LESERANWALT
Teile der Lebenswelt wiederfinden
Gibt es „eine Sinn- und Strukturkrise der sogenannten Mainstreammedien“, wie sie der Medien-Wissenschaftler Michael Haller analysiert hat? Eine Feststellung von ihm lautet: „Die von den Journalisten beschriebene Wirklichkeit ist sehr weit entfernt von der Lebenswelt eines großen Teils ihres Publikums“. Es sei eine große Entfremdung zwischen dem etablierten Journalismus und Teilen der Bevölkerung entstanden.
Aufwendige Untersuchung
Diese Aussagen von Haller fußen auf der bislang umfassendsten und methodisch aufwendigsten Untersuchung zum Thema: „Die Flüchtlingskrise in den Medien“. Weit über 30.000 Zeitungsberichte (auch aus 85 Regionalzeitungen, darunter die Main-Post) wurden erfasst, Längsschnittanalysen zurück bis ins Jahr 2005 unternommen, die Berichte der Newssites wie auch der Leitmedien minutiös auseinandergenommen und akribisch analysiert. Die Befunde wurden nach Maßgabe wissenschaftlich gesicherter Modelle uber die Funktion des Journalismus in der Demokratie beleuchtet und interpretiert. Hier anklicken und die ganze Studie erreichen.Keine generelle Journalistenschelte
Diese Angaben zur Studie gehen aus Mitteilungen der Otto-Brenner-Stiftung (OBS) hervor, von der die Untersuchung getragen wurde, deren Autor Michael Haller ist. Die Stiftung warnt freilich davor, die in dieser Studie aufgezeigten Fehlleistungen für eine generelle Journalistenschelte zu missbrauchen. „Viele Journalisten“, so urteilen Haller und der Geschäftsführer der Stiftung, Jupp Legrand ebenfalls, „haben herausragende Berichte geschrieben, viele Medien haben sich um präzise, aktuelle Berichterstattung gekümmert“. Hier anklicken und Sie erreichen die zusammenfassende OBS-Mitteilung zur Haller-Studie.Alarmierend für Medien
Haller weist verkürzte Veröffentlichungen zurück, in denen es unter Berufung auf die Studie heißt, die Medien hätten in der Flüchtlingskrise völlig versagt. Im medienkritischen Dienst „Übermedien“ liest man, dass Haller mit der Studie kein Medienbashing (übermäßige Medien-Kritik) betreiben wollte.Was Haller weiter aus der Studie folgert, sollte aber Journalisten und Medien schon alarmieren. Thema der Studie sei eine nicht neue Entwicklung, die er genauer untersucht habe. Wörtlich schreibt er dazu: „Dysfunktionen des aktuellen Journalismus sorgen dafür, dass ein gesellschaftlicher Diskurs nicht mehr zustande kommt.“ Journalisten vernachlässigten ihre diskursive Funktion zugunsten von Rechthaberei. Hier anklicken und den ganzen Beitrag von Übermedien online nachlesen.
Frage an Nutzer und Leser
Das veranlasst zu Fragen, die ich direkt an Nutzer und Leser richte: Erkennen Sie Rechthaberei? Wo sehen Sie bei der Main-Post den gesellschaftlichen Diskurs vernachlässigt und wie können Sie sich eine Verbesserung vorstellen? Journalisten brauchen den Diskurs mit allen - nicht nur weil Haller ihn vermisst.Ich gehe gerne in weiteren Veröffentlichungen auf Kritik und Vorschläge ein und ich werde alle auch an die Redaktion weitergeben.
Hier noch eine krtische Stimme zur Interpretation der Haller-Studie von den Neuen-Deutschen-Medienmachern anklicken: Indirekt Verschwörungstheoretikern und Rassisten das Wort geredet.
Frühere Leseranwalt-Kolumnen zum Thema:
Nachrichtensprache belastet geflohene Menschen
Pressefreiheit und Vertrauen
Über den jounalistischen Bauchnabel hinaus auf die Wirklichkeit blicken
Anton Sahlender, Leseranwalt
Sprecher der Vereinigung
der Medien-Ombudsleute
www.vdmo.de
Themen & Autoren / Autorinnen
Anton Sahlender, Leseranwalt
Ich habe lediglich aus der Erfahrung von fast 50 Jahren Arbeitsleben mit zeitweisen Personalführungsaufgaben sagen wollen, dass es in einem (Arbeits)Zeugnis nicht gerade förderlich wäre, wenn dort lediglich Bemühen testiert würde.
Vielleicht habe ich aber auch nur die leise Ironie, die damit verbunden war, nicht deutlicher zum Ausdruck gebracht habe.
Grundsätzlich finde ich es schade, dass die Diskussion über die äußerst interessanten Ausssagen Herrn Haller leider schon von Anfang an zu sehr auf die MainPost und deren Leseranwalt gerichtet war.
Auch ich werde mich bemühen, auch wenn ich das als Privatier und Ruheständler gar nicht (mehr) muss
Bei meinen Beurteilungen halte ich mich an Medienrecht und medienethische Regeln wie den Pressekodex. Ich finde es gut, wenn jemand auf meine Begründungen eingeht. Grundsätzlich an Medien oder auch meiner Arbeit herumzumäkeln ist wenig zielführend.
Medien-Ombudsleute, die mit Ihnen diskutieren, bekommen Sie - was ich bedauere - sonst nur selten angeboten (siehe www.vdmo.de). Suchen Sie doch mal: Wo sonst lässt sich jemand direkt auf solche Diskussionen wie diese hier ein ..?
Anton Sahlender, Leseranwalt
Anton Sahlender, Leseranwalt
1. "Er bemühte sich" -is des nit vielleicht doch "a weng zu weng"? Im (Arbeits)zeugnis auf jeden Fall.
2. "aber auch - wenn nötig - zu kritisieren". o.k., aber wer entscheidet eigentlich, wann es nötig ist? 0.k., das ist schon sehr grundsätzlich, aber die Frage steht.
ich habe mir in meinem Ausgangstext konkrete Beispiele als Antwort gewünscht und keine pauschalen Behauptungen. Die nutzen nichts. Auf die Fragen, die ich gestellt habe, bekomme ich keine Antwort.
Ich kann Ihnen ihre Meinung nicht nehmen. Nur belegt haben Sie die nicht. Es bleibt also Ihre Meinunng, die Sie gewiss mit anderen teilen, aber darüber hinaus mir und wieder anderen nicht einfach unterschieben sollten.
Nennen Sie mir doch konkrete Beispiele aus der Main-Post, die für ihre Behauptunng sprechen. Ja, die Gewalttaten der G20-Gipfels sind und bleiben weiter im Gespräch und dabei in den Medien gegenwärtig. Ich weiß nicht was sie noch wollen: Etwa Vorverurteilungen, bevor die Rechtsprechung ihre Urteile spricht?
Es gibt keine implantierte Wiedergutmachung, sondern es gibt die Mahnung aus schlimmer deutscher Geschichte.
Hier ist die Main-Post und hier bin ich .... und nicht "manche Journalistenkreise".
Anton Sahlender, Leseranwalt
Dass Sie freilich aus der Studie nichts erfahren haben, was Sie nicht schon gewusst haben, ist schlichtweg falsch. Sie haben bestenfalls nichts erfahren, was Sie vielleicht nicht schon vermutet oder geahnt haben. Von Wissen kann nicht die Rede sein.
Ich weiß nicht und ich sehe nicht, dass "die Medienlandschaften bestimmte politische Richtungen unterstützen und dies auch entsprechend darstellen". Ich weiß auch nicht was mit "Medienlandschaften" gemeint ist.
Was Sie vermutlich meinen, erschließt sich, wenn ich ihre Folgerungen im Hinblick auf den NSU-Prozess lese. Da widerspreche ich: Über linksmotivierte Straftaten von vergleichbarer Dimension (vielfacher Mord) würde mit Sicherheit ebenso umfangreich und anhaltend berichtet.
Anton Sahlender, Leseranwalt
§ 1 Die MainPost bzw ihr sog. Leseranwalt hat immer recht
§ 2 Hat sie bzw er nicht recht tritt automatisch § 1 in Kraft.
Außerdem hat die MainPost mangels Wettbewerb ein regionales Monopol, was angesichts der modernen Medien aber immer bedeutungsloser wird.
http://www.statistiker-blog.de/archives/politische-praferenzen-von-journalisten/5262.html
Journalist werden kann jede/r, die/der dazu bereit ist und Voraussetzungen an die Vorbildung erfüllt. Das heißt, die Auswahl erfolgt nach vielen Kriterien, aber niemals nach parteipolitischen. Das erlaube ich mir für viele Medien festzustellen...
Ob nun Präferenzen einzelner Journalisten dazu führen, sie auch zur Basis ihrer Arbeit zu machen, bezweifle ich.
Kritik an journalistischen Leistungen ist gerechtfertig und wichtig. Aber sie sollte begründet und an konkreten Beispielen fest gemacht werden und sich nicht einfach auf pauschale Umfragen oder Vorurteile stützen. Dann ist sie nützlich.
Ich habe hier bereits die Journalismus-Kritik aus der Studie von Prof. Haller vorgestellt. Wichtig wäre nun, konkret dazu etwas zu hören, was die Main-Post betrifft.
Anton Sahlender, Leseranwalt
2. Gottschalks Äußerung ist so in seinem Buch nachzulesen; sie wurde von mit ganz allgemein und ohne besonderen Bezug auf Ihre MAinPost zitiert .
Natürlich unterstellt niemand, dass die parteipolitische Neigung ein Auswahlkriterium ist! Es ist aber - m.E. - auch eine menschlich allzu verständliche Reaktion, dass im Zweifelsfall bei der Berichterstattung oder in Leitartikeln u.ä. die Neigung den Ausschlag geben kann. Das meine ich - wie auch meine o.g. Kommentare im allgemeinen und nicht auf die MainPost bezogen.
Im übrigen würde auch ich mir tatsächlich auch für den Leseranwalt ein wenig mehr Resonanz wünschen, schon alleine aus dem Grund - aber da sehen sie mich bitte mit einem Auge zwinkern - , dass ich nicht einer der ganz wenigen bin, der relativ regelmäßig darauf eingeht bzw einging.
Guten Tag
ich nehme zur Kenntnis und respektiere, dass Sie nicht mehr geantwortet haben
Das gilt ebenso für die Gottschalk-Erklärungen. Ich nehme das alles gerne zur Kenntnis. Und es mag ja Beispiele dafür geben. Noch besser ist es, wenn Sie selbst Beispiele aus der Redaktion dieser Zeitung für ihre oder die Ansicht Gottschalks nennen. Auch die kann ich nicht ausschließen. Wenn die aufgezeigt werden, dann gehe ich doch gerne darauf ein.
Anton Sahlender, Lesernwalt
Zuguterletzt: Auch mir wäre es lieber, wenn das Angebot, das ich Lesern und Nutzern mache, auch online besser platziert würde.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Zum Problem des heutigen Leseranwaltes möchte ich auf Thomas Gottschalk verweisen, der in seiner Autobiographie über seine Zeit bei BR dort von "Typen" schreibt, die "in erster Linie mit ihrer journalistischen Beiträgen die Welt verändern wollten".
Vielleicht - und darüber sollten wir einmal nachdenken - trifft dieser sozusagen "erzieherische" Eigenauftrag auch auf manche Zeitungsleute zu, besonders wenn sie sich in Kommentaren an Umfragen u.ä. äußern zu und trägt zu der o.g. "Entfernung vom Volk" bei.
Anton Sahlender, Leseranwalt