Alle zusammengenommen, stehen rund 3000 Menschen auf dem Rhön-Klinikum-Campus hoch über Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) in Lohn und Brot. In den Kliniken, bei der Service GmbH mit ihrem Reinigungspersonal sowie bei der Saaletalklinik für Suchtkranke, die allerdings wenige Kilometer entfernt residiert. 3000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer warten gespannt auf den 19. August und damit auf die Hauptversammlung der Rhön-Klinikum AG.
Asklepios hat das Übernahmeverfahren der Rhön-Klinikum AG zwischenzeitlich abgeschlossen. Nach Ablauf des entsprechenden Angebots halten Asklepios und Dr. Bernard große Broermann gemeinsam mit dem Unternehmensgründer Eugen Münch rund 93 Prozent der Stimmrechtsanteile.
Rund 3000 Mitarbeiter am Standort Bad Neustadt
Die Stimme der rund 3000 Mitarbeiter ist Helmut Bühner, seit 1998 Betriebsratsvorsitzender für die Bad Neustädter Häuser der Rhön AG. Seit einem Jahr vertritt er auch die Arbeitnehmerschaft des ehemaligen Kreisklinikums in Bad Neustadt, das in der neuen Campus-Struktur aufgegangen ist. Die Kolleginnen und Kollegen der ehemaligen Kreisklinik werden nach dem Tarif des Öffentlichen Dienstes bezahlt.
Anfang des Jahres ist es gelungen, den Haustarif des Rhön-Klinikums ein weiteres Stück an diese Verträge des Öffentlichen Dienstes anzupassen. "Das ist auch ein Schwerpunkt unserer Arbeit, nämlich für gleichwertige Bedingungen zu sorgen", sagt Bühner, der mit 21 Betriebsratskollegen, davon fünf Freigestellten, die Arbeitnehmerinteressen vertritt. Im August geht Verdi in die nächste Tarifrunde mit der Öffentlichen Hand. Dann könnte wiederum Anpassungsbedarf bestehen zwischen den beiden Tarifgruppen im Haus.
Fragen werden gestellt
"Natürlich kommen Kollegen auf uns zu und stellen Fragen", erzählt der Betriebsratsvorsitzende. Über Asklepios und seinen Umgang mit Mitarbeitern sind nicht nur positive Nachrichten im Umlauf. Vor allem am Standort Uniklinikum Gießen-Marburg befürchtet die Gewerkschaft Verdi eine Verschlechterung der Lage für die Mitarbeiter.
Aber gerade die Teilung der Arbeitnehmerschaft in zwei Tarifstrukturen könnte ein Pfund sein. Dem Gesundheitskonzern, der sich nach der Griechischen Gottheit der Heilkunst benannt hat, dürfte kaum daran gelegen sein, wieder einen Keil zwischen die Belegschaft zu schlagen. Das Rhöner Campus-Modell soll Nachahmer finden auch unter dem Dach des einstigen Konkurrenten. Das geht nicht ohne eine motivierte Belegschaft, die das Modell zum Erfolg führt.
Warten auf die Hauptversammlung
"Wir alle hier warten erst einmal die Hauptversammlung ab, dann wissen wir mehr über die neuen Voraussetzungen", sagt Bühner betont gelassen. Er und sicherlich viele Rhön-Mitarbeiter setzen darauf, dass Rhönklinikum-Gründer Eugen Münch in der neuen Konstellation ein wichtiges Wörtchen mitzureden hat. Er hat als Aufsichtsratsvorsitzender die Altersgrenze erreicht und mit dem Asklepios-Coup, der Braun Melsungen aus dem Rennen warf, "seine" Rhön-Klinikum AG in die gewünschte Richtung gelenkt. "Münch hat immer zum Standort Bad Neustadt gestanden und dies mit dem neuen Rhön-Klinikium-Campus am Rhöner Standort auch zuletzt bezeugt", sagt Bühner.
Vertrauen auf Eugen Münch
"Es gibt Unterschiede an den Standorten, die mit der Historie verbunden sind", erklärt Bühner. Nichtsdestotrotz tausche man sich gerade im Vorfeld der Übernahme durch Asklepios auf Konzern-Ebene aus. "Der Konzern-Betriebsrat kommt viermal im Jahr zusammen, erst im Juni hat es ein Treffen gegeben", erzählt der Arbeitnehmervertreter. Die eigene Betriebsversammlung für den Bad Neustädter Standort wird nach der Hauptversammlung stattfinden, an der Bühner als Gast teilnehmen möchte. "Es werden zwei, vielleicht drei Versammlungen sein wegen der Corona-Schutzmaßnahmen, vielleicht auch online", sagt der 60-jährige Betriebsratsvorsitzende.
Was den Bad Neustädter Campus betrifft, ist seine Meinung klar: "Ohne die private Klinikstruktur wäre ein derartiges 250-Millionen-Euro-Projekt niemals nach Rhön-Grabfeld gekommen, sondern in die Ballungszentren", so seine Einschätzung.