zurück
Würzburg
Die Leseranwältin startet: Wer Kritik vorbringt, darf eine Erklärung erwarten
Sind Leser mit der Arbeit der Redaktion unzufrieden, müssen Journalisten sich damit auseinandersetzen. Claudia Schuhmann versichert den unvoreingenommenen Blick.
Neue Leseranwältin: Claudia Schuhmann ist in der Redaktion der Main-Post die Ombudsfrau für Leserinnen und Leser. 
Foto: Daniel Peter | Neue Leseranwältin: Claudia Schuhmann ist in der Redaktion der Main-Post die Ombudsfrau für Leserinnen und Leser. 
Claudia Schuhmann
 |  aktualisiert: 04.08.2024 16:28 Uhr

Als ich vor mehr als 20 Jahren mein zweites juristisches Staatsexamen hinter mich gebracht hatte, wusste ich eines mit Sicherheit: Anwältin wollte ich nicht werden. Immerzu streiten. Partei ergreifen. Nur für eine Seite argumentieren, obwohl es doch immer auch mindestens eine zweite gibt. Das tun Journalistinnen und Journalisten: Sie schauen von allen Seiten auf ein Thema. Deshalb habe ich diesen Beruf gewählt und geliebt. Und jetzt?

Jetzt bin ich doch Anwältin. Die neue Leseranwältin dieser Zeitung. Was heißt das nun? Was können Sie von mir erwarten?

Ich werde Partei ergreifen für die Menschen, die sich an mich wenden. Genauer gesagt, für das legitime Anliegen von Leserinnen und Lesern, gehört zu werden, Kritik vorzubringen, Erklärungen zu verlangen. Ich kann wohl überwiegend mit Zuschriften und Anrufen der Unzufriedenen rechnen, von denen, die sich über die Zeitung ärgern.

Darum kümmern sich Leseranwälte. Sie sind, so verstehe ich meine Aufgabe, Fürsprecher. Die unvoreingenommene Auseinandersetzung mit dem Ärger, die ist von nun an meine Sache.

Die gute Absicht der Schreibenden kommt nicht immer an

Das mit der Unvoreingenommenheit ist schon eine Herausforderung. Kenne ich doch aus meinem Berufsalltag als Redakteurin die Perspektive derjenigen, die berichten. Wir machen uns viele Gedanken, über das richtige Format, den sprachlichen Stil, die inhaltlichen Schwerpunkte. Wir denken, wir machen es gut. Und dann kommt da der Leser mit seiner Kritik.

Ich habe immer, auch unter Zeitdruck, auf korrekte Rechtschreibung geachtet – und trotzdem Fehler gemacht. Ich habe in meinen Artikeln die Perspektiven von Beteiligten dargestellt – und hinterher gehört, ich hätte jemanden vergessen oder gar absichtlich ignoriert, Aussagen unzutreffend wiedergegeben, die falschen Fragen gestellt, die Antworten falsch eingeordnet.

Ich habe ausführlich berichtet, wo Leser keine Relevanz sahen. Ich habe knapp berichtet, wo eine große Geschichte erwartet worden war. Und meinen Kolleginnen und Kollegen, das weiß ich, geht es ebenso.

Kritik kann die Qualität der redaktionellen Arbeit verbessern

Wenn die journalistische Absicht mit der Erwartung der Leserschaft schmerzhaft kollidiert, muss man reden. Und viel erklären. Auf beiden Seiten. Dieser Austausch wird meine Aufgabe sein. Nicht immer wird meine Antwort die Leserinnen und Leser zufriedenstellen. Nicht immer werde ich eine für sie akzeptable Lösung herbeiführen können.

Hoffentlich werden sie aber das Gefühl mitnehmen, dass ihre Kritik ernst genommen wird – die im besten Fall auch der Qualität unserer Arbeit in der Redaktion zugutekommt.

Kontakt: Ärger mit der Zeitung, mit Berichten oder Kommentaren? Zögern Sie nicht, melden Sie sich bei der neuen Leseranwältin! Kontakt: Leseranwalt, Mediengruppe Main-Post, Berner Straße 2, 97084 Würzburg oder per E-Mail: leseranwalt@mainpost.de

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Claudia Schuhmann
Berufsalltag
Kritik
Leser
Leseranwalt
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Jochen Freihold
    Liebe Claudia Schuhmann, mir gefällt Ihr couragiert journalistischer Einstand, erstmals auf der Leserbriefseite vom 3. August. Vielleicht lässt sich diese Rubrik zum Wochenende künftig etwas weiter vorne im Blatt platzieren. Auch auf diese Weise zu dokumentieren, dass Leserzuschriften der Redaktion wichtig sind.
    Auf weiterhin gutes, wie ausgewogenes Gelingen!
    Jochen Freihold
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gerhard Zwierlein
    das Hauptproblem in der Kommentarbearbeitung ist, dass die MP-Redaktion vergisst, dass es sich in jedem Fall um einen Kommentar handelt. Das ist der Unterschied zum Bericht. Der Kommentar ist eine kritische Meinung des Lesers zum Fall, zum Bericht oder auch mal zum Berichterstatter. Ich muss leider in jüngster Zeit die pauschale " verstößt gegen die Regeln" als Ablehnung finden. Welche das sein sollen, steht im Empfinden der MP. Danach folgt die Ablehnung: "fehlende Quellenangabe". Jüngst berichtet die MP über die Aussage von Landrat Habermann im Rhöner Kreistag: "Inzwischen haben wir eine Alleinstellung in der Rhön, so Habermann zur Problemlage (Anm. der Wolfsrisse) . " Auf den Kommentareinwand, dass in Sachsen ein Vielfaches unter Angabe von konkreten Zahlen an Wolfsproblemen gibt, wird der Kommentar nicht gebracht, weil die Quellenangabe fehlt. Einfach googeln oder das Hirn einschalten hätte genügt. Die Quelle wurde nachgereicht. Das die Aussage des Landrats falsch ist, ist egal !!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten