Protest erhebt sich keiner. Alle singen nach dem ungewöhnlichen Mahl „Deutschland, Deutschland über alles!“, schreibt Lehmann in seinen Memoiren. Der Verzehr von seltsamen Lebensmitteln ist in diesem Sommer 1916 geradezu eine patriotische Pflicht, ein Beitrag der „Heimatfront“ zu den Kriegsanstrengungen der Soldaten.
Auch zu Hause beim Professor kommen regelmäßig Pferdefleisch und Katzenfrikadellen auf den Tisch. Das Pferdefleisch („köstlich, wenn das Pferd jung ist“) kauft Lehmann zweimal wöchentlich im Würzburger Schlachthaus, die Katzen stammen aus dem Hygienischen Institut, wo sie zu Versuchszwecken gehalten werden.
Trotzdem hat Karl Bernhard Lehmann häufig Hunger, so wie die anderen Menschen in Deutschland. 20 Kilo nimmt er im Lauf des Krieges ab, denn irgendwann sind alle Institutskatzen verzehrt und von Pferdefleisch allein kann man nicht leben. Die Ernährungslage wird immer katastrophaler, viele Lebensmittel sind nur noch gegen Marken zu bekommen – wenn es überhaupt welche gibt.