Experten sind sich einig: Die Corona-Krise trifft die Ladenbesitzer um die Ecke besonders hart. Das sieht auch Frank Bernard in Lohr (Lkr. Main-Spessart) so. Der für Unter- und Oberfranken zuständige Bezirksgeschäftsführer im Bund der Selbständigen (BDS) geht davon aus, dass jeder zehnte Kleinunternehmer in der Region die nächsten beide Monate nicht überstehen wird. Doch der 48-Jährige sieht durch die Krise auch kreative Lösungen.
Frage: Wie geht es den Selbständigen in der Region mit Blick auf die Corona-Krise?
Frank Bernard: Wir haben bereits vor einer Woche eine Umfrage gemacht, wonach 35 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen die Corona-Krise als existenzbedrohend sehen. 10 Prozent melden Entlassungen von Mitarbeitern, 30 Prozent haben Kurzarbeit angemeldet und 4 Prozent Insolvenz.
Und wie viele Unternehmer haben schon für immer aufgegeben?
Bernard: Da kann ich ein trauriges Beispiel nennen – die Wernecker Brauerei, die im September schließen wird.
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Gibt es weitere Fälle in der Region?
Bernard: In Unterfranken momentan nicht. Es gibt natürlich viele Unternehmen, die klagen. Sie versuchen aber, die Krise über die öffentliche Hilfe zu stemmen.
Kommt denn diese vom Staat versprochene Hilfe schon bei den Geschäftsleuten an?
Bernard: Noch nicht. Ich habe jedenfalls noch keine Rückmeldungen, dass Mittel angekommen sind. Es gibt ja die Möglichkeit der Stundung als Steuerverschiebung, es gibt Kredite und es gibt Soforthilfemaßnahmen. Wir haben bei dieser Soforthilfe in Bayern 150 000 Anträge, 10 000 sind bisher bewilligt. Wenn man davon ausgeht, dass in Deutschland 1,5 Millionen solcher Anträge auf die Verwaltungen zurollen, dann ist das ja nicht zu bewerkstelligen. Die Verwaltungen sind einfach überfordert.
Welche kreativen Wege gehen Selbständige in der Region, um mit der Corona-Krise fertig zu werden?
Bernard: Zum Beispiel der Einzelhandel hier in Lohr hat einen eigenen Online-Shop eröffnet. In der Gastronomie, die stark gebeutelt ist, stellen viele auf Lieferservice um. Die Gastwirte, die keinen eigenen Lieferservice anbieten können, kooperieren mit Taxi-Unternehmen oder einem Gastronomen, der schon einen Fahrservice hat.
Abgesehen von der Gastronomie: Welche Branchen sind in Unter- und Oberfranken am meisten von der Corona-Krise betroffen?
Bernard: Zum Beispiel die Friseure, die gar nichts mehr machen können und eigentlich erwerbslos sind, aber trotzdem ihre Lohnkosten weiter tragen müssen.
Wie viele Selbständige wird es nach der Corona-Krise in der Region noch geben?
Bernard: Schwierig zu sagen. Das kommt vor allem darauf an, wie lange die Krise dauert. Es kommt auch darauf an, wie schnell unbürokratische Hilfe geleistet wird. Ganz wichtig ist außerdem, dass die Konsumenten jetzt nicht alles im Internet kaufen und die Handwerker oder Einzelhändler vor Ort auf der Strecke bleiben. Wir hoffen natürlich, dass es sehr wenige trifft. Aber ich kann schon sagen: Über 10 Prozent werden es mit Sicherheit sein, die die nächsten ein, zwei Monate nicht schaffen.
Die Krise trifft die Branchen unterschiedlich hart. Wie wird die Unternehmenslandschaft in Unter- und Oberfranken nach der Corona-Krise aussehen? Wird es gar Bereiche geben, die dann abgestorben sind?
Bernard: Das kommt auf das Konsumentenverhalten an. Ich nehme als Beispiel einen Blumenladen, der ja jetzt auch nicht aufmachen darf. Wenn nun ein Discounter in der Nähe sein Nonfood-Sortiment aufstockt auf die ganzen Gartenartikel, dann hat der Blumenladen natürlich ein vehementes Problem. Konsumenten sollten warten, bis die Läden in der Region wieder offen haben, um dann dort einzukaufen.
Welchen Lerneffekt für Geschäftsleute sehen Sie als Folge der Corona-Krise?
Bernard: Die Solidarität wird wieder großgeschrieben. Ich glaube auch, dass das regionale Kaufen wieder mehr in den Vordergrund rückt.
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