Die Corona-Pandemie wird die Rhön-Klinikum AG in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) noch auf unbestimmte Zeit wirtschaftlich in ihren Klauen halten. Das war eine der Kernaussagen während der virtuellen Hauptversammlung des Krankenhauskonzerns am Mittwochvormittag.
Weitere bittere Erkenntnis für die Aktionäre: Es wird heuer wie im Vorjahr keine Dividende geben. Die 193 Millionen Euro Bilanzgewinn werden auf 2022 übertragen.
Es war die erste ordentliche Hauptversammlung, die nicht mehr direkt im Licht der turbulenten Übernahme der "Rhön" durch den Hamburger Konkurrenten Asklepios im vergangenen Jahr stand. Und vor allem war es die erste ohne den einstigen Übervater und langjährigen Aufsichtsratsvorsitzenden Eugen Münch. Er war 2020 aus Altersgründen ausgeschieden und hat nun im Hintergrund nur noch eine nicht näher definierte Rolle als Generalbevollmächtigter.
Wie sehr Asklepios mittlerweile die Fäden in Bad Neustadt in der Hand hat, zeigt sich schon an der Besetzung der führenden Gremien. Im vierköpfigen Vorstand sitzen mit dem Vorsitzenden Christian Höftberger und Stefan Stranz seit einem Dreivierteljahr zwei Männer, die wegen früherer Funktionen bei Asklepios eine Nähe zum Mehrheitseigner haben. Nur Bernd Griewing und Gunther Weiß sind so etwas wie Rhön-Eigengewächse.
Im Kontrollorgan des Vorstands, dem Aufsichtsrat, hat Asklepios ebenfalls eine Dominanz. Denn Vorsitzender Jan Liersch als Nachfolger von Münch ist Chef der hessischen Broermann Holding, die wiederum hinter dem Asklepios-Konzern steht. Dessen Chef der Geschäftsführung, Kai Hankeln, sitzt ebenfalls im Aufsichtsrat von Rhön.
Was die Aktionäre wissen wollten
Schon wegen dieser Dominanz richteten die Aktionäre einen Teil ihrer Fragen darauf, was die Übernahme durch Asklepios bislang gebracht habe. Vor allem Synergieeffekte, war die Antwort von Vorstandsmitglied Weiß. Gerade beim Einkauf von Material für alle Kliniken erreiche der neue Verbund nun bessere Konditionen, sodass in Zukunft Kosten mitunter "im einstelligen Millionenbereich" pro Jahr gespart werden könnten. Auch eine Vereinheitlichung der Computerprogramme in den Krankenhäusern nannte Weiß als Vorteil.
Von "massiven wirtschaftlichen Belastungen" in Folge der Corona-Pandemie sprach Vorstandschef Höftberger. Die Behandlung von bislang knapp 3000 solcher Patienten sei mitunter zeitintensiv und habe die Personal- sowie Sachkosten in die Höhe getrieben. Die Fallpauschalen als wesentliche Vergütungsart von Klinik-Leistungen "berücksichtigen das nicht", so Höftberger. Er forderte vom Staat eine Entlastung der Krankenhäuser von bürokratischen Pflichten und eine bessere Struktur der Finanzierung.
Warum es in diesem Jahr keine Dividende gibt
Trotz allgemein gesunkener Inzidenzen "wird die Pandemie uns in den Krankenhäusern noch eine ganze Weile begleiten", sagte Vorstandsmitglied Griewing. Diese Perspektive war letztendlich ausschlaggebend dafür, dass die Rhön-Klinikum AG den Bilanzgewinn nicht an die Aktionäre verteilt, sondern ins nächste Jahr überträgt. Nur so sei der Konzern in dem wirtschaftlich unruhigen Fahrwasser auf der sicheren Seite. Dafür und für die Entlastung des Vorstandes gab es nahezu einhellige Zustimmung der Aktionäre.
Es sei "noch zu früh" abzusehen, ob es im nächsten Jahr wieder eine Dividende gebe, antwortete Griewing auf die Frage eines Aktionärs. Indes war es Vorstandschef Höftberger wichtig, an das Wir-Gefühl im Verbund Asklepios/Rhön zu appellieren. Das Bad Neustadter Unternehmen mit acht Kliniken an fünf deutschen Standorten, 18 400 Beschäftigten und zuletzt 809 000 Patienten werde seine Eigenständigkeit im Verbund ausbauen.
Protestaktion von Attac
Die Hauptversammlung wurde begleitet von einer Protestaktion der Globalisierungsgegner von Attac. Sechs Demonstranten forderten vor der Rhön-Konzernzentrale in Bad Neustadt mit einem Straßentheater die Abschaffung der Fallpauschalen, bessere Bedingungen für die Beschäftigten in Krankenhäusern sowie ein Verbot für Betreiber, Gewinne zu erzielen. Auch sollten einst privatisierte Kliniken wieder in die Hand von Kommunen gegeben werden.