Fehler machen zuweilen auch Leserbriefautoren. Ob unabsichtlich oder nicht, sei dahingestellt. Wenn es sich aber eindeutig nachweisbar um Tatsachenbehauptungen handelt, die falsch sind, dann darf man von Redaktionen in ihrer journalistischen Verantwortung erwarten, dass sie diese gleich beim Leserbrief richtigstellen oder aber gar nicht erst veröffentlichen. Das geschieht dann zum Schutz des Einsenders und der Leserschaft. Hier geht es um "Weihnachten".
Die Rechtsprechung
Zunächst eine Erklärung: Die neuere Rechtsprechung erwartet von Redaktionen nicht mehr, dass sie Leserbriefe ebenso intensiv wie eigene Beiträge auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen (vgl. Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 16, Rn. 19; auch Ricker/Weberling, Kap. 9, Rn. 17a). Dennoch sollten Redaktionen auch über Leserzuschriften nicht leichtfertig falsche Fakten verbreiten. Zu deren schneller Prüfung reicht gelegentlich sogar schon eine einfache Suche im Internet aus.
Falsche Tatsache behauptet
Dazu ein Beispiel aus einer Dezemberausgabe dieser Zeitung. Es ging in einem Leserbrief um die stark diskutierte Weihnachtskarte der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Die war bekanntlich ohne das Wort „Weihnachten“ verschickt worden. Zum Verzicht in der offiziellen Karte hieß es in der veröffentlichten Leser-Zuschrift unter anderem wörtlich: „Nachdem in der Hauptstadt die Weihnachtsmärkte in 'Wintermärkte´ umbenannt wurden, legt nun die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung nochmal nach“ (Siehe dazu Teilkopie am Ende dieses Beitrages). Eine generelle Umbenennung für die Weihnachtsmärkte Berlins, die gibt es aber nachweisbar nicht. Dazu muss man nur im Net unter „Berliner Weihnachtsmärkte“ nachfragen. Die falsche Behauptung war schon zuvor in den Netzwerken des Internets als Fake enttarnt worden. Siehe auch Tagesspiegel: "Weihnachtsmärkte in Berlin"
Redaktionelle Verantwortung
Auch wenn Leserbriefe vorwiegend Meinungsäußerungen darstellen, sollte die Redaktion in einem solchen Fall ihrer Verantwortung für die Verbreitung im Sinne ihrer Sorgfaltspflicht voll gerecht werden und sollte die falsche Tatsache weglassen oder kenntlich machen. Das gilt für mich hier über die pure Orientierung an der Rechtsprechung hinaus, also trotz eines beständigen und eindeutig sichtbaren Hinweises, dass Leserbriefe nicht die Meinung von Redaktion und Verlag wiedergeben. Aber im zitierten Beispiel geht es eben nicht mehr um Meinungsäußerung oder Interpretation einer Veröffentlichung, sondern einfach um Verbreitung einer falschen Tatsache, auf die sich eine Meinung stützt. Bei Leserbriefen sollte die Verpflichtung auf die Wahrhaftigkeit nicht enden.
Falsche Tatsachenbehauptungen sollte die Redaktion natürlich auch in Nutzer-Kommentaren im Internet auf mainpost.de nicht zulassen.
Leserschaft alleine gelassen
Vertrauen in eine Zeitung und in ihre Glaubwürdigkeit haben nur dann Bestand, wenn falsche Fakten enttarnt werden und die Leserschaft nicht damit alleine gelassen wird. Letzteres ist leider hier zu beklagen. Um Missverständnissen vorzubeugen, wiederhole ich: Es geht darum, die Verbreitung nachweisbar falscher Tatsachen zu verhindern, nicht etwa ums Streichen unliebsamer Meinungen in Leserbriefen.
Frühere Leseranwalt-Kolumnen zum Thema:
"Eine Meinung ist nicht mit Beweismitteln auf ihre Richtigkeit zu überprüfen" (2017)
"Lesern ist in ihren Briefen mehr erlaubt, als Journalisten in ihren Artikeln" (2012)
"Auch wenn Leser mal Klartext schreiben, müssen Tatsachen nachweislich wahr nnd richtig sein" (2012)
"Falsche Fakten sollten auch in Nutzer-Kommentaren nicht verbreitet werden" (2017)
Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch www.vdmo.de
Hinter den Lügen stand eine ganz konkrete politische Agenda. Die Zielrichtung ist unzweifelhaft. Nicht anders als bei rechten Fake News, sollte eine eigene, ideologisch und durch Feindbilder genau definierte, Version der Wirklichkeit verkauft werden.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Und diesbezüglich hat sich sich weder die MainPost weder auf der ersten Ebene, noch auf der dritten (sog. Lerseranwalt) im Falle "stern-Relotius" ausgezeichnet -beide haben dazu im wesentlichen oder gar ganz geschwiegen. Es sollte scheinbar nicht sein, dass die - wie viele Zeitgenossen sie nennen - "Bibel der Alt-68er und ihrer Epigonen" (für einige ist der Spiegel ja heute noch ihre einzige Informationsquelle) ihren Heiligenschein verliert und Kritik am "hehren Journalismus" befördert wird.
Im Vergleich dazu ist der heute dargestellte fall ja gerade "Pipifaxismus"
have a nice.....
Ihre begründungsfreie Abwertung zum Pipifax nehme ich zur Kenntnis ...
Grüße. Anton Sahlender, der sonst über Ihre Seitenhiebe im Interesse der Sache hinwegsieht.
Zur Sache mal nur EIN Beispiel, wie andere (größere) damit umgegangen sind:
Ein Titel in der NZZ vom 04.01.2019 lautet:
" <Der andere Blick>: Gibt es eine Moral für Journalisten und ein für Normalsterbliche?"
Und der Text beginnt wie folgt: "Wenn Politiker Fehler begehen, verlangen Journalisten sofort personelle Konsequenzen. In der Affäre um erfundene Reportagen beim "Spiegel" halten sich die Kollegen mit Rücktrittsforderungen zurück". Und jetzt kommts: "Die Medien messen offenkundig mit zweierlei Mass."
Ironische Anm. meines Co-Autors (alles kann ich ja auch nicht selbst schreiben - and zwinker): "Die (NZZ) kommt nach des sog. Leseranwalts Farbenleere sicher auch aus der sog. rechten Ecke"
Over and out
over and outout and out......