist", sagte sie mit Blick auf die vieldiskutierte  Kriegstüchtigkeit. "Ich wäre dafür, Vorschriften zu überarbeiten und manchmal auch nicht anzuwenden", forderte Högl in diesem Zusammenhang.

Bei ihrem Festvortrag vor rund 400 Soldatinnen und Soldaten ging sie auf die ernste Lage für Demokratie und Wohlstand weltweit ein, bezog ihre Sorgen dabei aber auch auf Populisten und "Putin-Versteher" im Inland. "Wir müssen zusammen stehen", sagte sie zu den Soldatinnen und Soldaten. Ausdrücklich würdigte sie die Exzellenz an der Infanterieschule und ihren Beitrag dazu, das Kommando Spezialkräfte wieder auf einen guten Weg zu bringen.

Die Bundeswehr sei in vielen Bereichen noch nicht einsatzbereit, "aber bei der Infanterie ist  weitgehend alles parat",  konstatierte Högl bei ihrem dritten Besuch in Hammelburg. "Materialklagen höre ich aus anderen Truppenteilen deutlich lauter", sagte Högl.

Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) sprach sich bei ihrem Festvortrag für die Wiedereinführung der Wehrpflicht aus.
Foto: Wolfgang Dünnebier | Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) sprach sich bei ihrem Festvortrag für die Wiedereinführung der Wehrpflicht aus.

Stark zu spüren sei in Hammelburg inzwischen der Modernisierungsschub bei Ausrüstung und Unterbringung, sagte sie mit Blick auf das jüngste Richtfest bei 550 Soldatenunterkünften im Hotelstandard in der Saaleck-Kaserne . Die bayerische Staatsregierung nehme ihre Verantwortung im Rahmen der Bauverwaltung ernst. Das sei längst nicht in allen Bundesländern so.

"Es geht nicht grenzenlos so weiter."
Wehrbeauftragte Eva Högl zum Arbeitsumfang der Truppe

Was die Nachwuchsgewinnung angeht, sprach sie sich dafür aus, den Einheiten vor Ort mehr Möglichkeiten zu geben.  Angesichts des hohen Auslastungsgrads in der Truppe appellierte sie bei aller Leistungsbereitschaft an alle, auch mal Aufträge abzulehnen. "Es geht nicht grenzenlos so weiter", sagte sie zum stetig wachsenden Arbeitsumfang.

Landesverteidigung breiter aufstellen

Ausdrücklich plädierte Högl dafür die Landesverteidigung mit einer "Wehrpflicht 2.0" ohne Grundgesetzänderung unter einer gewissen Freiwilligkeit nach schwedischem Vorbild gesellschaftlich wieder breiter aufzustellen.

In vielen kleinen Runden kam Högl mit den Soldaten und Soldatinnen unkompliziert ins Gespräch. Den Rahmen dazu bot unter anderem die Ausstellung in Bonnland, bei der auch das Kommando Spezialkräfte (KSK) sowie die Gebirgs- und Winterkampfschule ihre Ausrüstung zeigten.

 
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  • Peter Bartosch
    Wir haben ein Bürokratiemonster erschaffen. Da sind alle Parteien mit schuldig. Lasst diese Taugenichtse lieber in den Frühruhestand versetzen, oder jeden Tag die Akten im Keller entstauben und neu sortieren. Kostet uns weniger Steuergelder als wenn sie immer alles blockieren oder nur unnötig teurer machen.
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  • Manfred Englert
    Herr Bartosch, Sie schreiben richtigerweise "WIR".

    Ständig gibt es auf Drängen jedweden Klientels diverser politischer Ausrichtungen neue Gesetze, zu jedem Verordnungen und wieder dazu Ausführungsverordnungen ets pp.
    Doch weshalb ist das so?
    In der Hauptsache weil wir, die mündigen Bürger, die anderer Rechtsauffasung sind, sofort gegen getroffene Maßnahmen Einspruch einlegen und das bis zur Klage bringen.
    Und wehe dem Beamten, der da irgendetwas nicht beachtet hatte.
    Deshalb wird die "Bürokratie"uns immer begleiten und ich fürchte, sie wird noch zunehmen.
    Ausweg? Kenne ich keinen
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  • Helga Scherendorn
    In Deutschland geht gar nichts, sollte es einmal zum Krieg kommen, müssten wir erst sehen, dass für jedes Geschlecht eine Toilette aufgebaut ist, bevor es losgeht.
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  • Peter Bartosch
    Das ganze Land wird durch diese ausufernde Bürokratie ausgebremst und die Kosten für egal was man tun will in die Höhe getrieben. Dann liest oder hört man von Politiker wir müssen die Bürokratie abbauen. Nur tut sich da was? Nein, die Beamten sichern sich schon ihr hochdotierten Arbeitsplatz.
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  • Werner Müller
    Herr Bartosch, der Polizeiobermeister geht mit 2.3oo netto nach Hause bei einer 40-Stunden-Schichtdienstwoche, sein Betrag für die Krankenkasse schon abgezogen. Mal nebenbei gefragt: Was verdienen Sie, wenn Sie schon so ein Beamtenhasser sind? Wie hochdotiert ist denn ihr Arbeitsplatz?
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  • Manfred Englert
    Der Redakteur hätte auch als Überschrift die lobenden Worte Högls zu Bayerns vorbildlichen Baufortschritt wählen können.
    Warum nicht, Herr Dünnebier?
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