
Von Malta aus ging die Fahrt mit acht Crewmitgliedern vor die Küsten von Tripolis: außerhalb der 12-Meilenzone, in der das Bürgerkriegsland Libyen formal Hoheitsrechte ausübt. Anfangs war das Wetter schlecht, anlandiger Wind und Wellengang hielten die Flüchtlingsboote am Strand. Die Besatzung war allein mit der blaugrauen Wasserwüste und der Seekrankheit. Weit draußen auf dem Meer flackerten nachts Lichter: „Die Schlepper erzählen den Menschen, dass das schon Europa ist und sie nur darauf zufahren müssen.“ Tatsächlich brennt dort lediglich abgefackeltes Gas der Offshore-Förderanlagen.
140 Menschen drängen sich auf zwei kleinen Booten
Am Freitag, den 28. April, hatte sich die See etwas beruhigt. Um 9 Uhr vormittags wurden zwei Holzboote gemeldet. Das Schlauchboot der „Sea-Eye“ nahm Kurs auf die Seelenverkäufer, an Bord Luisa Englert, die mit Schwimmweste und Schutzhelm den Erstkontakt herstellen sollte: „Man denkt zunächst, es sind gar nicht so viele“. Am Ende drängten sich über 140 Menschen an Bord, überwiegend Männer, alle von der Seekrankheit gezeichnet und apathisch: „Einige haben schon Galle gespuckt.“ Andere lagen auf dem Boden, nach wenigen Stunden Fahrt. Das Beiboot näherte sich von der Heckseite, um zu verhindern, dass sich die Migranten an eine Seite drängen und ihr Fahrzeug zum Kentern bringen.