
Aus Protest gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung sind Ende Oktober Bauern aus allen Ecken Unterfrankens mit ihren Treckern nach Würzburg gefahren und haben den Verkehr zeitweise zum Erliegen gebracht. Das Chaos auf den Straßen hat sich der Bevölkerung eingeprägt. Die Gründe für den Protest aber kaum. Überhaupt: Warum wehren sich gerade unterfränkische Landwirte so massiv vor allem gegen die Düngeverordnung?
„Es ist nicht in unserem Interesse, dass die Leute annehmen, wir Landwirte seien zu dumm oder zu faul, um uns beim Düngen umzustellen“, sagt Georg Scheuring. Der 52-jährige studierte Landwirt aus Gänheim bei Arnstein (Lkr. Main-Spessart) ist doppelt qualifiziert, die Anliegen der Bauern zu vermitteln. Einerseits hat er den bäuerlichen Betrieb seines Vaters übernommen und arbeitet seit Jahrzehnten als Ökolandwirt im Nebenerwerb. Andererseits ist Scheuring seit 25 Jahren Geschäftsführer des Bauernverbands Bad Kissingen und kennt deshalb die Sorgen seiner Kollegen.
Bauern haben die Pflicht, den Stickstoffgehalt ihrer Felder zu untersuchen oder zu errechnen
Scheuring zufolge entzündet sich der Ärger vieler Landwirte an den „überzogenen Vorschlägen“ zum Artenschutz und an der Düngeverordnung, die 2017 eingeführt wurde. 2018 gab es dazu die Ausführungsbestimmungen, 2020 soll die Verordnung nochmals verschärft werden. In der aktuellen Düngeverordnung basiert die Festsetzung „roter Gebiete“ auf Daten der Wasserwirtschaftsämter; dabei wurde vor allem die Nitratbelastung des Grundwassers erfasst. Derzeit gilt, dass Landwirte in "roten" Gebieten mit hoher Nitratbelastung bei der Düngung zusätzliche Auflagen haben. Sie müssen für Behörden mehr dokumentieren und unter anderem den Stickstoffgehalt ihrer Felder regelmäßig untersuchen oder wenigstens mit einem Simulationsprogramm errechnen. Außerdem müssen die Bauern die anfallenden Gärrückstände und den Wirtschaftsdünger auf Gesamtstickstoff, Ammoniumstickstoff und Gesamtphosphat prüfen. Landwirte in grün gekennzeichneten Gebieten mit niedriger Nitratbelastung, haben weniger Aufzeichnungspflichten und mehr Erleichterungen.

Dass Landwirte in Gebieten mit hoher Nitratbelastung weniger düngen dürfen, hört sich für den Laien logisch an. Für viele unterfränkische Bauern ist aber eben diese Regelung zu „eng gestrickt“ und zu simpel gedacht. „Wir hier in Unterfranken haben bekanntermaßen viel Sonne und extrem wenig Niederschläge. Da kommt es dann schnell zu erhöhten Nitratkonzentrationen im Grundwasser“, sagt Scheuring. Trotz intensiverer Tierhaltung und entsprechend höherem Gülleanfall seien auf der bayerischen Düngeverordnungskarte weite Gebiete im regenreicheren Oberbayern als „grün“ gekennzeichnet. Im extrem regenarmen Unterfranken mit deutlich weniger Tierhaltung und weniger Gülle-Aufkommen aber gebe es dennoch viele rot gekennzeichnete Gebiete, vor allem rund um den regenarmen Main herum.

„Wir können das einfach nicht nachvollziehen, dass als Kriterium fürs Düngen nur die vom Wasserwirtschaftsamt gemessenen Nitratwerte gelten - unabhängig von Bodenbeschaffenheit und Niederschlagsmenge“, sagt Scheuring und stellt das Messstellennetz des Wasserwirtschaftsamts in Frage. „Wenn ich sehe, dass das Gebiet um Arnstein herum als rot gekennzeichnet ist, obwohl wir hier so gut wie keine Tierhaltung haben und das Gebiet um Bad Brückenau herum als grün gilt, obwohl dort infolge von mehr Tierhaltung mehr Gülle ausgebracht wird, dann ist das auch für die Landwirte schwer nachvollziehbar“, findet Scheuring.
Ökolandwirt: "Wenn ich nicht mit Futterpflanzen düngen darf, ist das kontraproduktiv"

Der geplanten weiteren Verschärfung der Düngeverordnung im kommenden Jahr sieht Scheuring mit Sorge entgegen. Als Ökolandwirt, der vor allem Getreide und Ackerbohnen produziert, düngt Scheuring Zwischenfrüchte ohnehin nicht mit Gülle, sondern unter anderem mit Luzerne oder Klee. Also mit Futterpflanzen, die zuvor auf seinen Feldern gewachsen sind. „Nach der Düngeverordnung von 2020 darf ich das aber nicht mehr“, sagt Scheuring. „Das ist kontraproduktiv!“. Die Leguminosen Klee und Luzerne würden als Pflanzen gelten, die extrem gut Stickstoff binden können: „Wenn ich die Düngung unterlasse, wird verstärkt Humus im Boden abgebaut und dies wiederum führt dazu, dass mehr CO2 frei wird“.
Bei der Gesetzgebung habe man zu wenig den Praxisbezug gesucht, zu wenig auf den „Sachverstand der Bauern gehört“, so der Landwirt. Bei der verschärften Düngeverordnung, die kommen soll, werde zum Beispiel auf Ausbringungsfahrzeuge gesetzt, die so groß seien, dass sie durch viele Dorfstraßen und in manche Betriebe überhaupt nicht kämen. Auch seien die Vorgaben zum Bau von Silos praktisch unrealisierbar. „Was wir brauchen, sind klare und praxisnahe Vorgaben, die es den Landwirten erlauben, vernünftig zu produzieren“, so der Gänheimer. Die aktuellen Düngevorgaben ließen die Bauern bloß dastehen als „Buhmänner, die alles falsch machen“.
Nitrat ist eine chemische Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff. Pflanzen brauchen die Substanz, um wachsen zu können. ... Wie viel Stickstoff Pflanzen aus Dünger aufnehmen, hängt dabei auch von der Witterung ab. Nitrat entsteht auch auf natürlichem Wege, wenn sich etwa Stickstoff aus der Atmosphäre im Boden ablagert.
In voraus muß gedüngt werden, wer aber weiß, wie das Wetter in Voraus wird?
passen würden gäbe es diese Überdüngung nicht in diesem Ausmaß.
Nur weil mit zugekauftem Kraftfutter viel zu große Tierbestände gehalten werden können gibt es Gülle Mengen die den Düngebedarf der bewirtschafteten Flächen massiv überschreiten. Wenn wir uns mit weniger, aber besser erzeugten Mengen an Fleisch oder Milch zufrieden geben würden und den Bauern auch gerechte Preise zahlen würden, dann gäbe es das massive Problem der Überdüngung nicht in diesem Ausmaß das unser Trinkwasser gefährdet ist.
In meiner Kindheit hielt man die Tiere noch auf Stroh und hatte daher nicht Gülle sondern Mist, dessen Ausbringung wesentlich naturverträglicher war. Aber damals waren Lebensmittel im Verhältnis zum Einkommen natürlich wesentlich teurer und die Bauern bekamen vernünftige Preise.
Solange der Landwirt den Schwarzen Peter hat wird nicht wo anders gegraben.
nein nein, es sind die landwirte, die nitratdünger großflächig ausbringen, da beißt die maus keinen faden ab.
Großflächig werden die Dünger ausgebracht weil Punktuell wäre schwierig.
Hier liegen Sie richtig, aber auch nur nach Bodenproben und bedarfsgerechter Düngung.
Freiwillige Maßnahmen....haben eben nicht dazu geführt, dass die Nitrat-Werte eingehalten werden.
Von den Landwirten wird immer mehr gefordert, sie sollen aber nichts verdienen dürfen und müssen für jeden Unsinn herhalten.
Der Deckmantel der "Bienen" war ebenso eine Mogelpackung! die Bauern waren und sind nicht gegen Bienen - im Gegenteil. sie brauchen sie! Daher haben sie freiwillig selbst schon längst die Initiativen ergriffen.
Die Forderungen die immer mehr werden in der Verbotsgesellschaft entziehen vielen die Lebensgrundlage! Verlangen Sie allen Ernstes, dass diese Berufsgruppe da zusieht und nichts unternimmt?
Es müssten jeden Tag Bauern die Straßen blockieren, damit sie Gehör finden und Ihre Sorgen wahr genommen werden?
Und auch die TOFU und Veggi-Fraktionen hätten nichts zu essen, wenn es keine Landwirte gäbe.
Dass Bauern die Bienen schützen sieht man ja am fleißigen Ausbringen von Insektenvernichtungsmitteln. Ironie aus.
Konventionell arbeitende Landwirte sind verantwortlich für den großen Rückgang an Insekten in den letzten Jahrzehnten. So sieht es in der Realität aus.
Bauern Schützen Bienen und bringen nur im Rahmen der Zulässigkeit Spritzmittel aus (Wie im Übrigen auch die sog. Bio-Betriebe) In der Region Bad Kissingen spritzen die Landwirte übrigens am späten Abend oder Nachts! Insofern ist Ihre Einlassung nicht nur ironisch sondern auch falsch! Hier geht es außerdem um die Düngemittelverordnung!
Und die Meinung dass konventionell arbeitende Landwirte verantwortlich für den großen Rückgang an Insekten in den letzten Jahrzehnten ist genauso unwahr wie es im Volksbegehren um die Bienenrettung geht oder ging! Man glaubt halt populistischen Meinungen die substanziell völlig unbegründet bzw. falsch sind mehr als den Fachleuten. Denn so sieht es in der Realität aus. Und wenn Sie wieder einen "grünen oder ein Öko-Landwirt" herbeizittieren werden Sie ebenso viele finden, die es ganz sachlich widerlegen können!
journalismus wäre es gewesen, wenn sie z.b. nachrecherchiert und durchblicken lassen hätten, warum die düngung mit zwischenfrüchten nicht merh erlaubt ist. es werden in ihrem "artikel" einfach statements eines bauernlobbyisten unreflektiert hingenommen. so machen sie sich zum sprachrohr aber nicht zum journalisten.
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
wenn es hohe nitratkonzentrationen im grundwasser gibt, dann ist das erst einmal ein fakt. woher diese kommen, kann man leicht erschließen: aus der landwirtschaft. ob diese (zu) hohen konzentrationen nun auf die aktuelle menge an ausgebrachter düngung zurückzuführen ist, oder altlasten sind ist erst einmal unerheblich. sie sind da und es darf nicht merh, sondern muss weniger werden
Warum darf hier keine Lobbyarbeit gemacht werden? Jeder Gewerkschaftler oder Grüne, jeder sog. Klimaaktivist oder Tierschützer hat wohl mehr Rechte??? Und das kommt auch über die Presse.
Jeder der gegen das Establishment ist kann wohl verteufeln und die-frei nach dem Motto Trump- Fake News herauspoltern haben Recht??? Mit Nichten!
Wie soll denn weniger Nitrat ins Grundwasser kommen, wenn nicht durch einen Einschränkung der Düngung? Da es, wie es immer so ist, nicht mit der Freiwilligkeit der betroffenen geht, muss halt eine gesetzliche Regelung her. Trinkwasser ist das kostbarste Gut. Das gilt es sauber zu halten. Da muss das Gewinnstreben der Landwirte zurücktreten. Ob es denen nun passt oder nicht.
Was mir am Artikel missfällt, ist dass er nicht als das gekennzeichnet ist, was er ist: eine polarisierende Propaganda eines Lobbyisten. Es ist keine journalistische Berichterstattung. Er ist frei von Objektivität. Er richtet sich ausschließlich an die Klientel des Herrn Scheuring.
Wäre schön wenn jemand hier mal auf den Posten kommen würde der sich mit der Materie auskennt.
@ Georg, für mich sind die Festlegungen durch das Wasserwirtschaftsamt genauso unerklärlich.
Bsp. links der Bahnlinie Rotes Gebiet, rechts davon keine Auflagen.
Finde den Fehler.
Wir werden weiter kämpfen!!!!