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WÜRZBURG
Der Professor serviert Katzenfleisch
Not an der „Heimatfront“ Im Sommer 1916 sind Lebensmittel rationiert und nur noch gegen Marken zu bekommen – wenn die Geschäfte nicht leer sind. Die Menschen hungern und essen sogar Katzen- und Pferdefleisch. Bis Kriegsende sterben 700 000 Deutsche an Unterernährung.
Im Ersten Weltkrieg nimmt der Hunger bedrohliche Ausmaße an. Vier von Pferden gezogene Feldküchen („Gulaschkanonen“) versorgen ab 1916 die Würzburger Bevölkerung. Alle Illustrationen stammen aus dem Würzburger Stadtarchiv. Lediglich das Plakat „Spart Seife!“ entnahmen wir dem Begleitband zur Ausstellung „Der Sprung ins Dunkle. Die Region Nürnberg im Ersten Weltkrieg“.
Foto: Dettelbacher Gulaschkanone: Werner Dettelbacher, Damals in Würzburg. Bilddokumente aus der Zeit von 1914 – 1945, Würzburg (Stürtz) 1971. | Im Ersten Weltkrieg nimmt der Hunger bedrohliche Ausmaße an. Vier von Pferden gezogene Feldküchen („Gulaschkanonen“) versorgen ab 1916 die Würzburger Bevölkerung.
Roland Flade
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:16 Uhr

Protest erhebt sich keiner. Alle singen nach dem ungewöhnlichen Mahl „Deutschland, Deutschland über alles!“, schreibt Lehmann in seinen Memoiren. Der Verzehr von seltsamen Lebensmitteln ist in diesem Sommer 1916 geradezu eine patriotische Pflicht, ein Beitrag der „Heimatfront“ zu den Kriegsanstrengungen der Soldaten.

Auch zu Hause beim Professor kommen regelmäßig Pferdefleisch und Katzenfrikadellen auf den Tisch. Das Pferdefleisch („köstlich, wenn das Pferd jung ist“) kauft Lehmann zweimal wöchentlich im Würzburger Schlachthaus, die Katzen stammen aus dem Hygienischen Institut, wo sie zu Versuchszwecken gehalten werden.

Trotzdem hat Karl Bernhard Lehmann häufig Hunger, so wie die anderen Menschen in Deutschland. 20 Kilo nimmt er im Lauf des Krieges ab, denn irgendwann sind alle Institutskatzen verzehrt und von Pferdefleisch allein kann man nicht leben. Die Ernährungslage wird immer katastrophaler, viele Lebensmittel sind nur noch gegen Marken zu bekommen – wenn es überhaupt welche gibt.

 
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