Mebrahtom Gebrehiwet und Debesay Etin sind sich einig: Das Schönste hier ist, dass die Menschen so nett sind. Am meisten fehlt jedem aber die Familie: Mutter, Vater, Brüder und Schwestern, die sie in ihrer Heimat Eritrea zurückließen. Die beiden Jugendlichen sind seit zwei Monaten, zusammen mit acht anderen Jungs aus Eritrea und Mali, in den Bungalows am Volkersberg untergebracht. Als sie damals aus München in die Jugendbildungsstätte umsiedelten, waren sie zunächst skeptisch, schildert Stefan Heil vom Betreuer-Team die ersten Eindrücke der jungen Gäste. Doch jetzt ist für die Jungs ganz klar: Auch in der Rhön ist's superschön.
Bis Mitte 2014 ging man bei der Regierung von Unterfranken davon aus, dass wohl bis Jahresende insgesamt 1500 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Bayern kommen werden. Als die zweite Jahreshälfte begann, hieß es plötzlich, dass die Zahl sich verdoppeln wird, sagt Pressesprecher Johannes Hardenacke auf Anfrage. Und bereits jetzt ist klar, dass im März und April dieses Jahres 60 Jugendliche, die ohne Eltern nach Deutschland kamen, in Unterfranken untergebracht werden sollen.
„Das ist eine Herausforderung für alle“, sagt der Pressesprecher. „Wir suchen dringend Plätze.“ Gemeint sind die zuständigen Stellen in den einzelnen Landkreisen, allen voran die Jugendämter, die sich derzeit bemühen, adäquate Unterkünfte für die Jugendlichen aufzutun. Bei der jüngsten Dienstbesprechung der Landräte war das Thema laut Hardenacke wieder topaktuell.
Auf der Suche nach Wohnungen
Auch im Landkreis Bad Kissingen sind die Verantwortlichen seit vergangenem Jahr immer wieder unterwegs, um sich Häuser anzuschauen, die möglicherweise in Frage kommen. 30 bis 40 jugendliche Flüchtlinge, die ohne Eltern hierherkamen, sollen 2015 im Landkreis ein Domizil finden, sagte Landrat Thomas Bold am Donnerstag beim Pressegespräch am Volkersberg. Etwas Passendes zu finden, sei nicht leicht. „Dankbar“ sei er deshalb gewesen, so Bold weiter, dass der Leiter der Jugendbildungsstätte Ralf Sauer und sein Team sich sofort bereit erklärt hatten, die zehn Jugendlichen im Winter aufzunehmen. Leider müssen die Jungs nun aber am 13. März hier Abschied nehmen, weil die Freizeitanlage dann in die Saison geht und die Holzhäuser vorgebucht sind.
Den neun Eritreern und dem jungen Mann aus Mali dürfte das schwerfallen, denn laut ihrem Betreuer waren sie mit Eifer bei der Sache und hatten zusammen einen Mordsspaß. Sie übten sich erfolgreich im Putzen, Einkaufen und Kochen, lernten fleißig Deutsch und ein paar von ihnen machten sogar einen Breakdance-Kurs beim TSV Bad Brückenau. Gemeinsam unternahm man Ausflüge zum Klaushof oder nach Hammelburg zum Freundeskreis für Flüchtlinge. Einmal ging's sogar nach Frankfurt, weil es nur dort für die sehr gläubigen jungen Männer die Möglichkeit gab, einen vierstündigen äthiopisch-orthodoxen Gottesdienst zu besuchen.
Am 23. Februar begann die Praktikumswoche. Die Jugendlichen können jetzt in zehn regionalen Handwerksbetrieben in ganz unterschiedliche Berufsfelder hineinschnuppern. Die Firmenchefs zeigten sich laut Heil sehr offen. „Und die Jungs waren früh ganz aufgeregt, als sie zum ersten Mal zur Arbeit gingen.“ Der Betreuer hat sich so seine Gedanken über die jungen Leute gemacht. Für ihn ist klar: „Sie wollen was aus ihrem Leben machen.“
Die evangelische Kinder, Jugend- und Familienhilfe der Diakonie Würzburg wird die jungen Leute im März übernehmen. In Würzburg wurde ein Haus für jugendliche Flüchtlinge ohne Begleitung angemietet. Der Würzburger Jugendhilfeträger wird auch in Bad Kissingen bald die Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen übernehmen, sagte stellvertretender Jugendamtsleiter Thomas Duda beim Pressegespräch. In Münnerstadt ist man ebenfalls auf der Suche nach einer Unterkunft, als Träger ist das Netzwerk für Soziale Dienste im Gespräch.
In Bad Kissingen ist ein Gebäude in der Maxstraße in Aussicht gestellt, das jedoch erst im März belegt werden kann, sagte Regierungspressesprecher Hardenacke. Sechs Plätze sind dort vorgesehen. In Münnerstadt sollen dann ab Juni/Juli etwa acht Plätze für minderjährige Flüchtlinge bereitstehen.