Wer dem Tod ins Gesicht blicke, verliere auch die Angst davor, wie der Philosoph Michel de Montaigne gesagt hat. Philosophen waren sich immer einig, dass der Tod zum Leben gehört – ohne Tod gäbe es auch kein Individuum, so der Soziologe und Philosoph Georg Simmel. „Verdränge ich den Tod, verdränge ich dadurch auch mich“, so Bachmaier. Auch mir ging das nicht anders. Testament, Patientenverfügung? Klar. Irgendwann später einmal. Vielleicht mit 60 oder 70. Als wenn sich der Tod immer an die Pläne der Menschen hielte. Nicht jeder wird 70 oder 80. Das Leben kann von heute auf morgen zu Ende sein. Ein Autounfall, in den man unverschuldet gerät, eine geplatzte Ader im Bauch oder Gehirn – all das ereilt nicht nur Menschen im hohen Alter.
Der Glaube an unsere Unsterblichkeit ist eine Illusion – aber eine verständliche. Wir müssen jeden Tag zur Arbeit, haben vielleicht Kinder, unsere Eltern, unsere Hobbys: Da ist keine Existenzialphilosophie, da ist handfestes Zupacken gefragt. Deshalb betonen manche Experten auch, dass Verdrängen im Alltag nicht die schlechteste Methode ist: „Nicht jeder muss über seinen Tod nachdenken“, sagt Gerhild Becker, Professorin für Palliativmedizin am Uniklinikum Freiburg.