Erstmals seit 2013 hat sich die Zahl der überschuldeten Verbraucher in Unterfranken wieder verringert. Das berichtet die Auskunftei Creditreform, die ihren aus eigenen Daten zusammengestellten Schuldneratlas vorstellte. Zuvor hatte die Zahl der Überschuldungsfälle fünf Jahre lang durchweg zugenommen.
Laut Creditreform konnten zum Stichtag 1. Oktober 2019 etwa 76 000 Unterfranken ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr langfristig nachkommen. Das sind 1000 Menschen und damit 1,2 Prozent weniger als 2018. Auf lange Sicht gesehen bleibt die Überschuldung jedoch ein Problem in der Region: So stieg die Zahl der Überschuldungsfälle von 2012 bis heute um rund 6,6 Prozent.
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Wo die Überschuldung in Unterfranken am höchsten ist
Die Zahl der Überschuldeten ist 2019 in allen kreisfreien Städten und Landkreisen des Regierungsbezirks leicht zurückgegangen, meldet Creditreform. Insgesamt liegt die Schuldnerquote in Unterfranken derzeit bei 6,9 Prozent. Die aktuell höchste Quote hatte 2019 erneut die Stadt Aschaffenburg: 11,2 Prozent der Erwachsenen gelten hier als überschuldet. Danach folgt Schweinfurt mit 10,5 Prozent. Hier weist also knapp jeder zehnte Erwachsene Merkmale von Überschuldung auf. Als deutlich entspannter stellt sich die Situation dagegen in den Landkreisen Würzburg und Schweinfurt dar, wo die Quote jeweils bei rund 5 Prozent liegt.
Steigende Einkommen und geringe Arbeitslosigkeit begünstigen Situation
Nicht nur in Unterfranken, sondern generell in Deutschland sank die Zahl überschuldeter Verbraucher 2019 – jedoch nur geringfügig. Als Grund für den Rückgang nannte Creditreform vor allem günstige wirtschaftliche und finanzielle Rahmenbedingungen im Jahr 2019. "Tendenziell steigende Einkommen und ein weiterer Rückgang der Arbeitslosigkeit dürften die Überschuldungssituation positiv beeinflusst haben", so Michael Bretz, Leiter der Wirtschaftsforschung beim Verband der Vereine Creditreform.
Creditreform: Positiver Trend ist womöglich nur von kurzer Dauer
Creditreform warnt, dass dieser positive Trend jedoch nur von kurzer Dauer sein könnte. In den vergangenen Jahren hätten sich "die konjunkturellen Rahmenbedingungen in Deutschland" durch den Brexit und Handelsstreitigkeiten "eingetrübt". "Bislang wird die Abschwächung der Industriekonjunktur und des Außenhandels noch von einer stabilen Binnenkonjunktur kompensiert", schreibt Creditreform im Schuldneratlas. Sei das nicht mehr der Fall, könnte dies schwerwiegende Folgen für die Überschuldungssituation haben.
So gab Michael Bretz zu bedenken, dass Verbraucher, die derzeit noch als "weich" überschuldet gelten, dann schnell zu "hart" überschuldeten Personen werden könnten. Unter "harter" Überschuldung versteht Creditform Schicksale, die vor Gericht gelandet sind und bei denen es schon mehrere Mahnungen gegeben hat – die ausweglosen Härtefälle also. Bei "weich" Überschuldeten hingegen ist die Krise noch im Anfangsstadium.
Zahl der "weichen" Überschuldung steigt
Zum ersten Mal seit Beginn der Erhebungen sank 2019 in Unterfranken die Quote der "harten" Überschuldung – von 63 Prozent im Vorjahr auf 60,5. Vor allem die gute Arbeits- und Einkommenssituation dürfte die Intensität der Überschuldung verringert haben, erklärt Bretz.
Dagegen ist jedoch die Quote der "weichen" Überschuldungen erneut gestiegen. Laut Bretz sei der Hauptauslöser dafür vor allem die "unwirtschaftliche Haushaltsführung" bei den Verbrauchern. Das bedeutet so viel wie: Die Verbraucher geben zu viel Geld für den Konsum aus. Vor allem attraktive Finanzierungsmöglichkeiten im Handel führten dazu, dass Verbraucher immer mehr in die Überschuldung getrieben werden, erklärt Bretz.
Altersüberschuldung steigt
Ebenfalls beunruhigend: Laut Creditreform gewinnt das Phänomen der Altersüberschuldung stärker als in den Vorjahren an Bedeutung. Auch in Unterfranken sei ein Anstieg der Schuldnerquote bei den über 70-Jährigen zu beobachten. "Wenn man nur von der Rente lebt, ist es sehr schwierig, aus der Überschuldung herauszukommen", erklärt Bretz am Dienstag.
Hinzu komme oft die Scham älterer Leute, sich helfen zu lassen und Unkenntnis über die Möglichkeit der Privatinsolvenz. Bretz ist sich sicher: "Die Zunahme der Altersüberschuldung wird uns auch in Zukunft noch beschäftigen."