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LESERANWALT
Leseranwalt: Warum die Nachrichtenagentur DPA gebraucht wird und wichtig ist
Beiträge der Deutschen Presseagentur in der Zeitung werden zuweilen kritisiert oder falsch eingeschätzt. Leseranwalt Anton Sahlender schreibt, was sie unverzichtbar macht.
Weltumspannend ist das Nachrichtennetz der Deutschen Presseagentur. 
Foto: Christoph Soeder, dpa | Weltumspannend ist das Nachrichtennetz der Deutschen Presseagentur. 
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:26 Uhr

Leser Herr R.K. schreibt mir, dass ihn seine "geliebte Main-Post einmal mehr mit einem unsorgfältigen und damit falschen Artikel der DPA" ärgere. DPA steht für Deutsche Presseagentur, der R.K. misstraut: Bei ihr überrasche ihn mangelnde Sorgfalt nicht mehr, schreibt er. Deshalb müssten die Sinne der Redaktion mittlerweile so geschärft sein, dass Agentur-Texte entweder überprüft werden. Oder, meint er, man stelle ihnen wie bei Vereinsnachrichten, den beliebten Satz voran: "Der nachfolgende Text wurde einer Mitteilung der DPA entnommen ;-)))". Mit dem Schmunzeln nimmt R.K. Schärfe aus seiner Kritik. 

Agentur-Meldungen: Für viele Zeitungen und Sender unverzichtbar

Sorgfalt ist natürlich auch im Umgang mit der Nachrichtenagentur angesagt. Aber ausräumen will ich ein Missverständnis, das häufiger auftritt und sich in den Worten von R.K. abzeichnen könnte. In der Agentur verbreiten nicht etwa irgendwelche Leute wahllos Informationen, welche die Medien gerne ungeprüft kopieren oder wie es manchmal heißt, einfach abschreiben, um sich Arbeit zu sparen. Diese meine Beschreibung ist arg zugespitzt, weil ich alles hineingepackt habe, was mir an Vorurteilen schon begegnet ist.

Die DPA sieht ihren Auftrag aber tatsächlich darin, Kunden mit Nachrichten, Reportagen und Bildern in diversen Darbietungsformen aus aller Welt und Deutschland versorgen. Das gilt seit ihrer genossenschaftlichen Gründung 1949. So entstand ein deutschland- und weltweites Nachrichtennetz, das rund um die Uhr nach journalistischen Regeln funktioniert. Für ein einzelnes Medium wäre das nicht leist- und darstellbar. Folglich ist die Agentur für viele Zeitungen und Sender nach wie vor unverzichtbar.

Den journalistischen Grundsätzen und der Pressefreiheit verpflichtet: Kunden müssen vertrauen können

Aktuell sind 174 deutsche Medien Gesellschafter der Agentur. Unter den Kunden sind sämtliche Tageszeitungen. Damit tragen die über 1000 gut ausgebildeten DPA-Journalisten gewaltige Verantwortung. Sie stehen für alle Grundsätze des Berufes und sind Träger der Pressefreiheit. Nicht nur Zeitungen sind auf sie angewiesen, um Nachrichten auch weit über die eigene Region hinaus bieten zu können.

Die Agentur wird also gebraucht und vor allem: Kunden müssen auf sie vertrauen können. So unterhält sie auch ein Faktencheck-Team. DPA-Nachrichten werden auch als Informationen genutzt, um Auswirkungen von fernen Ereignissen oder Entscheidungen in der eigenen Region nachzurecherchieren.

Das Agentur-Privileg: Medien dürfen sich auf Zuverlässigkeit verlassen

In der Rechtsprechung gibt es das sogenannte Agentur-Privileg. Das heißt, Redaktionen dürfen sich auf Nachrichten von zuverlässigen und unabhängigen Nachrichten-Agenturen, zu denen die DPA gezählt wird, verlassen. In den einzelnen Redaktionen wie in Augsburg oder Würzburg ist eben nicht jede Information, etwa von anderen Kontinenten oder anderen Bundesländern, wirklich nachprüfbar. Aber Ungereimtheiten, Widersprüche und Verletzungen von Persönlichkeitsrechten in den Nachrichten, die sollten jeweils auch hier erkannt werden. Das gehört zur journalistischen Sorgfaltspflicht.

Und das Privileg gilt nicht für Informationen, welche schon die Agentur aus anderen Quellen zitiert hat. Es kann für Veröffentlichungen eben nicht jede Verantwortung zur DPA abgeschoben werden. Deshalb ist der Wunsch von Herrn R.K. an die Redaktion, die Texte selber zu überprüfen, nicht gänzlich von der Hand zu weisen.

Berechtigt sind Kritiken gegen Redaktionen besonders dann, wenn sich eine regionale oder lokale Tageszeitung zu sehr aus dem umfassenden Angeboten der Agentur bedient hat. Eigene Beiträge dürfen nicht dahinter zurücktreten, wenn sie möglich gewesen wären. Wenn etwa die Basisinformationen nicht zu eigenen Recherchen in der Region genutzt werden.

Beitrag hätte präziser formuliert werden sollen

Trotz hoher Ansprüche: Auch die Deutsche Presseagentur macht nicht alles richtig oder gar perfekt, ebenso wenig wie die Redaktionen dieser Zeitung. Das erwartet wohl niemand. Und für den von R.K. kritisch fokussierten Beitrag räume ich ein, er hätte zweifellos präziser formuliert werden können. Es geht um das unter der Überschrift "Wie sich Partner jetzt vertreten dürfen" (13.1.) berichtete Not- oder Ehegattenvertretungsrecht. Das steht auch Lebenspartnern zu, was der Artikeltext mehrfach wiederholt. Leser R.K. vermisst dabei einen Hinweis, den er für verpflichtend hält im seriösen Journalismus: Diese Notvertretung gilt nicht in nicht eingetragenen Partnerschaften, solchen ohne Papiere.

Unverheiratete Paare dürften ihren jeweiligen Status aber kennen. So laufen sie wohl nicht so leicht in eine böse Falle, wie sie der Kritiker in dem Bericht sieht. Mittlerweile berichtet auch die DPA präzise von eingetragenen Lebensgemeinschaften. Die Leserkritik habe ich der Agentur ebenfalls zugeleitet.

Ein Hinweis: Aktuell ist der Geschäftsführer der Mediengruppe Main-Post, David Brandstätter, auch Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutschen Presseagentur. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass das keinen Einfluss auf diese Kolumne hat.

Anton Sahlender, Leseranwalt

Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute e.V.

Frühere Leseranwalt-Kolumnen zu Presseagenturen:

2013: "Die Abkürzung für eine Nachrichtenagentur genügt nicht immer der notwendigen Quellenklarheit"

2016: "Ein Buch mit sieben Siegeln aufgeblättert: Die dpa"

2018: "Fragen und Antworten, die Fragen aufwerfen"

2022: "Ohne Korrespondentinnen und Korrespondenten im Ausland verblasst in den Medien die Welt"

 
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