Josef Schäfer ist stellvertretender Redaktionsleiter in Schweinfurt. Und die heiße Jugendliebe zu Asterix und Co lodert weiter.
Überall dabei
Monsieur Ibrahim et les fleurs du Coran – das erste fremdsprachige Reclamheft in meiner Sammlung. Ich nannte es oft einfach „Schmitt“ (französisch ausgesprochen nach ?ric-Emmanuel Schmitt). „Schmitt“ könnte ein beliebiges erstes Buch in irgendeiner Sammlung sein – für mich war es der Beginn meiner Liebe zur französischen Sprache. Und dafür nahm ich das Heft überallhin mit. Tagaus tagein in die Schule – für den Fall, dass eine Deutsch- oder Geschichtsstunde mal weniger spannend war. Leider bekam es „Schmitt“ auf einem dieser Ausflüge mit meiner überschwappenden Thermoskanne zu tun – die Spuren davon trägt es noch heute. Später kam „Schmitt“ auf Zugfahrten in meine Studienstadt Tübingen und zurück mit, manche Male zur Uni. Sogar in der Mensa war „Schmitt“ dabei und hatte dort eine unangenehme Begegnung mit einer Joghurt-Nachspeise . . .
Auch wenn ich nie hineingekritzelt habe, „Schmitt“ sieht mitgenommen aus nach elf Jahren – aber ich liebe dieses Reclamheft trotzdem noch. Oder gerade deshalb. Und wer weiß, vielleicht nehm ich „Schmitt“ mal wieder ab und an auf Reisen mit!
Brigitte Theil ist Content-Managerin bei der Main-Post Digitale Medien und trotz Spaß an der Online-Arbeit glücklich, ein gedrucktes Erinnerungsstück in Händen zu halten.
Unbefleckt
Ludwig Anzengruber, Das vierte Gebot. Johann Nestroy, Freiheit in Krähwinkel. Christian Dietrich Grabbe, Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Ernst Toller, Hoppla wir leben! Es sind viele gelbe Bändchen, sehr viele. Vom 250 Seiten fetten Faust, der Tragödie dritter Teil, bis zur magersüchtig dünnen Marquise von O . . . Die war Pflichtstoff im Deutsch-LK und ist voller feinsäuberlicher Notizen, Pfeilen, Unterstreichungen, Sternchen, Fußnoten. „Das Interesse des Lesers wird durch Paradoxie geweckt.“ Gab 15 Punkte, auch mit Sternchen. Dantons Tod ist handschriftlich um eine komplette Dramen-Interpretation ergänzt, weil Abitur-Thema. Leider kam dann ein Goethe-Gedicht dran. Kleist und Büchner also: bearbeitet, beackert.
Alle anderen Hefte aber? Unbefleckt und jungfräulich, die Marquise könnte sich ein Beispiel nehmen, liegen sie horizontal geschichtet im Bücherregal, zweite Reihe, hinter den Werkausgaben. Und sie erlauben – Scherz, Satire, Ironie – nur eine Erkenntnis und tiefere Bedeutung: Ohne jegliche Originalliteratur gelesen zu haben kommt man problemlos durchs Germanistikstudium.
Alice Natter betreut die Wochenend-Ausgabe und findet immer noch, dass man Theaterstücke nicht lesen kann, sondern auf der Bühne sehen muss.