"Totengräber der Messelandschaft": Mit derlei dramatischen Einschätzungen zum Lockdown hat sich Henning Könicke am Dienstag in einem offenen Brief an Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gewandt. Könicke ist Chef der Messegesellschaft AFAG in Nürnberg, die alle zwei Jahre die Mainfranken-Messe in Würzburg ausrichtet.
Heuer wäre es wieder so weit: Die größte Publikumsmesse der Region gilt mit durchschnittlich 100 000 Besuchern als bedeutender Wirtschaftsfaktor in Mainfranken und soll ab 25. September für neun Tage auf den Talavera-Mainwiesen stattfinden. Es ist zwar noch gut ein halbes Jahr bis dahin, doch bei AFAG laufen die Vorbereitungen seit Monaten.
Was für den AFAG-Chef klar ist und was nicht
Die Staatsregierung müsse schleunigst festlegen, "wann und wie Messen wieder stattfinden können", schreibt Könicke als Vorstandsvorsitzender des Fachverbandes Fama in seinem Brief an Söder. Trotz der düsteren Aussichten hat Könicke für Würzburg eine gute Nachricht: AFAG wolle die Mainfranken-Messe in diesem Jahr "auf jeden Fall" ausrichten. Manches Detail ist für den Geschäftsführer aber noch in der sprichwörtlichen Glaskugel.
Das fängt bei der Frage an, ob die Staatsregierung im Sommer oder Herbst überhaupt grünes Licht für Messen geben wird. Er sei zwar bei den regelmäßigen Treffen seiner Branche mit dem Wirtschaftsministerium in München dabei, so Könicke. Er könne aber derzeit keine Entscheidung der Politik erkennen.
Zuversicht schöpft der AFAG-Chef aus der Tatsache, dass für die Mainfranken-Messe bislang 100 Anmeldungen vorlägen - in etwa so viel wie bei den vergangenen Messen zu diesem frühen Zeitpunkt im Jahr. 2019 waren rund 600 Aussteller in Würzburg vertreten, 60 Prozent davon kamen aus der Region.
Um den ausstellenden Firmen Sicherheit zu geben, habe AFAG eine Klausel eingebaut: Wer sich bis Ende März anmelde, könne bei einer Absage der Messe ohne Abzüge stornieren, sagte Könicke auf Anfrage. Die Standgebühren seien gegenüber 2019 kaum verändert worden.
Den Corona-Regeln geschuldet ist dagegen eine geplante Veränderung: Laut Könicke wird es auf der Mainfranken-Messe weniger, aber größere Hallen geben. Das sei mit Blick auf bessere Lüftung und den geordneten Besucherstrom im Einbahnstraßensystem von Vorteil. Auch sollen die Gäste schon außerhalb des Geländes so gelenkt werden, dass die beiden Eingänge gleichmäßiger als bisher genutzt und so Warteschlangen vermieden werden.
Auch im Würzburger Rathaus geht man davon aus, dass es die Mainfranken-Messe heuer geben wird. Für Einzelheiten insbesondere zu Hygiene- und Abstandsregeln sei es aber noch zu früh, heißt es aus der Pressestelle. Dazu müssten die Vorgaben von Bundes- und Staatsregierung zu gegebener Zeit abgewartet werden. Die Stadt Würzburg hat die Trägerschaft für die Schau, die es seit 1950 gibt.
Indes hat es im Umfeld bereits reihenweise Absagen wegen der Corona-Pandemie gegeben. So strich oder verschob die NürnbergMesse bis Ende März allein 14 von 24 Messen. Im vergangenen Jahr habe man 65 der weltweit 86 Schauen abgesagt, teilt das Unternehmen mit. Es rechnet nach Jahren mit Gewinnen nun mit bis zu 60 Millionen Euro Verlust. In der Not waren einige Fachmessen wie die international ausgerichtete Biofach auf reine Online-Formate umgestellt worden.
Mit Blick auf die Mainfranken-Messe kommt so etwas für AFAG-Chef Könicke nicht in Frage. Nur digital, das funktioniere bei einer solchen Verbrauchermesse nicht. "Das wäre wie ein schlechtes Amazon." Er sehe deshalb keine Alternative: Entweder gebe es dieses Jahr die Messe in gewohnter Weise in Würzburg oder eben nicht. "Oder zu einem anderen Termin."
Wie viele Besucher die nächste Messe dann haben wird, dazu will Könicke keine Schätzung abgeben. Er hoffe nach Wochen des Lockdowns auf einen Nachholbedarf sowohl bei den Gästen als auch bei den Ausstellern. Er habe bei Firmen beobachtet, "dass sie schon mit Hufen scharren" und unbedingt wieder dabei sein wollten. Die Stimmung in der Wirtschaft helle sich generell auf: "Der Optimismus ist da."