Der Rohstoffmangel ist seit Wochen in aller Munde. Wurde zunächst bekannt, dass es zu Engpässen auf dem Holzmarkt gekommen ist, stellte sich schnell heraus, dass auch bei anderen Rohstoffen und Baustoffen die Nachfrage gestiegen ist. Auch Schrauben wurden knapper und teurer. Doch welche Auswirkungen hat die Knappheit auf Schweinfurts Industrie?
Wie eine Umfrage dieser Redaktion unter den großen Betrieben zeigt, sind überall die Alarmglocken an. Doch bei wesentlichen Aspekten stehen die Unternehmen offenbar im Nebel: Weder beim Anstieg der eigenen Verkaufspreise noch bei den Folgen des Rohstoffmangels für die Produktion gibt es konkrete Angaben. Das Thema hat schon deshalb Tragweite, weil Schweinfurt das industrielle Zentrum Mainfrankens ist.
SKF: "Steigende Rohstoffpreise werden uns noch länger beschäftigen"
Zuversicht verbreitet Martin Johannsmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der SKF GmbH: "Wie alle Unternehmen in der metallverarbeitenden Industrie spürt auch SKF in dieser Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs die Auswirkungen hoher Rohstoffnachfrage, insbesondere beim Stahl. Wir setzen gleichzeitig alles daran, unsere Kunden fristgerecht zu bedienen. Dies gelingt dank guter Lieferantenbeziehungen und des hohen Einsatzes unserer Beschäftigten derzeit noch gut." Der Kugellagerspezialist SKF hat in Schweinfurt 4000 Beschäftigte.
Es sehe danach aus, dass die Engpässe am Rohstoffmarkt und steigende Rohstoffpreise das Unternehmen noch länger beschäftigen werden, so Johannsmann. "Wenn deshalb Produktionen gestoppt werden müssten, beträfe das natürlich auch Zulieferer wie SKF."
Bosch Rexroth: "Bislang können wir unsere Produktion aufrechterhalten"
Bei Bosch Rexroth könne die Produktion bislang aufrechterhalten werden, berichtet Pressesprecherin Nicole von Killisch-Horn. Aber: "Die aktuell angespannte Liefersituation für Stahl stellt unsere Logistik und Produktion zunehmend vor Herausforderungen – insbesondere vor dem Hintergrund einer steigenden Nachfrage. Hier profitieren wir von unserer langfristigen Planung, mit der wir Marktentwicklungen frühzeitig antizipieren."
Das Unternehmen mit Sitz in Lohr und einer Niederlassung in Schweinfurt (1300 Beschäftigte) verfolge die Entwicklung des Marktes "sehr aufmerksam" und steuere "situativ entgegen". Bosch Rexroth erwarte "keine kurzfristige Entspannung im Bereich Rohmaterial und Komponentenversorgung".
ZF: "Konsequenzen und Dauer der Engpass-Situation derzeit noch nicht abzusehen"
Die Pressestelle des Autozulieferers ZF teilt auf Anfrage mit: "Von der derzeitigen weltweiten Knappheit bei Halbleitern ist die gesamte Automobilindustrie betroffen, denn der Mangel an Computerchips und weiteren Elektronikbauteilen führt dazu, dass weniger Fahrzeuge gebaut werden können als nachgefragt sind." Über eine Task Force stehe ZF in ständigem engen Austausch mit Kunden und Lieferanten.
Welche Konsequenzen der Produktionsrückgang für die ZF-Werke und deren 9000 Mitarbeiter in Schweinfurt hat, sei für das Unternehmen derzeit noch ebenso wenig abzusehen wie die Dauer des Engpasses. Neben dem Mangel an Computerchips und Elektrobauteilen ist laut ZF die gesamte Branche "von Verknappungen weiterer Produktionsmaterialien wie Stahl oder Kunststoff betroffen".
Fresenius: "Arbeiten intensiv daran, die Patientenversorgung sicherzustellen"
Fresenius Medical Care produziert am Standort Schweinfurt (1300 Beschäftigte) Dialysegeräte und andere medizintechnische Apparate. "Diese Produkte sind für Patientinnen und Patienten weltweit lebenswichtig", heißt es aus der Abteilung Konzern-Kommunikation von Fresenius. "Wir beobachten daher die Situation an den Rohstoffmärkten und in unseren Lieferketten sehr genau und arbeiten intensiv daran, die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Das gelingt uns bisher sehr gut." Fresenius habe wie geplant produzieren und liefern können.
Schaeffler: Lieferkettenmanagement angepasst, Dialog mit den Unternehmenspartnern
Auch für den Industrie- und Autozulieferer Schaeffler mit seinen 6500 Beschäftigten in Schweinfurt ist der Rohstoffmangel eine globale Herausforderung. "Schaeffler hat das klare Ziel, für seine Kunden die Situation auf keinen Fall zu verschlechtern, sondern gemeinsam gute Lösungen zu finden – und das tun wir. Wir stehen mit unseren Partnern in einem kontinuierlichen Dialog, der uns eine Mittel- und Langfristplanung erlaubt."
Schaeffler habe früh angefangen, "einen Supplier Risk Tower ins Leben zu rufen. Mittels diesem analysieren wir, wo wir von welchem Zulieferer entlang der Lieferketten ein Risiko sehen und steuern aktiv gegen".
Stahl sei einer der wichtigsten Rohstoffe für Schaeffler, bei dem derzeit eine Knappheit auf dem Weltmarkt festzustellen sei. Dennoch werde Schaeffler "jederzeit Sorge dafür tragen", dass die Kunden beliefert werden können. "Wir ergreifen dafür alle nötigen Maßnahmen in der Lieferkette und in den Werken, zum Beispiel durch eine agile und flexible Anpassung unserer Produktion", so Sprecher Marco Bosch auf Nachfrage.
"Die Situation bleibt auch für uns volatil, jedoch konnten wir beispielsweise bei Stahl zuletzt einen leicht positiven Trend feststellen", so Bosch. Auch wegen der weltweit noch nicht ausgestandenen Corona-Pandemie bleibe die Situation unbeständig.
Schaeffler: "Wir bereiten uns auf alle möglichen Szenarien vor"
Schaeffler bereite sich aber auf "alle möglichen Szenarien vor. Unser Ziel war und ist es immer, die Auswirkungen auf Kunden, Geschäftspartner, Mitarbeiter und andere Gruppen zu minimieren".
Gleichzeitig habe das Unternehmen bereits bei den ersten Anzeichen der Pandemie bewusst die Lagerhaltung hochgefahren, um handlungsfähig zu bleiben. Parallel habe Schaeffler unter anderem mit dem Supplier Risk Tower Maßnahmen und Tools geschaffen, "die eine Steuerung auch in dieser volatilen Situation ermöglicht hat", heißt es aus dem Unternehmen.