Holz ist knapp, Metall ist knapp, alles ist knapp: Das bekommt die deutsche Wirtschaft seit Wochen massiv zu spüren – und mit ihr die Möbelhändler. Für Kunden hat das mitunter kuriose Folgen: Das Unternehmen WM-Küchen in Frammersbach (Lkr. Main-Spessart) zum Beispiel kann Küchen nur noch lückenhaft montieren, weil Geräte wie Backofen oder Geschirrspüler zur Mangelware geworden sind.
Firmenchef Sven Rüppel weiß nicht, wie lange das noch so weitergeht. Sein Unternehmen mit Niederlassungen unter anderem in Würzburg und Erlenbach bei Marktheidenfeld hat 83 Mitarbeiter, darunter 20 Monteure. Im Interview berichtet der 35-jährige Geschäftsführer, wie die Firma mit verärgerten Kunden und anderen Herausforderungen umgeht.
Sven Rüppel: Zum Glück verstehen es die meisten unserer Kunden. Dafür danke. Ein kleiner Teil versteht es nicht. Da kommt dann zum Beispiel die Frage: Ich habe doch die Küche schon im Januar bestellt, jetzt wird sie im Juli ohne Geräte eingebaut – wie kann das sein?
Rüppel: Wir versuchen natürlich, es zu erklären. In unserer Branche wird nicht sofort bestellt, wenn der Kunde den Kaufvertrag unterschrieben hat. In der Regel muss man erst noch zum Kunden fahren für das Aufmaß. Das dauert ja alles. Vor der Pandemie haben wir die Teile ein bis zwei Wochen vor dem Montagetermin beim Kunden bestellt. Das hat immer funktioniert. Mit der Pandemie und all den Folgeerscheinungen haben wir die Bestellung vorgezogen auf vier Wochen. Jetzt reicht auch das nicht mehr. Deshalb bestellen wir seit einiger Zeit - wenn das Aufmaß und so weiter erledigt ist – sofort auf Liefertermin und hoffen, dass wir die Geräte dann zum Montagetermin beim Kunden haben.
Rüppel: Vor der Pandemie nach etwa sechs Wochen. Jetzt liegen wir bei acht bis zehn Wochen. Wenn ich heute eine Küche beim Lieferanten bestelle, bekomme ich sie Ende September.
Rüppel: Diese Fälle gibt es. Wir haben ein paar kleine Tischkühlschränke gekauft, mit denen wir uns und unseren Kunden aushelfen. Oder wir bieten den Kunden andere Leihgeräte an, wenn das möglich ist. Unsere Ausstellungen sehen teilweise etwas zerfleddert aus. Das ist so, weil wir Kunden wie auch immer helfen wollen, damit ihre Küchen vollständig sind. Also werden auch schon mal Geräte, nach Absprache mit dem Kunden, aus den Ausstellungsstücken ausgebaut und zu ihm gebracht.
Rüppel: In der Regel macht man das nicht. In unserer Einkaufsgemeinschaft haben wir eine WhatsApp-Gruppe. Dort fragte erst neulich ein Kollege: Ich brauche das Gerät XY – kann mir das jemand besorgen? Aber: Das Gerät, das er sucht, brauchen wir alle. Insofern geht es uns allen gleich.
Rüppel: Es ist halt einfach so, dass viele Teile aus dem Ausland kommen. Da spielte vor einigen Wochen die Sperrung des Suez-Kanals für Schiffe eine Rolle. Dann musste beispielsweise Miele ein Werk wegen Corona schließen. In anderen Werken mussten wegen Corona Vorkehrungen wegen Hygiene, Abstand und so weiter getroffen werden. Das hat dort Prozesse verlangsamt. Jetzt sind zwar die Grenzen wieder offen, aber es ist wenig Material da. Beispiel Halbleiter, die ja fast in jedem technischen Gerät verbaut sind und aus Asien kommen: In Taiwan macht jetzt ein Werk für zwei Wochen wegen Corona zu.
Rüppel: Das würden wir liebend gerne machen. Das geht aber nicht, die Hersteller sind bei vielen Geräten im Rückstand. Von Miele war zu hören, dass 2000 Geschirrspüler fehlen würden, die bestellt worden seien, aber noch nicht ausgeliefert werden könnten. Das heißt, die Hersteller nehmen im Moment keine Lagerbestellungen an.
Rüppel: Darüber könnte man sich Gedanken machen. Aber das ist nicht die Philosophie, die wir haben. Es stellt sich auch die Frage, ob diese Billighersteller besser liefern können. Sie sitzen ja im selben Boot.
Rüppel: Das ist erst einmal ein immenser Zeitaufwand – und schließlich ein Kostenfaktor. In der Regel ist eine Küche nach zwei Tagen montiert. Wenn zum Beispiel der Kühlschrank schon geliefert worden ist, aber der Backofen noch nicht, dann fahren wir ein Mal zum Kunden und vielleicht Wochen später schon wieder. Für unsere Verwaltung ist das eine logistische Herausforderung. Sie muss dann zum Monteur sagen: Fahr mal quer rüber zu dem Kunden und schieb mal schnell den Backofen in die Nische rein. Das ist alles sehr kräftezehrend.
Rüppel: Wir waren neulich mit Siemens und AEG zusammen. Die Vertreter saßen teilweise schulterzuckend da, weil sie auch nicht wussten, wie es weitergeht. Sie haben gesagt, dass es noch bis Mitte/Ende 2022 dauert, bis alles wieder in normalen Bahnen läuft.
Rüppel: Die gibt es aktuell nicht. Dazu muss man sehen, dass die Möbelbranche von der Pandemie keinen Schaden genommen hat, weil die Leute es sich zuhause schön gemacht haben. Unter diesem Aspekt springen keine Kunden ab. Natürlich werden wir im Moment gefragt, ob wir noch alles geliefert bekommen. Damit gehen wir offen um. Denn was nützt es uns, wenn wir dem Kunden irgendetwas verheimlichen? Aus anderen Branchen bekommt man es ja auch mit, dass Material fehlt.
Rüppel: Da hören wir gottseidank von den Lieferanten von Schränken und Möbeln, dass es für die kommenden Monate keine Probleme gibt. Einer unserer Hauptlieferanten hat in der letzten Woche die Aussage getroffen, dass er sich mit Material eingedeckt und die Lager vollgemacht hat. Natürlich wird das irgendwann auch mal zu Ende sein, wenn sich die Situation in vielen Bereichen nicht ändert.