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LESERANWALT
Eingestehen, wo das Wissen des Journalisten endet
Keine Rechthaberei!       -  Mit wenigen schlichten Strichen: Kein Platz für Rechthaberei. Und dazu das Eingeständnis, dass hier die zeichnerischen Fähigkeiten des Autors wieder einmal ihre Grenzen gefunden haben ....
| Mit wenigen schlichten Strichen: Kein Platz für Rechthaberei. Und dazu das Eingeständnis, dass hier die zeichnerischen Fähigkeiten des Autors wieder einmal ihre Grenzen gefunden haben ....
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 27.04.2023 04:41 Uhr
Wünschen würde sich Leser G.S. aus Schweinfurt zu einzelnen Artikeln die Erklärung, dass sie die persönliche Wahrnehmung des Autors darstellen. Denn die beruhe auf der Basis der ihm bekannten Fakten und sei nicht die „absolute Wahrheit“. Grundsätzlich pflichte ich ihm bei.
 

Die Perspektive des genannten Schreibers

Freilich erscheint mir eine zusätzliche Erklärung persönlicher Wahrnehmung zu bereits namentlich gezeichneten Kommentaren und Reportagen unnötig. Bei Namensartikeln ist klar: Sie sind – bei allem Streben nach Wahrhaftigkeit – stets aus der Perspektive des genannten Schreibers entstanden. Die sollte der verständlich begründen. Dazu gehört es, unsichere Fakten oder Quellen als solche kenntlich zu machen.
 

Meinung ist keine eigene Wahrheit

Es darf nicht sein, was G.S. unterstellt, dass jeder journalistische Autor seine eigene Wahrheit entwickelt. Aber Achtung: Die sollte nicht verwechselt werden mit der eigenen Meinung, die er sich über bekannte und recherchierte Fakten zu einem Thema oder Ereignis bildet. Die muss aber als seine Meinung deutlich erkennbar bleiben. Meinung ist keine Wahrheit, auch wenn es Leute geben mag, die für sich solche Behauptungen aufstellen.
Ich unterstreiche allerdings gerne etwas Wichtiges, was G.S. noch will: Eigene Wahrnehmung und Meinung stets durch die anderer ergänzen.
 

Was sich der Autor dabei gedacht hat

Zu den Wünschen des Lesers füge ich hinzu, was ich nicht zum ersten Male vorschlage: Es könnte die Transparenz journalistischer Arbeit stark erhöhen, würden Autoren zu ungewöhnlichen Beiträgen erklären, warum sie einen speziellen Blickwinkel auf Themen oder Ereignisse gewählt haben. Bekanntlich kann man sich allen Dingen von mehreren Seiten nähern: Etwa einem Festbetrieb, mittels einer beteiligten Person, z.B. einem Schausteller oder direkt mit einem Gesamtüberblick, mit Daten und Zahlen. Eine kurze erklärende Anmerkung zu einzelnen Beiträgen, auch zu Umständen ihres Entstehens, macht sie glaubwürdiger. Oder anders gesagt: Was sich die/der Autor/in dabei gedacht hat.
 

Was nicht sein darf

G.S. meint weiter, dass Journalisten unter dem Zeitdruck stehen, zu einer ihnen nach ihrer Ausbildung meist unbekannten Materie eine Aussage vorzulegen. Folge: Sie seien „der Werbeaussage ihres Informanten ausgeliefert, da keine Zeit für Informationsbeschaffung bleibt“.
Nein, das darf nicht sein, trotz des Zeitdrucks im Tagesjournalismus. Weder Neulinge im Journalismus sollte man schwierigen Themen ausliefern, noch in der Folge die Leser. Und wenn unsichere Informationen wirklich unvermeidlich sind, dann unterstreiche ich: Sie sind als solche klar kenntlich zu machen. Das ist gleichbedeutend mit dem Eingeständnis von Journalisten, dass an dieser Stelle ihr Wissen endet.
 

Fall-Beispiele gesucht

Für journalistische Arroganz und Rechthaberei, die laut G.S. vor allem dann den fachkundigen Lesern auffällt, darf kein Platz sein. Wenn doch, zeigen Sie schlechte oder gute Beispiele der Redaktion oder mir konkret an. Über Fall-Beispiele kann man am besten diskutieren oder sogar lernen. 
 

Die Frage bleibt bestehen

Die Anmerkungen von Leser G.S. gehören den bislang wenigen Antworten auf meine Anfrage, die ich vergangene Woche zur diskursiven Funktion des Journalismus hier gestellt habe („Lassen Sie die Redaktion wissen, wie Sie sich mehr gesellschaftlichen Diskurs vorstellen können“). Hier können Sie die Anfrage noch einmal anklicken, die ich aufrecht erhalte: "Teile der Lebenswelt wiederfinden".

Eine Auswahl früherer Leseranwalt-Beiträge zum Thema:
"Besser erklären wie eine Geschichte entstanden ist"
"Die Pressefreiheit und das Vertrauen"
"Guter Vorsatz für 2017: Mehr Quellenklarheit"

"Wenn ein Berichterstatter in das berichtete Ereignis selbst eingebunden war"
"Die Abkürzung für eine Nachrichtenagentur genügt nicht immer der notwendigen Quellenklarheit"

Anton Sahlender, Leseranwalt
Mehr zu Leseranwälten und Medien-Ombudsleuten
 über www.vdmo.de (hier anklicken).
 
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