
Für Opfer sexuellen Missbrauchs sind die kirchenrechtlichen Vorgaben aber eine Chance, dennoch eine Art Entschädigung zu erfahren: in finanzieller Form von normalerweise bis zu 5000 Euro, die von der Kirche in „Anerkennung des Leids“ gezahlt werden. In Härtefällen ging es bereits um höhere Summen – auch im Bistum Würzburg. Zusätzlich werden meist auch therapeutische Maßnahmen finanziert.
Im Fall von Alexandra W. gibt es jedoch weder eine „Anerkennung des Leids“ noch eine Therapiekostenübernahme. Das Metropolitangericht in München, das vor etwa drei Jahren im Auftrag der Diözese Würzburg die kirchenrechtliche Voruntersuchung durchgeführt hat, schloss die Wahrscheinlichkeit, dass die behauptete Straftat begangen wurde, nahezu aus. Und die höchste Instanz, die Glaubenskongregation in Rom, empfahl der Würzburger Bistumsleitung, die Kirchenakte zu schließen. So ist es im Herbst 2015 geschehen.
Fall öffentlich gemacht
Letztlich wurden einige Monate später nur deshalb Einzelheiten bekannt, weil Alexandra W. ihren Fall daraufhin öffentlich gemacht hat. Zuerst erschien ihre Geschichte Ende März 2016 im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Anschließend berichtete auch diese Redaktion mehrfach darüber – ebenso, dass Professor Laubenthal Hinweise auf ein mögliches weiteres Opfer prüft.
Für Klaus Laubenthal ist dieses Verfahren zwar jetzt ebenfalls beendet. Aber er schließt nicht aus, dass er die Ermittlungen wieder aufnimmt, wenn sich neue Anhaltspunkte ergeben, die dann auch zu einer Wiederöffnung der Kirchenakte führen könnten. „Ich habe immer wieder erlebt, dass ein abgeschlossener Fall plötzlich eine andere Wendung nimmt.“
Unschuldsvermutung gilt für beide Seiten
So lange aber bleibt der Status quo bestehen. Es gilt die Unschuldsvermutung – für den Beschuldigten, dass er den ihm vorgeworfenen Missbrauch nicht begangen hat. Allerdings gilt die Unschuldsvermutung auch für das mutmaßliche Opfer – dass es den Geistlichen nicht fälschlicherweise des Missbrauchs bezichtigt.