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Arnstein/Karlstadt
Baubranche: Was der Grund für den Holzmangel ist
Das Bauhandwerk klagt seit Wochen über Engpässe und steigende Preise. Dabei gibt es in Bayern vom Rohstoff Holz genug. Woher dann der Mangel? Welche Rolle spielt Schadholz?
Teure Mangelware: Bauhandwerker kommen seit Wochen nur schwer an Holz ran, die Preise sind deutlich gestiegen. Die Gründe dafür sind vielschichtig.
Foto: Rolf Vennenbernd, dpa | Teure Mangelware: Bauhandwerker kommen seit Wochen nur schwer an Holz ran, die Preise sind deutlich gestiegen. Die Gründe dafür sind vielschichtig.
Vanessa Michaeli
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:50 Uhr

Bayern ist eines der waldreichsten Bundesländer Deutschlands. Ungefähr 2,6 Millionen Hektar Wald gibt es hier, das entspricht mehr als einem Drittel der Gesamtfläche des Freistaates. Genug Holz also für alle und vor allem für das Bauhandwerk, sollte man meinen. Doch seit Wochen gehen die Holzpreise durch die Decke, der Nachschub wird knapp, Baufirmen ächzen. Es stellt sich die Frage, woran es hakt auf dem Markt.

Hubert Röder, Sprecher der Cluster-Initiative Forst und Holz Bayern des Wirtschaftsministeriums, sagt: "Wir haben so viel Holz wie jährlich nachwächst", also durchschnittlich 12 bis 14 Kubikmeter je Hektar. Die Vorräte durch die im Wald wachsenden Bäume seien groß, die Versorgung mit Holz sei gesichert. "Die nächsten Jahrzehnte wird es keinen Mangel an Rundholz geben", sagt Röder. Das derzeitige Problem liege beim Nadelschnittholz - also bei Brettern, Balken und anderem Bauholz.

Welche Rolle Schadholz spielt

Die deutschen Wälder waren in den vergangenen Jahren Stürmen, starker Trockenheit und dem Borkenkäfer ausgesetzt. Dadurch gab und gibt es viel Schadholz, das die Förster einschlagen und auf den Markt bringen mussten.

Christoph Riegert, Leiter des Forstbetriebs Arnstein (Lkr. Main-Spessart) der Bayerischen Staatsforsten, erklärt: "Die durch den Klimawandel hervorgerufenen Phänomene haben zu einem Überangebot an Holz geführt." Die Sägewerke hatten laut Riegert entsprechend viel Nachschub und konnten auf Anschlag produzieren.

Große Holz-Exporte in die USA und nach China

Doch die großen Mengen an Schnittholz konnten die Sägewerke zeitweise nicht in Deutschland absetzen. Sie exportierten – und zwar hauptsächlich nach China und in die USA. Denn die Wirtschaft in den beiden Ländern hat während der Corona-Krise schneller wieder angezogen als in Deutschland, die dortige Bauindustrie wurde mit Konjunkturpaketen gefördert. In den USA kamen während der Amtszeit von Präsident Donald Trump noch Zölle auf Holz aus Kanada hinzu, von wo das Land sonst das meiste Holz importiert.

Der Holzeinschlag spielt eine entscheidende Rolle für die Entwicklung des Marktes. 
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Der Holzeinschlag spielt eine entscheidende Rolle für die Entwicklung des Marktes. 

So kam es, dass die USA und China extrem viel Holz kauften, während die Nachfrage in Deutschland stagnierte. Die Folge: Die Preise auf dem Weltmarkt stiegen, zeitweise verdreifachten sie sich, die Sägewerke exportierten. Allein in die USA verkaufte die deutsche Sägeindustrie im vergangenen Jahr mit fast zwei Millionen Kubikmetern Schnittholz mehr als doppelt so viel wie 2019.

Wie die heimischen Sägewerke reagieren (müssen)

Viele dieser Verkaufsmengen sind laut Röder noch immer vertraglich gesichert. Die Sägewerke müssen die USA und China also weiter beliefern und können die inzwischen wieder gestiegene heimische Nachfrage daher nur bedingt oder verspätet bedienen.

Ein Sprecher des bayerischen Forstministeriums schreibt auf Anfrage, dass einzelne heimische Handwerksbetriebe massiv mehr Schnittholz auf Vorrat bestellt hätten, als sie merkten, dass immer weniger verfügbar war. Diese Hamsterkäufe hätten dazu geführt, dass sich die Situation weiter verschärfte.

Zudem habe sich der höhere Preis für Schnittholz am Weltmarkt lange kaum auf die inländischen Rundholzpreise ausgewirkt. Damit fehlte der ökonomische Anreiz für Förster, mehr Holz – vor allem das bei der Bauindustrie beliebte Fichtenholz – einzuschlagen.

Zu viel Schadholz in den Wäldern

Doch das ist nicht der einzige Grund, wieso Waldbesitzer zurzeit wenig gesunde Fichten fällen. Ludwig Angerer, Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Karlstadt (Lkr. Main-Spessart), sagt: "Wir brauchen gerade alle unsere Kapazitäten für Waldschutz." Die Förster seien damit beschäftigt, das in den vergangenen Jahren entstandene Schadholz aufzuarbeiten. Christoph Riegert vom Forstbetrieb Arnstein bestätigt das: "97 Prozent der Fichten, die ich dieses Jahr gefällt habe, sind Schadholz."

Dieses Schadholz müssen die Förster laut Riegert aufarbeiten, damit sie den Wald nachhaltig bewirtschaften können. Der Forstbetrieb Arnstein habe in den vergangenen Jahren manchmal doppelt so viel Holz einschlagen müssen wie sonst. Alles in allem seien in jüngster Vergangenheit zu viele Bäume aus den Wäldern geholt worden, sagt der Forstbetriebsleiter: "Daher müssen wir das jetzt kompensieren." Statt 9000 Kubikmeter plant er, in diesem Jahr nur 6000 Kubikmeter Fichten zu fällen.

Was noch dazu kommt: das Forstschäden-Ausgleichsgesetz. Die bundesweite Regelung ist im April in Kraft getreten und beschränkt den Frischholzeinschlag von Fichten. Für seinen Forstbetrieb sieht Riegert darin aktuell zwar kein größeres Problem: Er will aus Gründen der Nachhaltigkeit zurzeit sowieso nicht mehr gesunde Bäume fällen. Und auch Ludwig Angerer vom Forstamt in Karlstadt sagt, dass die privaten und kommunalen Förster kein Problem mit der Beschränkung hätten: "Momentan macht eh kaum einer Frischholz, weil jeder sein Schadholz aufarbeitet."

Doch die Forstleute sind sich einig, dass das Gesetz etwas zu spät erlassen worden sei. Es soll erreichen, dass der Einschlag von gesundem Holz gedrosselt wird und damit der Preis für Schadholz steigt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte angesichts der Lieferengpässe auf dem deutschen Markt zuletzt gefordert, die Beschränkung so schnell wie möglich wieder rückgängig zu machen.

Holzpreise: Bauen bleibt teuer

Forstwissenschaftler Röder ist überzeugt, dass sich der Markt bereits langsam wieder einpendelt, die Preise aber trotzdem dauerhaft steigen werden. "Wir werden Schnittholz nicht mehr so günstig bekommen wie in den vergangenen Jahren", sagt der Cluster-Sprecher. Da auch die Preise für Beton, Zement und Stahl nach oben gehen, werde Bauen insgesamt teurer werden. Zum Teil um 20 bis 30 Prozent, wie Bauhandwerker in der Region zuletzt gegenüber dieser Redaktion schätzten.

Der Preisanstieg bei Schnittholz wirkt sich mittlerweile auch auf die Preise für Rundholz aus. Für die Waldbesitzer bedeutet das, dass sie mehr Geld für die nachhaltige Bewirtschaftung ihrer Wälder haben. Burkard Müller, Geschäftsführer eines Sägewerks in Reupelsdorf (Lkr. Kitzingen), sagt: "Die Situation ist eine Chance für den Wald." Müller hofft, dass sich die Preise zwar beruhigen, aber auf einem höheren Niveau bleiben. So würde der Rohstoff Holz wieder mehr wertgeschätzt.

Mitarbeit: aug

 
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