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Schweinfurt
ZF in Schweinfurt: Welche Veränderungen der neue Chef am Standort plant
Den Begriff Schnüdel kennt Manfred Süß noch nicht. Dafür hat der neue ZF-Standortleiter klare Ideen, wohin die Schweinfurter Werke steuern sollen. Mit wie vielen Mitarbeitern?
Neuer Chef bei ZF in Schweinfurt: Manfred Süß sieht den Standort in einem intensiven Wandel.
Foto: Anand Anders | Neuer Chef bei ZF in Schweinfurt: Manfred Süß sieht den Standort in einem intensiven Wandel.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:58 Uhr

Seit Mai hat der größte Industriearbeitgeber in Mainfranken einen neuen Chef: Manfred Süß. Er leitet jetzt den Standort in Schweinfurt mit seinen 9000 Beschäftigten. Zuvor war der 54-jährige Ingenieur Chef des ZF-Werks in Aschau am Inn, das auf Airbags spezialisiert ist.

Süß hat Hans-Jürgen Schneider abgelöst, der in den Ruhestand ging. Der neue Standortleiter ist gebürtiger Oberbayer und seit 27 bei ZF tätig. Er wohnt in Schweinfurt, pendelt in der freien Zeit zu seiner Frau und seinen beiden Kindern (12 und 14 Jahre) nach Wasserburg am Inn. Seine Hobbies: Radfahren, Klettern, Bergwandern. Wie hoch will er in Schweinfurt hinaus? Im Interview sagt Süß, was seine Ziele sind und was er von der Stadt, dem ZF-Standort und von Elektroautos hält.

Frage: Wie ist Ihr erster Eindruck von Schweinfurt?

Manfred Süß: Ich finde, dass es eine schöne Stadt ist. Ich hatte meine Wohnung in Schweinfurt schon, bevor ich hier zu arbeiten anfing. Leider war am Anfang wegen Corona noch nicht viel geöffnet. Aber jetzt bin ich abends öfters in der Altstadt mit ihren schönen Lokalen und kleinen Gassen unterwegs.

Dann testen wir doch gleich mal ihr lokales Wissen: Wie lautet der Spitzname der Schweinfurter, insbesondere der Fußballer des FC 05?

Süß: (zögert) Da muss ich passen.

Schnüdel. Nie gehört?

Süß: Nein. Ich wohne zwar in der Nähe des Stadions, aber das hab' ich noch nie gehört (lacht).

Als Ihnen mitgeteilt wurde, dass Sie Standortleiter in Schweinfurt werden sollen: Was war Ihr allererster Gedanke, Ihr allererstes Gefühl?

Süß: Ich war damals im Homeoffice und habe zu meiner Frau gesagt: Ich habe das Angebot, dass ich nach Schweinfurt gehe und einen der größten ZF-Standorte leiten soll. Dann war ich natürlich stolz, dass ich gefragt wurde. Es war mir also schnell klar, es zu tun.

Solche Antriebe für Elektroautos werden bei ZF in Schweinfurt hergestellt.
Foto: Anand Anders | Solche Antriebe für Elektroautos werden bei ZF in Schweinfurt hergestellt.
Was war Ihr erster Eindruck von den ZF-Werken in Schweinfurt?

Süß: Von der Größe war ich beeindruckt. Und von dem, was die ZF-Mitarbeiter an diesem Standort leisten, welche technologischen Innovationen hier seit jeher entstehen.

Sie wurden vorgestellt als jemand, der den ZF-Standort Schweinfurt zukunftsorientiert weiterbringen will. Was gibt es hier weiterzubringen?

Süß: ZF hat sich frühzeitig auf die Gestaltung der Mobilität von Morgen ausgerichtet. Dazu gehört auch das Thema Digitalisierung, und zwar in  allen Bereichen – nicht nur bei den Prozessen oder in der Produktion. Auch die Stanzerei oder Galvanik, die schon ewig lange da sind, sind betroffen. Hier wird sich noch viel tun, um Anlagen zu vernetzen. Wir brauchen die Automatisierung und die Künstliche Intelligenz, um die Qualität weiter zu optimieren und die Prozesse besser zu verstehen.

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Das ist heute nicht mehr überraschend, dass ein Werk digitalisiert werden soll. Ihre Einschätzung: Wo steht ZF in Schweinfurt da auf einer Skala von 1 wie miserabel bis 10 wie super?

Süß: (zögert) Wir sind leider noch nicht in allen Bereichen gleich gut, aber mit einzelnen Spots schon bei sieben oder eher acht. Aber wir müssen überall am Standort den gleichen hohen Standard haben.

Solche großen Schritte in der Digitalisierung brauchen spezielle Fachkräfte. Bekommen Sie in Mainfranken dieses Personal?

Süß: Wir bilden selbst sehr viel aus. Aber auch eine frühzeitige und stetige Weiterentwicklung der Mitarbeiter ist von größter Bedeutung. Und Digitalisierung ein Thema, das die Leute interessiert.

Ein Chef muss die Mannschaft dazu bringen, dass sie sich wandelt. Wie gehen Sie mit Beschäftigten um, die sich vielleicht nicht wandeln wollen, die bremsen, die das Neue ablehnen?

Süß: Mit viel Kommunikation. Wir zeigen die Notwendigkeit zur Weiterbildung auf und bieten maßgeschneiderte Programme an. So befähigen wir unsere Mitarbeiter, weiterhin wettbewerbsfähige Produkte entwickeln und produzieren zu können. Klar hat man Leute, die sagen: Am liebsten mache ich das, was ich immer gemacht habe. Auch für diese haben wir genügend Arbeiten, die wir nicht umstellen werden. Aber es gibt hier in allen Altersgruppen viele Leute, die den Wandel mitgestalten wollen und die Chancen für sich und den Standort sehen.

Welche Art von Chef sind Sie also?

Süß: Ich mag immer mit den Leuten arbeiten. Ich bin keiner, der sich vorne hinstellt und sagt: Das muss so und so sein. Ich versuche, für die Leute da zu sein, ihnen Brücken zu bauen, damit sie sich selbst gut organisieren können.

Wo sind Sie in zehn Jahren bei ZF?

Süß: Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht. Irgendwann habe ich entschieden: Ich mache nie einen Schritt, um den nächsten zu machen.

Und wie viele Mitarbeiter wird ZF in zehn Jahren in Schweinfurt haben?

Süß: Es wird zu Veränderungen in der Beschäftigung kommen, und manche Stellen werden wegfallen. Weil sich ZF aber insgesamt gut entwickelt, kommen auch neue Stellen hinzu. Was sich wandelt, sind die Beschäftigungsprofile, die wir künftig benötigen. Wir sind Leitstandort für die E-Mobility, haben Musterbau, Entwicklungs- und Produktionskompetenz da. Dieses Knowhow ist hier am Standort. Das wird bleiben. Ich denke nicht, dass es dramatische Veränderungen bei der Mitarbeiteranzahl geben wird.

"Ich bin keiner, der sich vorne hinstellt und sagt: Das muss so und so sein."
ZF-Standortleiter Manfred Süß über seinen Führungsstil
In Schweinfurt hat die ZF-Belegschaft eine Arbeitsplatzgarantie bis 2025. Wie urteilen Sie darüber?

Süß: Ich finde das gut, denn sie ist Teil einer Betriebsvereinbarung, mit der sich ZF als Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam aufgemacht haben, den Wandel in der Automobilindustrie zu gestalten und den Standort wettbewerbsfähiger aufzustellen.

Wie ist Ihr Verhältnis zur IG Metall? Schließlich war in der Vergangenheit die ZF-Belegschaft bei Streikaktionen immer eifrig dabei.

Süß: Es ist ein gutes Verhältnis. Auch die Diskussionen hier mit dem Betriebsrat sind offen.

ZF setzt auf Elektroantriebe. Privat haben Sie ein Auto mit Verbrennermotor. Haben Sie schon mal ein E-Auto gefahren?

Süß: Na klar.

Wo sehen Sie beim Fahren den Unterschied? Was schätzen Sie an E-Autos?

Süß: Der Unterschied ist dieses leise Dahinrollen. Das Drehmoment des E-Motors ist besser. Die zurückhaltende Akzeptanz des E-Motors liegt für mich immer noch in der Ladekapazität beziehungsweise den wenigen Ladesäulen.

Würden Sie sich privat ein Elektroauto kaufen?

Süß: Im Moment noch nicht. Ich kaufe mir stattdessen einen Hybrid. Da, wo wir wohnen, können wir 80 Prozent der Fahrten elektrisch absolvieren. Das sind Fahrten in die Schule, Fahrten in die Stadt. Aber auch  Urlaubsfahrten sind mit einem Hybridfahrzeug stressfrei möglich.

Dann freuen Sie sich wohl schon auf den Hybrid-Dienstwagen von ZF.

Süß: Ja, wirklich. Denn damit kann ich unter der Woche alle Fahrten zwischen den Werken elektrisch fahren. Und die 330 Kilometer nach Hause bringt mich dann problemlos der Verbrennungsmotor.

ZF in Schweinfurt

Mit 9000 Beschäftigten in Schweinfurt ist die ZF Friedrichshafen AG größter kommerzieller Arbeitgeber in Mainfranken. Als Standortleiter ist Manfred Süß für die Abläufe in den Schweinfurter ZF-Werken verantwortlich.
ZF mit Sitz in Friedrichshafen am Bodensee gilt mit seinen 153 000 Beschäftigten weltweit und einem Jahresumsatz von zuletzt 32,6 Milliarden Euro als einer der größten Autozulieferer der Welt. Die nicht börsennotierte Aktiengesellschaft gehört fast vollständig einer Stiftung der Stadt Friedrichshafen. 2001 ging der bekannte Schweinfurter Kugellager-Spezialist Fichtel & Sachs in dem Konzern auf. Nutzfahrzeuge und Industrietechnik gehören ebenfalls zum Repertoire von ZF.
Der Konzern ist in neun sogenannte Divisionen eingeteilt, die das Spektrum des 106 Jahre alten Unternehmens abdecken sollen. Dazu zählen die Division Aftermarket (Ersatzteile) mit Sitz in Schweinfurt und vor allem die Division Electrified Powertrain Technology, die den wichtigen Bereich der Elektromobilität vertritt. Viele Bahnen laufen hier in Schweinfurt zusammen, wo Mitte 2019 das konzernweite Entwicklungszentrum für E-Mobilität eröffnet wurde. ZF setzt bei Auto-Antrieben insbesondere auf Plug-in-Hybride, also eine Kombination aus Verbrenner- und per Steckdose aufladbarem Elektromotor.
aug
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