Es klingt wie im Film: Fünf Freunde steigen auf ihre Roller und machen sich auf eine abenteuerliche Reise in ein fernes Land, als Ziel die Sonne und das Meer, im Gepäck ihre Freundschaft, eine Menge Entdeckungslust und grenzenloses Freiheitsgefühl.
Für Edgar Thomas, Marcus Lipsius, Achim Hein, Steffen Thomas und Matthias Zänglein, allesamt aus Nüdlingen im Landkreis Bad Kissingen, wird dieses oft gewälzte Drehbuch Realität: Am Morgen des 14. September haben sie sich von ihrer Heimat aus auf drei Vespa-Rollern, einem 125er-Motorrad sowie mit einem Kleinbus für das Gepäck auf den Weg nach Sizilien gemacht.
Mit 50 Stundenkilometern über Landstraßen von Nüdlingen nach Palermo
Rund 3000 Kilometer Wegstrecke liegen vom beschaulichen Nüdlingen bis an die Stiefelspitze Italiens vor ihnen. Autobahnen wollen sie meiden, rechnen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von um die 50 Kilometer pro Stunde. Irgendwann wollen sie in Palermo ankommen. Von dort aus geht es am 28. September zurück in die Heimat - mit dem Flugzeug, ohne Roller. Aber dazu später.
Start und Heimkehr sind so ziemlich alles, was heute schon festgelegt ist, verraten Edgar Thomas, 59, und Marcus Lipsius, 46, am Tag vor der Abfahrt im Gespräch mit dieser Redaktion. "Das ist ja gerade das Schöne", sagt Thomas. "Wir wollen uns nicht von irgendetwas leiten lassen, sondern schauen, was die Tage bringen. Am Morgen auf den Roller zu steigen, einfach in den Tag zu starten und irgendwo anzukommen, da ist man ein anderer Mensch. Und darauf freuen wir uns total."
Der grobe Plan: Es geht zunächst in Richtung Gardasee, der Weg durch Italien soll danach über kleine Straßen möglichst lange am Mittelmeer entlang bis nach Palermo führen. Der Rest - von Etappenlängen über genaue Routen bis zu den Unterkünften - ist offen. Ein echter Roadtrip eben.
Die Idee entstand schon vor Jahren, zu Marcus Lipsius' 40. Geburtstag. "Ich habe mir dazu eine Vespa gekauft", erinnert er sich. Auf der Feier sei auch Edgar Thomas gewesen. Und der hatte damals schon mehrere vergleichbare Touren auf dem Tacho. "Ich habe ihm gesagt, dass wir irgendwann auf dem Ding nach Italien fahren", so Lipsius lachend.
Spenden für soziale Zwecke: Bei Edgar Thomas fährt der humanitäre Gedanke immer mit
Anfang 2024 wurde aus der Idee schließlich ein konkreter Plan, wenngleich zunächst mit anderem Ziel. "Wir wollten eigentlich nach Tunesien", so Thomas. Dagegen sprach sein Grundsatz: "Mir ist wichtig, dass man diese Rallyes nicht nur zum Spaß macht, sondern immer ein humanitärer Ansatz dabei ist." Diesmal lautet der Plan, die Roller - teilweise 28 Jahre alt - am Zielort zu verkaufen und die Einnahmen sozialen Projekten zu spenden.
Der Fahrzeugverkauf, so Thomas, sei in Tunesien nicht ganz einfach abwickelbar. "Deshalb haben wir entschieden, in Europa zu bleiben. Wir haben das Rote Kreuz in Palermo schon kontaktiert und wollen das Geld, das wir für die Roller bekommen, dort an ein Waisenhaus oder etwas Ähnliches spenden." Deshalb geht es zurück nicht auf zwei Rädern, sondern mit dem Flugzeug. Lediglich das Gepäckfahrzeug, einen Fiat Ducato, fahren Edgar und Steffen Thomas wieder nach Hause.
Was die Tour das Quintett kosten wird? "Es kommen schon Kosten zusammen", so Lipsius mit Blick auf Unterkünfte, Benzin und Verpflegung. Ein "Billig-Urlaub" werde es nicht. Klar ist, dass die Spritkosten sich im Rahmen halten werden. Um die 3 Liter verbrauchen die Roller auf 100 Kilometer.
Abgesehen davon zählt das Erlebnis weit mehr als Luxus für die Nüdlinger: "Ich stelle meine Ansprüche sehr schnell zurück. Wir müssen nicht in irgendwelchen Luxus-Absteigen unterkommen", so Marcus Lipsius.
Für Marcus Lipsius bringt die Reise zwei große Herausforderungen mit sich
Das Loslassen wird für den 46-Jährigen die größte Herausforderung, sagt er. "Ich gebe zu, dass ich die Strecke schonmal in den Routenplaner eingegeben habe", sagt er schmunzelnd. "Ich will zumindest wissen, ob wir Richtung München oder Richtung Allgäu losfahren. Der Edgar ist da anders, der würde das vor jeder Abzweigung neu entscheiden", so der Jüngste in der Clique.
Für ihn wird der Trip in einer weiteren Hinsicht Neuland: "Ich bin das erste Mal seit über 20 Jahren 14 Tage von meiner Frau getrennt. Auch die Tochter bleibt daheim. Die Familie komplett zurückzulassen, ist schon herausfordernd." Das mag stimmen. Aber für eine Zeit alles hinter sich zu lassen, gehört eben zu einem echten Roadtrip - nicht nur im Film.