Die sogar noch was zu schimpfen hatte: „Ich hatte mir die 14 vor dem Komma vorgenommen.“ Glücksgefühle durften freilich auch raus: „Das hat mir das Gefühl gegeben, alles richtig gemacht zu haben. Ich empfand im Moment des Sieges eine große Dankbarkeit für alle, die mir das ermöglicht haben.“ Sie meint ihre Trainingsgruppe um Speer-Weltmeisterin Steffi Nerius und Paralympics-Goldhamster Markus Rehm, vor allem aber ihre Organspender – nach dem Ersatz der bis zur Unkenntlichkeit verschrumpelten Lunge 2009 rettete ihr 2012 nach einem Nierenversagen der Vater mit einer Lebendspende das Leben ein zweites Mal.
Ethnische Bedenken
Dabei schien sie sich mit dem Tod abgefunden zu haben, hatte sich erst in letzter Sekunde für die Lungentransplantation entschieden: „Ich wollte das nicht. Die ganze Tortur, nur um vielleicht fünf Jahre länger leben zu können. Später kamen ethische Bedenken: Ein anderer muss sterben, nur damit ich lebe.“ Diese Zeit der Entscheidung war die schwerste ihre Lebens: „Es ging nur darum: Operation oder sterben. Und ich habe bereits mit dem Hausarzt palliativ-medizinische Wege besprochen. Jedoch kam mir nie der Gedanke, dass ich es selbst beende.“
Der Eingriff verlief in einem sechsstündigen OP-Marathon erfolgreich. Der erste Atemzug ohne Maschine nach drei Wochen künstlicher Beatmung – ein erhabener Moment. Den Liebhardt aber der Goldmedaille unterordnet: „Klar vergisst man diesen Atemzug nicht, gefühlsmäßig ist sportlicher Erfolg aber was anderes. Die Medaille war das Ergebnis großen Ehrgeizes, von Fleiß und Disziplin, eine Belohnung. Die funktionierende Spenderlunge war das Ergebnis ärztlicher Arbeit und der Nächstenliebe eines Organspenders, den ich immer in meinem Herzen trage. Da habe ich wenig beigetragen.“
Kurze und intensive Sport-Karriere
So erfolgreich die OP war, so erfolgreich war ihre kurze und intensive Sport-Karriere, die sie ganz bewusst sofort nach den Paralympics beenden wollte und auch beendet hat. Diese Entscheidung, gerade für gesunde Leistungssportler oft so schwer, ist Liebhardt deutlich leichter gefallen: „Man sollte aufhören, wenn man gut ist. Ich finde es schlimm, mit ansehen zu müssen, wenn Sportler aufhören müssen, weil sie es leistungsmäßig oder gesundheitlich nicht mehr hinbekommen.