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Würzburg
Leseranwalt: Falsche Zweifel an Correctiv und an Demokratie-Demonstrationen
Ursache ist die falsche Behauptung einer Nutzerin. Deren mögliche Wirkung macht eine Klarstellung zum Non-Profit-Medium Correctiv für viele Demonstranten notwendig.
Mehrere Tausend Menschen sind für Demokratie durch die Innenstadt von Bad Neustadt gezogen. Niemand von ihnen muss an dem Bericht von Correctiv über das Treffen verfassungsfeindlicher Aktivisten zweifeln.
Foto: Silvia Gralla | Mehrere Tausend Menschen sind für Demokratie durch die Innenstadt von Bad Neustadt gezogen. Niemand von ihnen muss an dem Bericht von Correctiv über das Treffen verfassungsfeindlicher Aktivisten zweifeln.
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 13.05.2024 02:45 Uhr

Einem Alarmsignal sind die Correctiv-Berichte vom Treffen verfassungsfeindlicher Aktivistinnen und Aktivisten mit Politikern der AfD und CDU gleichgekommen. Auch die missbräuchliche Verwendung des Begriffs "Remigration" hat Zehntausende Menschen mobilisiert. Die Notwendigkeit wurde erkannt, für Demokratie und Menschenrechte und gegen die Verfassung gefährdende Bewegungen auf die Straße zu gehen, namentlich gegen die AfD.

Habermann-Appell wirkt wie Medien ins Stammbuch gesprochen

Medien bewerten diese Demonstrationen landauf landab überwiegend positiv. Darin darf auch ihr grundlegendes Demokratie-Bekenntnis gesehen werden, nicht etwa ein Mainstream. So wirkt ein Appell von Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann bei der Demo in Bad Neustadt, als hätte er ihn gerade auch den Medien ins Stammbuch gesprochen: "Demokratie muss jeden Tag neu erfunden, neu bestätigt und gelebt werden – von uns allen."

Investigativ und beispielhaft hat das Medium Correctiv eine solche Demokratie-Bestätigung geliefert. Titel: Geheimplan gegen Deutschland. Seine Recherchen haben das rechtsextreme Potsdamer-Treffen ruchbar gemacht. Eine Warnung, die exemplarisch die Systemrelevanz der Medien verdeutlicht hat.

Deren Unabhängigkeit sichert deshalb umgekehrt die Verfassung, für die ja auch demonstriert wird. Es existiert eine gegenseitige Abhängigkeit, gleich einer Demokratie-Versicherung. So wird das Grundgesetz zu einer sehr grundsätzlichen Leitlinie für Medien. Das wird im Pressekodex sichtbar.

Leserin stellt Unabhängigkeit der Medien zu Unrecht infrage

Gerade wegen ihrer demokratischen Systemrelevanz können und dürfen Medien kritische Stimmen auch zu diesen Demonstrationen nicht ausblenden. Journalistischer Anspruch an Korrektheit gebietet es, hier speziell eine herauszugreifen. Auf mainpost.de erhebt nämlich eine Nutzerin einen fehlerhaften Vorwurf. Er lautet: Nach den Recherchen der „staatsfinanzierten Organisation Correctiv“ hätten sich die Leute vor einen Karren spannen lassen.

Diese Behauptung könnte gezielt wirken. Sie stellt die Unabhängigkeit eines journalistischen Mediums zu Unrecht infrage. Sie zweifelt wohl auch die Urteilsfähigkeit von Menschen an und stellt deren Motivation infrage, nach den Correctiv-Recherchen für die Demokratie auf die Straße zu gehen.

Transparente Finanzierung von Correctiv

Nicht nur diesen Demonstrantinnen und Demonstranten sind Journalistinnen und Journalisten eine Klarstellung schuldig, sondern auch Correctiv. Das gemeinnützige Non-Profit-Medium ist nämlich nicht staatsfinanziert. Projektbezogen sind Zuschüsse für Medienbildung und Strukturförderung, die es aus der öffentlichen Hand erhalten hat.

Correctiv macht seine Finanzierung jährlich transparent. Hier mit grafischer Darstellung für 2023: Spenden und Beiträge von Bürgern 2.029.995,42 Euro; Unterstützung für Vorhaben aus Stiftungen und Institutionen 1.852.202,71 und Zuschüsse aus öffentlicher Hand 568.554,43 Euro. Einen solchen Einblick werden gewinnorientierte Medienunternehmen gleichermaßen kaum bieten können.

Alle Medien sind bestrebt, sich als seriöse Märkte für unterschiedliche Meinungen und für Kontroversen in der unüberschaubar gewordenen Welt zu behaupten. Journalistinnen und Journalisten beteiligen sich und wollen ihre Leserinnen und Leser vor falschen Fakten bewahren. Das unterstützt den Diskurs und die unverzichtbare konstruktive Nutzung demokratischer Freiheiten.

Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute e.V.

Leseranwalt-Kolumnen zu Demokratie und Medien:

März 2018: "Leserbriefe stärken den demokratischen Diskurs"

Dez. 2020: "Warum ich auf das Wohl eines nachdenklichen Lesers anstoßen muss"

Jan. 2021: "Anreize zum Öffnen der eigenen Filterblase"

Nov. 2021: "Was macht glaubwürdigen Journalismus aus"

April 2023: "Wie die Interaktion mit Lesern in der Zeitung verbessert werden kann"

 
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