
“ Liebhardts Entschluss fiel auch im Einklang mit ihrer Erkrankung: „Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch bleibt. Ich werde sicher keine 100 Jahre. Wenn ich sterbe, selbst, wenn es in einem Jahr sein sollte, will ich sagen können, dass ich noch eine gute Zeit hatte. Ich möchte diese nutzen, noch andere Dinge zu machen, ob beruflich oder privat.“ Dinge, die dem Leistungssport untergeordnet waren.
Untergeordnet, weil sie sich – über kleine Umwege – für eine professionelle Laufbahn entschieden hatte. Kaum das erste Mal vom OP-Tisch geklettert, begann die ehemalige Regionalliga-Volleyballerin das Sporteln – in der Freizeit-Gruppe der TG Würzburg. Die war ein Anhängsel der Leichtathletik-Abteilung, Liebhardt kam in Kontakt mit Kugelstoßer Harald Büttner, der ihr Talent entdeckte und förderte. Es folgte der „Selbstläufer“, das Training wurde intensiver und auch der Schlaganfall 2010, die bleibenden halbseitigen Spastiken konnten sie nicht bremsen. Ein Jahr später war Liebhardt, durch die Lähmungserscheinungen nun kategorisierte Behinderten-Sportlerin, 100-Meter-Weltmeisterin. 2013 wusste sie: Ich will paralympisches Gold! Und zog wenig später nach Leverkusen, absolvierte im Leistungszentrum acht bis zehn Einheiten pro Woche.
Bezugsperson Steffi Nerius
Ihre wichtigste Bezugsperson wurde Steffi Nerius. „Ohne sie wäre ich nie gelandet, wo ich gelandet bin. Da haben sich zwei gesucht und gefunden“, sagt Liebhardt heute. „Wir sind extrem ehrgeizig.“ Ein paar Extraschichten später stand sie 2016 zweimal auf dem Treppchen, als Leichtathletin – sie, die Volleyballerin. Die kaum verbergen kann, dass sie einen Tick lieber Sitzvolleyball bei den Paralympics gespielt hätte, doch das verbietet ihre nicht synchrone Motorik.
Mit sich im Reinen ist Franziska Liebhardt allemal. „Der Wechsel nach Leverkusen war die beste Entscheidung, die ich in meinem Sportlerleben getroffen habe. Dieses Paket wie in Leverkusen hat man im Behindertensport sonst nirgends in Deutschland. Man kann sich auf den Sport konzentrieren.“ Eine bedingungslose Fokussierung, die so künftig nicht mehr existiert. Nach drei Monaten Abtrainieren kehrte die gebürtige Berlinerin, die 2003 aus beruflichen Gründen ins Frankenland („inzwischen meine Heimat“) gezogen war, zurück nach Würzburg. Zwei-, dreimal die Woche wird gesportelt: Handbike-Fahren, Wandern – demnächst auch Rollstuhl-Rugby. „Ich will ganz viel ausprobieren.