Unterfranken steht größtenteils auf grün: Das jedenfalls gilt für die Verschuldung, deren aktuellste Zahlen vom 1. Oktober 2020 datieren. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Würzburg stellte dazu ihren Schuldneratlas für die Region vor. Demnach waren zum Stichtag in Unterfranken mit seinen rund 1,3 Millionen Einwohnern 75 265 Menschen über 18 Jahre überschuldet. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um genau 1 Prozent, der im bundesweiten Trend liegt.
Das überrascht auf den ersten Blick, war 2020 doch von den schwerwiegenden Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt. Aber zumindest in finanzieller Hinsicht konnten wirtschaftspolitische Instrumente die Menschen offenbar überwiegend auffangen – allen voran das Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfen, aber auch die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung.
In puncto Insolvenzen kam es bis zum Herbst ebenfalls nicht so schlimm wie befürchtet. Die anhaltende Pandemie könnte allerdings dafür sorgen, dass die roten Vorzeichen beim nächsten Schuldneratlas auch in Unterfranken dominieren werden.
Der Würzburger Creditreform-Chef Raymond Polyak sieht im aktuellen Bericht besorgniserregende Tendenzen: "Die Zahl der weichen Überschuldungen ist in Unterfranken auf den höchsten Stand seit zehn Jahren geklettert." Der Anstieg betrage 5,1 Prozent, von 30 043 auf 31 585 Menschen.
"Weich" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich bei diesen Erwachsenen die Mahn- und Inkassofälle mehrerer Gläubiger häufen. Von einer harten Verschuldung spricht man beispielsweise bei Privatinsolvenzen.
Deren Zahlen waren zuletzt auch in der Region rückläufig, was sich wohl schon bald wieder ändern dürfte. "Das liegt auch an den seit dem 1. Oktober geltenden Neuregelungen im Insolvenzrecht, die viele haben abwarten lassen", so Polyak. Diese Neuregelungen gelten vorübergehend.
Der Hauptauslöser für Überschuldungen waren 2020 deutschlandweit nicht etwa Arbeitsplatzverlust oder Scheidung, sondern eine unwirtschaftliche Haushaltsführung. "Ich gehe davon aus, dass dies auch auf Unterfranken so zutrifft", sagte Polyak. Trotz der Corona-Pandemie würden viele Menschen mehr ausgeben, als sie sich eigentlich leisten könnten, auch weil es mehr Gelegenheiten für Online-Käufe gebe. "Hinzu kommen teils kostspielige Renovierungen."
Für die Region auffällig ist außerdem, dass die Schuldnerquoten der unter 30-Jährigen anders als deutschlandweit nicht gesunken sind. Eine Erklärung könnte sein, dass gerade für Studierende viele Jobs weggebrochen sind, etwa in der Gastronomie.
Eine dritte für Unterfranken bedenkliche Tatsache ist die enorme Diskrepanz der Verschuldung in den Städten Schweinfurt und Aschaffenburg. Während in beiden Fällen in manchen Stadtteilen die Schuldnerquote bei bis zu 15 Prozent liegt, sind es in anderen Kommunen nur rund 5 Prozent.
Insgesamt waren zum 1. Oktober 2020 in Mainfranken aber die meisten Werte laut Creditreform im grünen Bereich. Die Schuldnerquote, die die Zahl der überschuldeten Menschen zur Bevölkerungszahl der über 18-Jährigen ins Verhältnis setzt, ist auf 6,79 Prozent gesunken (2019: 6,88). Damit bleibt sie sowohl unter den Werten von Bayern (7,14) als auch der Bundesrepublik (9,87).
Ganz vorne liegen die Landkreise Schweinfurt (4,95), Würzburg (5,24) und Main-Spessart (5,48). Gegen den Trend leicht erhöht haben sich die Verschuldungsquoten in den Landkreisen Rhön-Grabfeld (5,82) und Kitzingen (6,59). In den Städten Schweinfurt (10,04) und Würzburg (7,58) gingen die Werte insgesamt am stärksten zurück. Die Schuldnerquoten der über 70-Jährigen und 40- bis 49-Jährigen haben in Unterfranken hingegen bereits 2020 zugenommen, wenn auch nur leicht.