Die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine und die damit verbundene Flüchtlingsbewegung war jetzt auch Thema im Kreisausschuss. Inzwischen haben mehr als zwei Millionen Menschen ihre Heimat dort verlassen. "Die Dynamik ist hoch", sagte Landrat Thomas Bold am Montag in der Sitzung. Auch im Landkreis müsse man rechtzeitig Möglichkeiten der Unterbringung für Flüchtlinge schaffen.
Die Menschen aus der Ukraine, die in Unterfranken ankommen, würden wahrscheinlich zunächst auch in den Anker-Einrichtungen der Regierung untergebracht werden, vermutete Bold. Von dort könnte die Regierung dann den einzelnen Landkreisen eine bestimmte Anzahl von Personen zuweisen. "Wir haben die Aufgabe, die Unterbringung der Flüchtlinge zu organisieren", so Bold weiter.
Zunächst müsse man schauen, ob die Menschen bei Privatpersonen unterkommen könnten. Bereits vergangene Woche hatte der Landkreis diesbezüglich einen öffentlich Aufruf gestartet. Inzwischen haben sich laut Bold etliche Privatleute gemeldet und insgesamt 60 Wohnungen unterschiedlicher Größe angeboten.
Kreis muss auch dezentrale Unterkünfte schaffen
"Aber wir müssen, in Abstimmung mit der Regierung, auch dezentrale Unterkünfte schaffen", so Bold weiter. Zudem seien Notunterkünfte wichtig. Denn 2015, als der Flüchtlingsstrom hauptsächlich aus Syrien, aus dem Irak und Afghanistan einsetzte, habe man gesehen, dass Bedarf da war. Wenn Flüchtlinge im Landkreis, beziehungsweise in den Kommunen ankommen, müssen sie sich bei den Meldeämtern registrieren lassen, damit sie dann auch finanzielle Leistungen erhalten.
Zunächst geht man für die Menschen aus der Ukraine, nach Bolds Angaben, von einer einjährigen Duldung aus, das heißt, die Menschen dürfen ein Jahr in Deutschland bleiben, ohne Asyl beantragen zu müssen. Dieser Aufenthaltstitel könne dann unter bestimmten Voraussetzungen später auf drei Jahre erweitert werden, sagte Bold.
Wer hierherkommt, darf hier auch arbeiten. Klar sein müsse man sich allerdings darüber, dass die Männer zwischen 18 und 60 Jahren in der Ukraine bleiben und meist Frauen, Kinder und Senioren in Nachbarländer flüchten, sagte Bold. Für die 26 Kommunen im Landkreis bedeutet dies also auch, dass sie möglicherweise Kindergartenplätze bereitstellen müssen und ukrainischen Kindern den Zugang zu Schulen ebnen sollen, erläuterte der Landrat.
Was das Landratsamt angeht, sei ein höherer Arbeits- und Personalaufwand abzusehen, wenn immer mehr Flüchtlinge kommen, sagte Bold und erinnerte an das Jahr 2016, als der Flüchtlingsstrom nur durch 20 zusätzliche Stellen im Amt gemeistert werden konnte. Im Kreisausschuss ging es darum, den Landrat zu ermächtigen, zu gegebener Zeit, je nach Anzahl der Zuweisungen und Flüchtlinge, für die erforderlichen Personalzuweisungen und Stellenbesetzungen zu sorgen.
Denn das Landratsamt wird nicht nur bezüglich der Unterkünfte gefordert sein. Das Ausländeramt wird stark beansprucht werden, sah Bold voraus. Und er verwies auf möglicherweise anstehende Mehrarbeit fürs Jugendamt. Im Jahr 2016 zumindest seien sehr viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in den Landkreis gekommen, für die man habe sorgen müssen.
Koordinationsstelle wurde schon eingerichtet
Nach Bolds Angaben hat die Ankunft der Flüchtlinge bislang keine Auswirkungen auf den aktuellen Etat 2022, da man keine verbindlichen Prognosen geben könne. Man geht im Landratsamt jedoch davon aus, dass die entstehenden Kosten später mit Bund und Land abgerechnet werden können.
Friedbert Beck wurde inzwischen im Landratsamt mit den Aufgaben der Unterkunft betraut. Man müsse sich vorbereiten, um nicht später vielleicht von der Dynamik überrascht zu werden, so Bold weiter. "Wir müssen Notunterkünfte vorbereiten, wissen aber nicht, für wie viele Personen wir Platz brauchen."
Betten für Babys und Kinder gesucht
Zudem müssten Kinderbetten organisiert werden, sagte Regierungsdirektor Thomas Schoenwald. "Denn die haben wir nicht, weil 2015 keine gebraucht wurden." Wer also vorhat, demnächst sein Kinder- oder Jugendzimmer zu Hause auf den Sperrmüll zu geben, dem riet Schoenwald, sich beim Kreis zu melden. Denn Kinder- und Baby-Betten können nun beim Kreisbauhof in Oerlenbach abgegeben werden.
Man will jetzt vonseiten des Landkreises ein Kontaktnetz aufbauen, sagte Schoenwald. Dazu gehören Kontaktpersonen aus der Ukraine, die im Landkreis leben und die Neuankömmlinge unterstützen könnten. Wichtig werden dann sicher auch Menschen, die als Dolmetscher und Dolmetscherinnen fungieren.
Zusätzliches Personal jetzt aufbauen
"Wir brauchen einen Vorratssbeschluss, damit wir zügig Personal außerhalb des Stellenplans aufbauen und einstellen können, wenn wir es brauchen." Die Fraktionen waren sich einig, dass der Landkreis vor einer großen Herausforderung steht. Alle Ausschussmitglieder stimmten zu. "Es ist ein Aufruf an die Wertegemeinschaft zu helfen", sagte beispielsweise Roland Limpert (PWG) und Volker Partsch (Grüne/BfU) sprach von einer "erneuten Prüfung der Gesellschaft".
Was der Landkreis dringend sucht, sind Kinder- und Babybetten mit Matratzen. Abgegeben werden können diese im Kreisbauhof in Oerlenbach (Heglerstraße 20, ohne vorherige Anmeldung) an folgenden Tagen: am Freitag, 11. März (10 bis 12 Uhr) sowie Dienstag, 15. März und Mittwoch, 16. März (jeweils von 7 bis 16 Uhr).
Kreis nimmt keine Sachspenden an
Wichtig zu wissen ist aber auch, dass der Landkreis keine anderen Sachspenden annehmen wird. Denn zum einen wisse man nicht genau, wie hoch tatsächlich der Bedarf ist, zum anderen fehlen Lagermöglichkeiten. Auch Geldspenden werden nicht entgegengenommen. Wer spenden will, sollte dies über eine Hilfsorganisation tun.
Die Koordinierungsstelle im Landratsamt ist am schnellsten per E-Mail erreichbar unter ukraine-hilfe@kg.de Wer keinen Online-Zugang hat, kann sich an die Hotline wenden unter Tel. (0971) 801-3800, und zwar zu den üblichen Amtszeiten, montags bis freitags 8 bis 16 Uhr, donnerstags 8 bis 17 Uhr und freitags 8 bis 12 Uhr.