zurück
Bad Kissingen
Bauernprotest im Landkreis Bad Kissingen: Was Landwirte umtreibt und warum ganz normale Bürger sie unterstützen
Hört man Landwirten zu, die am Montag in bitterer Kälte demonstrieren, wird klar, dass es nicht nur um Agrar-Subventionen geht. Was einzelne persönlich beschäftigt.
An der Autobahn-Auffahrt zur A 71 bei Münnerstadt, beziehungsweise an der Brücke unweit der Schlegelwarte, versammelten sich am Montagmorgen rund 30 Landwirte, um ihren Protest gegen die Bundespolitik auszudrücken.
Foto: Isolde Krapf | An der Autobahn-Auffahrt zur A 71 bei Münnerstadt, beziehungsweise an der Brücke unweit der Schlegelwarte, versammelten sich am Montagmorgen rund 30 Landwirte, um ihren Protest gegen die Bundespolitik auszudrücken.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:30 Uhr

Dass die Bauern wegen der von der Bundesregierung angekündigten Sparpolitik diese Woche ab 8. Januar auf die Straße gehen, ist klar. Doch was drückt so manchen Landwirt oder sogar Nicht-Landwirt ganz persönlich? Wir kamen am Montag mit ein paar Demonstrierenden an der Autobahnauffahrt Münnerstadt ins Gespräch.

"Ich bin hier wegen der Steuern", sagt beispielsweise Andreas Schmitt aus Burghausen. Wenn er kein grünes landwirtschaftliches Kfz-Kennzeichen mehr an seinem Traktor führen darf, müsse er pro Jahr einen Verlust von 600 Euro einkalkulieren.

Dominik Nöth hat auch den Endverbraucher im Blick

Dominik Nöth (Burghausen) ist gar kein Landwirt. Er sei aber hierhergekommen aus Solidarität zu den Bauern. Er finde es wichtig, den staatlichen Kürzungen mit dieser Demo klare Kante zu zeigen. "Denn wir sind doch alle betroffen." Letztendlich träfen solche finanziellen Einbußen für die Landwirte dann wieder den Endverbraucher. Fleisch, Eier, Milch, Gemüse – alles werde doch dann wieder teurer. "Und es ist ja schon teuer."

Dominik Nöth (Burghausen) ist gar kein Landwirt, will sich aber am Montag, wie er sagt, mit den Landwirten solidarisch zeigen.
Foto: Isolde Krapf | Dominik Nöth (Burghausen) ist gar kein Landwirt, will sich aber am Montag, wie er sagt, mit den Landwirten solidarisch zeigen.

"Ich bin für meinen Sohn André da", sagt Thomas Markert (Seubrigshausen) im Hinblick darauf, dass sein Filius seinen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb weiterführen will. "Ich mache mir Sorgen", sagt er und erzählt, dass der Betrieb schon von seinem Vater und zuvor schon vom Großvater geführt und über die Jahrzehnte aufgebaut worden sei. "Und jetzt geht alles kaputt", befürchtet er.

Thomas Markert ist gekommen, weil er die Zukunft seines Sohnes im Blick hat

Er gibt ein Beispiel dafür, dass kleinere Bauern durch ihre Arbeit nicht "reich" würden, wie seiner Ansicht nach dennoch vielfach behauptet wird: Nach Paragraf 13a des Einkommensteuergesetzes wird der Gewinn für kleinere Betriebe pauschal ermittelt und entsprechend besteuert. Markert: "Die Besteuerung bleibt aber gleich, egal ob und welche Einnahmen man hat oder nicht hat."

Wenn ein Landwirt beispielsweise 20 Hektar Land hat, müsse er von Vornherein einkalkulieren, dass von seinem jährlichen Verdienst letztendlich rund ein Drittel als Steuern abgehen wird, sagt Markert. Wenn nun auch noch bisherige staatliche Vergünstigungen wegfielen, sähe es künftig für diesen Landwirt zappenduster aus, befürchtet der Seubrigshäuser.

Thomas Markert aus Seubrigshausen macht sich, wie er sagt, Sorgen um die Landwirtschaft - auch weil sein Sohn den Betrieb zu Hause übernehmen soll. 
Foto: Isolde Krapf | Thomas Markert aus Seubrigshausen macht sich, wie er sagt, Sorgen um die Landwirtschaft - auch weil sein Sohn den Betrieb zu Hause übernehmen soll. 

Ihn ärgere auch sehr, wenn ihm jemand sagt, dass die Landwirte die Landschaft beispielsweise mit dem Düngen "kaputt machen" würden. "Wir müssen doch alles dokumentieren und dann bei der jährlichen Betriebsprüfung vorzeigen", sagt Markert. Wenn dann etwas nicht stimmen würde oder Auflagen nicht eingehalten worden wären, werde die Flächen-Beihilfe gekürzt. Das würde sich doch kein Landwirt antun, sagt er.

"Ich will, dass auch Kleinbetriebe weiterbestehen."
Edgar Reininger, Nicht-Landwirt aus Burglauer

Julian Reinhard (Großwenkheim) ist erst 26 Jahre alt und hat, wie er erzählt, bereits vor neun Jahren den landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb von seinem Opa übernommen. "Ich will, dass es mit der Landwirtschaft weitergeht und auch Kleinbetriebe weiterbestehen", sagt er und hofft, dass die staatlichen Förderungen künftig jungen Landwirten wie ihm weiterhin zugestanden werden.

Fotoserie

"Denn wir müssen ja wettbewerbsfähig bleiben", sagt er und macht klar, dass die Landwirtschaft für ihn eine Leidenschaft ist. Denn eigentlich arbeitet er hauptberuflich in einem Metall verarbeitenden Betrieb. Dennoch mache es ihm Spaß, nebenbei Landwirt zu sein, wenngleich das oft kein Zuckerschlecken sei. Denn im Sommer zum Beispiel arbeite er dann schon mal locker 40 Stunden in der Landwirtschaft "oben drauf" auf seine normale Arbeitszeit.

Edgar Reininger (Burglauer) ist der Ansicht, dass die Reglementierungen und die Kürzungen der Bundespolitik die Landwirte 'auffressen'.
Foto: Isolde Krapf | Edgar Reininger (Burglauer) ist der Ansicht, dass die Reglementierungen und die Kürzungen der Bundespolitik die Landwirte "auffressen".

Edgar Reininger (Burglauer) hat selbst keinen Betrieb mehr, kennt aber die Sorgen und Nöte der Landwirtschaft aus dem früheren elterlichen Betrieb allzu gut. "All die Vorschriften und Reglementierungen fressen die Landwirte auf, viele haben schon keine Lust mehr, etwas in der Landwirtschaft zu machen."

Er wolle sich bei der Demo mit den Bauern solidarisch zeigen. "Es muss alles so bleiben, wie es ist", sagt er mit Blick auf die staatlichen Vergünstigungen. Denn letztendlich hätte das Streichen von Subventionen eine Verteuerung für die Verbraucher zur Folge, sagt er. "Die Nahrung muss aber selbst für Rentner noch bezahlbar bleiben."

Wichtig ist für ihn auch, wie er sagt, dass die landwirtschaftliche Wertschöpfung weiter in der Region stattfindet. "Denn wir können uns nicht vom Ausland abhängig machen."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Kissingen
Isolde Krapf
Bauernprotest
Besteuerung
Betriebsprüfungen
Einkommensteuergesetze
Kleinbetriebe
Landwirte und Bauern
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top