Achim Muth ist Mitglied des Themenmanagements und hat zuletzt die Biografie von Markus Wasmeier gelesen.
Kleist als Spicker
Eigentlich ist es kein bestimmtes Heft, mit dem ich eine besondere Erinnerung verknüpfe, vielmehr spüre ich heute beim Durchblättern meiner noch vorhandenen, meist gelben Hefte den Geist einer längst vergangenen Zeit, ja fast einer anderen Lebensart. Reclam-Heftchen, das waren die Jahre von Wohngemeinschaft und Vanille-Tee, von langen abendlichen Gesprächen über Gott und die damals noch völlig von sozialen Netzwerken befreite Welt.
Reclam, das war aber auch der Kampf durch Pflichtlektüre im Fach Deutsch. Faust 2 war schlimm, sollte ich vielleicht – altersmilde geworden – noch einmal lesen. So manches Werk, wie „Macbeth“, habe ich mit eigenen Anmerkungen verziert, von denen ich allerdings nicht mehr weiß, warum und für wen. Kleists „Rückseite“, der wie zufällig auf der Bank lag, diente als Spicker für eine Mathe-Klausur, andere Ausgaben wie der „Taugenichts“ sind gespickt mit Unterstreichungen und selbst angebrachten Fußnoten – feinsäuberlich mit Bleistift eingetragen. Erst kürzlich gelesen habe ich Jakob Wassermanns „Das Gold von Caxamalca“ – ein echter Reclam-Oldie von 1948.