Der 57-jährige Karl Bernhard Lehmann ist Professor für Hygiene in Würzburg und somit ein Mitglied des gehobenen Bürgertums, das auf perfekte Manieren achtet. Doch das Menü, das der Gelehrte im Sommer 1916 einer Gruppe von jungen Mädchen servieren lässt, missachtet den in seiner Gesellschaftsschicht üblichen Komment. Was seine Frau und seine Töchter gekocht haben, sei „wohlschmeckend, sauber und wohlbekömmlich“, beruhigt der Professor die Gäste vor der Mahlzeit, allerdings verstoße es „gegen Vorurteile“.
Das ist nicht übertrieben.
Die Mädchen, Mitglieder der Ortsgruppe des Würzburger Frauenvereins, greifen herzhaft zu, bitten auch gelegentlich um eine zweite Portion. Schließlich ist üppiges Essen, noch dazu mit mehreren Fleischgängen, zwei Jahre nach Kriegsbeginn schon äußerst selten. Was sie gegessen haben, erfahren sie erst anschließend: Es gab Katzenbouillon, Fleisch von jungen Katzen, Pferdefleischlende, Brennnesselspinat und Löwenzahnsalat.